Geschichten zur Weihnacht im Rhein-Sieg-Kreis Vom Engel geweckt

Rhein-Sieg-Kreis · Vier Persönlichkeiten aus der Region blicken auf schöne oder auch kuriose Weihnachtserlebnisse zurück. Sie reichen vom lustigen Versprecher beim Weihnachtsgedicht bis zum kuriosen Weihnachtsbaumklau.

 Die Siegburger Schauspielerin Julia Torres.

Die Siegburger Schauspielerin Julia Torres.

Foto: Paul Kieras

Weihnachten ist nicht nur das Fest der Liebe und Besinnlichkeit, sondern auch eine Garantie für schöne Geschichten. Wir haben vier Persönlichkeiten aus der Region nach besonderen Weihnachtserlebnissen gefragt. Sie reichen vom lustigen Versprecher beim Weihnachtsgedicht bis zum kuriosen Weihnachtsbaumklau.

In unserer Schauspieler- und Musikerfamilie ist es natürlich klar, dass jeder am Heiligabend etwas aufführt, einen musikalischen Beitrag oder einen Text beisteuert. Tochter Karla hält sich allerdings lieber zurück. Mein Mann Nito und mein Vater spielen immer Gitarre. Zu den Beiträgen unserer drei anderen Mädchen gehört traditionell auch das Gedicht „Der Pfefferkuchenmann“, das ich selbst schon als Kind bei meinen Eltern aufsagte. Johanna war an der Reihe. Weil sie während dieser Zeit aber gerade das „Vaterunser“ in der Schule gelernt hatte, fragte sie, ob sie nicht lieber das Gebet sprechen dürfe. Statt: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“, sagte sie dann: „wie auch wir vergeben unsere Schulden gern.“ Wir haben vor Lachen fast unter dem Baum gelegen.

Julia Torres, Schauspielerin aus Siegburg

Als Kind hat man im Spiel seine eigene Zeit – die Welt der Erwachsenen verschwindet. Ich war acht, meine Geschwister neun und fünf. Wir hatten am Weihnachtsabend begeistert mit den Geschenken gespielt, als uns die Eltern um halb zehn zu Bett schickten. Herausgerissen aus dem Spiel gingen wir ungern. Am Morgen, noch dunkel, weckte uns meine Schwester. Aufstehen! Gewaschen, angezogen, die Betten aufgeschüttelt, das Zimmer gelüftet ging es zu den Geschenken ins Wohnzimmer. Meine Schwester kämmte ihre Barbie, mein Bruder raste im Go-Kart herum, ich schraubte am Baukasten. Wunderbar! Plötzlich stand der Vater da. „Was ist hier los? Es ist mitten in der Nacht! Geht ihr wohl wieder ins Bett!“ Er zeigte seine Uhr: halb drei. Lange hat es mich beschäftigt, wie wir aus der Zeit der Erwachsenen hatten fallen können. Vielleicht hatte uns ein Engel geweckt, der einfach in meine Schwester geschlüpft war.

Hartmut Ihne, Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

Nach meiner Scheidung und einem Umzug lernte ich im neuen Haus ein entzückendes Pärchen kennen, das eine Weinhandlung betrieb. Genau der richtige Ort, um Ärger und Verdruss mit leckersten Tropfen herunterzuspülen. Die Nachbarin sagte schon damals zu mir, dass sie eine Frau kenne, die perfekt zu mir passen würde. Im gleichen Atemzug ergänzt sie jedoch, ich sei noch nicht so weit, um sie kennenzulernen. Aber sie zeigte mir das Haus der geheimnisvollen Frau, nur 100 Meter neben meiner Wohnung. Eine Information, die mich jedoch auch nicht weiterbrachte – schließlich wollte ich dort nicht einfach klingeln. Stattdessen meldete ich mich im Fitness-Studio an. In einem Kurs fiel mir eine nicht nur optisch besonders ansprechende Frau auf, und Monate später, bei einer gemeinsamen Fahrt zum Bonner Weihnachtsmarkt, wechselte ich die ersten Worte mit ihr. Ich begleitete sie nach einigen Glühwein nach Hause und stellte fest, dass sie dieselbe Bushaltestelle nutzte. Als sie mir schließlich ihr Haus zeigte, wurde mir klar: Es war genau die von meiner Nachbarin prophezeite Frau! Und ja: Wir passen perfekt zusammen und das nicht nur zur Weihnachtszeit.

Christoph Brüske, Kabarettist und Moderator aus Niederkassel-Rheidt

Es war zwei Tage vor den Weihnachtsferien, als sich, wie so oft, eine Rauferei zwischen den Schülern Josef und Erich anbahnte. Ich war damals Lehrerin und unterrichtete an einer Sonderschule für Lernbehinderte im Kölner Severinsviertel. Disziplin war ein Fremdwort und der Unterschied zwischen „mein“ und „dein“ nicht von Bedeutung. Der Streit drehte sich um einen Radiergummi, den Josef Erich weggenommen hatte. Meine Ermahnung an Josef: „Du kannst doch nicht einfach nehmen, was dir nicht gehört“, half da nichts. „Wat, dat kann ich nit? Jajoh dat, dem singe Vatter fährt och op mingem Fahrrad“, war Josefs Antwort.

Am nächsten Morgen kamen beide fröhlich vereint um die Ecke und schleppten einen zwei Meter hohen Tannenbaum auf den Schulhof. „Habt ihr den etwa...?“, fragte ich und erntete nur ein breites Grinsen. „Hat der Verkäufer nichts bemerkt?“, wollte ich wissen. „Nä, überhaupt nix“, freute sich Erich. Da Vorschläge mit erhobenem Zeigefinger müßig waren, sagte ich: „Fottnemme, dat der Verkäufer nix metkrich, dat es jo einfach, ävver hinbringe esu, dat der nix merkt, dat schafft ihr net“. Daraufhin verschwanden beide. Kurz nach Unterrichtsbeginn flog plötzlich die Klassentür auf, Erich und Josef standen im Türrahmen und johlten, dass sie den Baum zurückgebracht hätten und der Verkäufer nichts bemerkt habe.

Beatrix Wittschell, Künstlerin aus Hennef

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