Energiewende in der Region Hausbesuch in einem Sanierungsobjekt in Plittersdorf

BONN · Die Fassade ist bis zur Dachspitze von einem Gerüst eingezäunt. In diversen Fenstern kleben grüne Folien. Aber wer Bonner ist und altbauverliebt, der braucht keine Fantasie, um den Schatz hinterm Gerüst zu erahnen. Zwei Stuckbordüren laufen über die Fassade, ein Fenster ist prominent von feinem Fachwerk umrahmt, der Giebel schwingt sich in eine zierliche Form, wie sie damals Mode war - zu einer Zeit, als der Formen- und Dekorationsreichtum beim Bauen noch mit Sinn für Schnörkel ausgereizt wurde.

Es gibt viel zu tun - und viele Ideen: Petra Berner vor ihrem Altbau, der Platz für drei Generationen bietet.

Es gibt viel zu tun - und viele Ideen: Petra Berner vor ihrem Altbau, der Platz für drei Generationen bietet.

Die Zeit liegt in diesem Fall genau 110 Jahre zurück: 1902 wurde das Haus in der Hohenzollern-straße in Bonn-Plittersdorf gebaut. 2012 wird es für die Zukunft hergerichtet. Und die trägt den Namen "Energiewende".

Für Petra Berner und ihren Mann Jörg Eickhoff ist das Thema nicht neu: "Wir haben auch schon die Eigentumswohnung, in der wir die vergangenen Jahre verbracht haben, nach energetischen Gesichtspunkten saniert."

Energetisch: Der Duden übersetzt das Wort mit "die Energie betreffend". Bei Familie Berner-Eickhoff bedeutete das in der Wohnung konkret zum Beispiel, die Wände mit umweltschonenden Materialien so zu dämmen, dass aus dem Innern keine teure Wärme verloren geht.

Im Altbau Jahrgang 1902 in der Hohenzollernstraße ist Dämmung erst recht ein Thema. "Uns war klar: Wenn wir demnächst 3,80 hohe Decken haben, dann müssen wir was tun", sagt Berner. Ein eingetragenes Baudenkmal von 300 Quadratmetern durch die Energiewende zu bringen, ist nicht eben ein leichtes Unterfangen. So manche denkbare Maßnahme lässt der Denkmalschutz nicht zu. "In unserem Fall", sagt Frau Berner, "hätten wir auf dem Dach die Möglichkeit gehabt, mit Solarzellen zu arbeiten. Wir haben uns aber dagegen entschieden, weil eine zulässige Anlage in unserem Fall nur für Warmwasser ausgereicht hätte."

Statt dessen zieht die Energiewende nun im Keller ein: Dort wird ein Micro-Blockheizkraftwerk (BHKW) eingebaut, das die Familie mittel- bis langfristig in die Lage versetzt, allen benötigten Strom - zum Heizen ebenso wie für die Warmwasserzubereitung - selbst zu produzieren.

Für den Bonner Architekten und Energieexeperten Rainer Grotegut ist ein BHKW die perfekte energetische Maßnahme: "Es lässt sich ohne weiteres mit dem Denkmalschutz verbinden. Und bereits nach achteinhalb Jahren hat sich das BHKW amortisiert."

Das BHKW liefert eine elektrische Leistung von einer Kilowattstunde (kWh) und eine thermische Leistung - also Wärme - von 2,5 kW. Der überschüssige, nicht verbrauchte Strom wird ins allgemeine Stromnetz gespeist - und mit 5,4 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Bei staatlichen Zuschüssen (siehe Experten-Text unten) minimieren sich die 16.000 Euro Investitionskosten für das BHKW somit auf 10.000 Euro.

Ohne herkömmliche Heizung kommen Berner und Eickhoff nicht aus. "Aber trotz der im Winter noch dazu kommenden Gas-Heizung und anderer Kosten inklusive Wartung kommt man auf jährliche Einsparungen von bis zu 1300 Euro", so Grotegut. Und die Großfamilie - nebst zwei Kindern und den Großeltern, für die eine Wohnung im Souterrain vorgesehen ist - muss bei steigenden Strompreisen im Jahrhundertwende-Haus nicht frieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort