GA-Volontär Moritz Rosenkranz unterwegs Als Tourist auf dem Drachenfels

KÖNIGSWINTER · Die alte Dame quietscht und ächzt unter ihrem Gewicht, schleppt sich äußerst mühsam den Berg hinauf. Hat ja auch schon fast 60 Jahre auf dem Buckel. Dabei hat sie heute gar nicht so schwer zu tragen. Ein (Zahn-)Rädchen greift ins andere, um die gerade einmal sechs Passagiere an diesem sonnigen Märztag in zwei Etappen von der Talstation aus über die Haltestelle Drachenburg hinauf aufs Drachenfels-Plateau zu hieven.

1955 wurden die Wagen, die derzeit bei der Drachenfelsbahn in Betrieb sind, gebaut. Als Wahl-Kölner ist man natürlich Moderneres gewohnt. Aber im Gegensatz zur KVB kommt die Drachenfelsbahn wenigstens pünktlich. Etwas schummrig wird einem zunächst jedoch schon. Ein Transportmittel so unmittelbar bei der harten Arbeit zu erleben, ist ungewohnt. Doch dann fällt der Blick schnell auf das Schild mit der Aufschrift "Überholt 1999" und den moosgrünen "Kraftwagen-Verbandskasten A" - na dann kann ja gar nichts schiefgehen.

Doch nicht nur der Verbandskasten verströmt den warmen Charme vergangener Tage: Angekommen an der Mittelstation, ragt das imposant skurrile Schloss Drachenburg empor. Heute erbaut, würde man zu solch einem Objekt wohl Retortenschlösschen sagen. Im 19. Jahrhundert war es scheinbar okay, so etwas noch zu errichten, Historismus ist das Stichwort. Aber damals brauchte man auch eher noch Parks, um darin Lustwandeln zu können.

Später sollen sich nicht weniger exzentrische Eigentümer statt zu Fuß lieber per goldenem Rolls-Royce fortbewegt haben. Passt irgendwie auch zum Ambiente. Wahnsinn jedenfalls, dass man als fast 30-Jähriger noch nie etwas von diesem Bauwerk gehört hatte, obwohl man nur rund 50 Kilometer entfernt im Oberbergischen aufgewachsen ist. Andererseits: Kennen Sie eigentlich Schloss Homburg bei Nümbrecht? Das ist zwar etwas weniger opulent, aber dafür haben dort immerhin noch echte Ritter gewirkt. Ohne Park, ohne Rolls-Royce.

Die Bahnetappe hoch zum Drachenfels jedenfalls ist dann die schönste (der beiden). Oben angekommen, landet der interessierte Tourist allerdings erst einmal in einer Baustelle. Noch zumindest. Ansonsten wirkt das, was schon fertig ist, zwar sehr stimmig, derzeit aber noch etwas verschnarcht.

[kein Linktext vorhanden]Ähnlich wie der Retortendrache, den man für einen Euro zum Sprechen bringen kann. Wem's gefällt. Ich würde mein Geld eher im nun täglich geöffneten Restaurant lassen. Das ist nach der Renovierung absolut gelungen. Stilvoll, fast schon edel ist die Anmutung, umwerfend der Blick aus dem Glaskubus auf den Rhein und das Siebengebirge. Nur noch getoppt wird das Ganze durch das Panorama vom Plateau aus: Das ist schlichtweg hinreißend, da es fast einen Rundumblick bietet, inklusive der Burgruine und Bonn im Norden.

Lediglich die Ruhestörung durch die gleich unterhalb gelegene B42 hemmt das Vergnügen etwas. Andererseits: besser als das Gequatsche und Geknipse von lärmenden Touristen, die hier sicherlich bald in Scharen zusammenrotten werden. Einer von ihnen werde ich sein. Garantiert.

Die nächste Tour führt den Volontär in Klosterlandschaft Heisterbach.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort