Der Fall Anna "Annas Körper war übersät mit Hämatomen"

BONN/SIEBENGEBIRGE · Eine gefühlte, quälende Ewigkeit verliest Professor Burkhard Madea, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Uni Bonn, die Ergebnisse der Obduktion der neunjährigen Anna.

Sie war im Juli 2010 nach monatelangen Misshandlungen von ihrer Bad Honnefer Pflegemutter in der Badewanne ertränkt worden. Die angeklagte Mitarbeiterin des Königswinterer Jugendamtes lässt dabei nach außen keine Regung erkennen. Die Staatsanwaltschaft wirft der 46-Jährigen unter anderem fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen vor.

Der 1. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts kommt es dabei nicht auf das eigentliche Tötungsdelikt an, sondern mehr auf die anderen Verletzungen, die Anna aufwies. "Ihr Körper war übersät mit einer Vielzahl von Hämatomen verschiedenen Alters", so der Gerichtsmediziner. Die Beine, der Oberkörper, der Rücken, das Gesicht.

Man habe Schürfwunden festgestellt, Verletzungen durch Schläge, solche, die an Armen entstehen, wenn zu fest zugegriffen wird. Hämatome, die entstehen, wenn jemand auf einen harten Untergrund gedrückt wird. Narben, die von Stichverletzungen mit einem kleinen, spitzen Gegenstand wie einer Stricknadel stammen können.

Verletzungen an Stellen, die sich das Kind unmöglich selbst zugefügt haben kann. Und auch als Folge eines einzigen Sturzes können sie aus Sicht des Mediziners nicht entstanden sein. "Sie können nur auf die rechte oder die linke Gesichtshälfte fallen, nicht auf beide." Einige Verletzungen seien ganz frisch gewesen, andere müssen vor der Tat gelegen haben. Wie weit davor, kann der Gerichtsmediziner nicht beantworten. Mindestens aber einen Tag.

Die Narben ließen auf Verletzungen schließen, die mindestens 18 Tage zurückliegen mussten. Wann sie entstanden sind? Das kann er nicht sagen. Anschließend verliest die Kammer in Auszügen das Urteil des Bonner Schwurgerichts. Dieses hatte Annas Pflegemutter 2011 zu lebenslanger und ihren Mann zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Letzterer soll an einem der nächsten Prozesstage gehört werden.

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