Schulen in Siegburg Viele packen es nicht am Gymnasium

Siegburg · Gesamt- und Realschule am Neuenhof nehmen regelmäßig unfreiwillige Wechsler auf. Das bringt beide Schulen ans Limit.

 Das Schulzentrum Neuenhof beherbergt die Gesamtschule, die Realschule und die Hauptschule, die 2019 schließt.

Das Schulzentrum Neuenhof beherbergt die Gesamtschule, die Realschule und die Hauptschule, die 2019 schließt.

Foto: Holger Arndt

Inklusion, Beschulung von Flüchtlingskindern, gescheiterte Gymnasiasten: All das stellt das Schulzentrum Neuenhof vor Herausforderungen. Das wurde am Montag im Schulausschuss deutlich, wo die Schulleiter Jochen Schütz (Gesamtschule), Ellen Kaufmann (Realschule) und Anna-Maria Steinheuser (Hauptschule) über die Entwicklung berichteten. Ob die Siegburger Schullandschaft in ihrer jetzigen Form noch zukunftsfähig ist – diese Frage kam bei der Diskussion auf.

Den letzten großen Einschnitt gab es 2013, als die Gesamtschule an den Start ging. Sie sollte ursprünglich sechs Züge bekommen, Haupt- und Realschule sollten auslaufen. Doch die Bezirksregierung Köln genehmigte nur eine vierzügige Gesamtschule und bestand auf dem Erhalt einer verkleinerten Realschule, die seither in Jahrgang 5 zwei Eingangsklassen bildet und ausschließlich auf Montessori-Pädagogik setzt. Lediglich die Hauptschule läuft aus. Derzeit hat sie noch 240 Schüler in drei Jahrgängen und inzwischen sogar Gruppen, in denen Kinder alphabetisiert werden. Als Schwerpunkte der noch bis 2019 existierenden Hauptschule nannte Leiterin Steinheuser die Integration von Flüchtlingen, die Inklusion und die Vorbereitung auf das Berufsleben.

Ihr Kollege Schütz sagte, dass er sich drei Jahre nach der Gesamtschulgründung „pudelwohl“ fühle und die Zusammenarbeit mit der Verwaltung funktioniere. Die Gesamtschule (derzeit 336 in bislang drei Jahrgängen) sei gut ausgelastet, stoße aber rasch an Grenzen. Die Schulform ist so ausgerichtet, dass die Schülerschaft zu je einem Drittel aus potenziellen Hauptschülern, Realschülern und Gymnasiasten bestehen soll. Hinzu kommt die Inklusion: Es werden Schüler mit Förderbedarf aufgenommen. Als erzieherisch anspruchsvoll gelten besonders Kinder mit emotionalem oder sozialen Förderschwerpunkt – Schüler, die etwa psychisch labil sind oder ständig Unruhe verbreiten.

All das ist Schütz zufolge organisierbar, doch gibt es Unsicherheitsfaktoren: Das ist neben den hohen Rückfallquote von Gymnasien – Schüler, die es dort nicht gepackt haben – vor allem die Beschulung von Flüchtlingskindern, die früher oder später von den überall gebildeten Vorbereitungsklassen in den Regelunterricht wechseln. „Ich halte es für schwierig, diese gesellschaftspolitische Aufgabe allein der Gesamtschule aufzubürden“, so der Schulleiter.

Auch die Realschule (derzeit 640 Schüler) bewegt sich am Limit. Wegen der vielen zurückgestuften Gymnasiasten musste im Jahrgang sieben eigens eine Klasse gebildet werden, und auch für das nächste Schuljahr gibt es laut Schulleiterin Kaufmann bereits 16 Anfragen von Eltern. Sind die Gymnasien zu anspruchsvoll? Nein, lautet Kaufmanns Einschätzung: „Dort wird nicht offensiv abgeschult. Vielmehr erkennen die Eltern, dass ihre Kinder überfordert sind.“ Das bestätigte Schütz: Zu häufig setzten sich Eltern über die Empfehlungen der Grundschulen hinweg. Diese sind nicht mehr bindend. „Für viele Eltern muss es halt das Gymnasium sein, und die Gymnasien müssen die Kinder in Jahrgang 5 aufnehmen, wenn sie Platz haben.“ Das sei in Siegburg offensichtlich der Fall. Dementsprechend gab Schütz den Anstoß, über Veränderungen nachzudenken – heißt: die Aufnahmemöglichkeiten an beiden Gymnasien zu begrenzen und die Kapazität an Gesamt- und Realschule zu erhöhen. Kaufmann pflichtete bei: „Was das mittlere und untere Leistungsniveau betrifft, sind wir in Siegburg nicht gut aufgestellt.“

Über Veränderungen der Schulstruktur muss grundsätzlich der Rat entscheiden, auf Basis von Daten und in Abstimmung mit der Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde. Bisher, so der Beigeordnete Andreas Mast, seien Geburtenraten, Elternumfragen und das Anmeldeverhalten der Eltern wichtige Faktoren gewesen. „Vor allem durch die Flüchtlingssituation gibt es nun Unwägbarkeiten“, sagte Mast. „Wir wissen nicht, wer dauerhaft bei uns bleibt.“ Die Verwaltung sei bemüht, eine klare Planungsgrundlage zu schaffen. Erst dann könne über Zügigkeit von Schulen diskutiert werden.

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