Prozess vor der Zivilkammer Bonn Zwei-Millionen-Klage gegen die Stadt Troisdorf

Bonn/Troisdorf · Handwerker stürzte vor vier Jahren acht Meter durch eine offenes Betonloch auf der Baustelle der neuen Stadthalle. Jetzt fordert der 46-Jährige Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.

Es war morgens um acht Uhr, als Aufzugsbauer Markus P. (Name geändert) und sein Mitarbeiter ein Stahlkabel auf der ersten Etage im Rohbau der neuen Stadthalle an der Kölner Straße ausrollten. Dabei hatte jeder der beiden Männer ein Ende des Kabels, das später für den Einbau des Aufzugs verwendet werden sollte, in der Hand. Markus P., damals 42 Jahre alt, ging dabei rückwärts um eine Ecke des Rohbaus und verschwand aus der Sicht seines Kollegen. Als sein Chef jedoch nicht zurückkehrte, machte sein Mitarbeiter eine furchtbare Entdeckung: Markus P. war durch ein offen liegendes kreisrundes Loch gestürzt und acht Meter tief auf Beton aufgeschlagen. Der Aufzugsbauer atmete noch, war aber schwer verletzt und bewusstlos. Neben dem Betonloch lag eine schwere Holzplatte, die wohl als Abdeckung dienen sollte.

Vier Jahre nach dem Unfall am 6. September 2013 hat Markus P. , Inhaber einer Aufzugsfirma, die Stadt Troisdorf sowie weitere acht Verantwortliche auf knapp zwei Millionen Euro Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verklagt. An dem Betonloch habe es keine Absperrung noch Warnhinweise gegeben, lautet der Vorwurf des Handwerkers, der sich nicht erinnern kann, ob er damals vorwärts oder rückwärts abgestürzt ist. Die Baustelle der neuen Stadthalle, erinnerte er sich jedoch später, habe damals „einen aufgeräumten und sicheren Eindruck“ gemacht. Bis heute leidet Markus P., Vater eines Sohnes, an den Folgen des Sturzes. Er hat starke Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, eine 60-prozentige Behinderung ist anerkannt. Damals wurde bei dem 42-Jährigen ein Polytrauma diagnostiziert, viele Knochen waren gebrochen, innere Organe gequetscht. Knapp drei Wochen lag er auf der Intensivstation im Koma.

Die Stadt Troisdorf, aber auch Generalplaner, Bauleiter oder auch Sicherheitsingenieur beteuern, dass bei den regelmäßigen Sicherheits-Begehungen der Baustelle das Betonloch durch eine schwere Holzplatte abgedeckt gewesen war. Sie sei sogar durch Bohrung und Nageldübel verschraubt gewesen, so der Bauleiter der Rohbaufirma. Die 20 Kilogramm schwere Holzplatte könne nicht verrutscht sein, nur eine willentliche Abdeckung komme in Betracht. Davon geht auch die Bonner Staatsanwaltschaft aus. Aber wer das gewesen sein könnte, konnte bisher nicht ermittelt werden. Ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung musste eingestellt werden. Da die Parteien sich bei einem ersten Gütetermin nicht auf einen Vergleichsvorschlags einigen konnten, will die 1. Zivilkammer jetzt aufklären, ob es einen Verantwortlichen gibt.

Aktenzeichen: LG Bonn 1 O 395/16

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