Fall Anna: Im Jugendamt Unterlagen vernichtet

Königswinter · Dramatische Wende in der Beurteilung der Rolle des Königswinterer Jugendamtes im Fall Anna? Demnach weiß Bürgermeister Peter Wirtz offenbar schon lange, dass im Fall Anna in seiner Verwaltung nicht alles mit rechten Dingen zuging - zumindest nach dem gewaltsamen Tod des Pflegekindes.

 Wurden im Jugendamt von Königswinter Akten zum Fall Anna vernichtet?

Wurden im Jugendamt von Königswinter Akten zum Fall Anna vernichtet?

Foto: Handt/Homann

Aus einem Schreiben der für Anna zuständigen Mitarbeiterin des Jugendamtes an Wirtz und Rechtsrat Holger Jung geht hervor, dass nach Bekanntwerden der staatsanwaltlichen Ermittlungen im Amt Unterlagen vernichtet wurden.

Schriftlich erklärt die Mitarbeiterin, ihr Chef, Jugendamtsleiter Klaus Plate, habe ihr die Verfahrensakte Anna mit dem Auftrag gegeben, diese durchzugehen. "Die Formulierung 'Durchgehen' bedeutet jugendamtsintern und damit auch für mich den Arbeitsauftrag, die Vermerke so zu formulieren, dass so wenig wie möglich persönliche Aussagen und Situationsdarstellungen der Beteiligten darin enthalten sind", schreibt sie.

Kommentar Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Handfester Skandal"Weiterhin erklärt die Frau, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt: "Aus diesem Verständnis heraus habe ich der Verfahrensakte dann am Samstag folgende lange Vermerke entnommen und durch zusammenfassende Vermerke ersetzt." In dem Schreiben listet sie dann die Vermerke auf. Und erklärt: "In dieser insgesamt sehr belastenden Situation habe ich die Äußerungen von Herrn Plate so verstanden, dass die Akte ausgedünnt werden soll." Wie dies geschehen sollte, habe er ihr überlassen.

Danach habe sie sich von ihrem Chef mit dem gesamten Problem alleingelassen gefühlt und habe schließlich "aufgrund des von mir gespürten Drucks in einer Kurzschlusshandlung bedauerlicherweise folgende Unterlagen vernichtet". Sechs Vermerke habe sie vernichtet, erklärte sie, darunter monatliche Gespräche mit Anna, deren leiblicher Mutter und der Pflegemutter.

Der Brief der Mitarbeiterin an Wirtz und Jung endet: "Mir ist bewusst, dass ich mit dem Vernichten der Vermerke einen großen Fehler begangen habe, den ich mit dieser ergänzenden Aussage offenlegen und so zur Sachverhaltsaufklärung beitragen will." Wirtz erklärte eine Woche nach Annas Tod, das Jugendamt habe sich nichts vorzuwerfen.

Inzwischen dürfte daran schwerlich festzuhalten sein. Gilt das auch für seine jüngste Erklärung, die Mitarbeiter des Jugendamts gingen stets zu zweit auf Hausbesuche? Das schilderte der Pflegevater nämlich im Prozess anders.

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