Einsatz gegen säumige Steuerzahler Niederkassel droht Steuerschuldnern mit der Parkkralle

Rhein-Sieg-Kreis · Die Stadt Niederkassel droht notorischen Steuerschuldnern mit der Parkkralle: Die Wegfahrsperre am Auto soll säumige Bürger zwingen, ihre Steuern zu zahlen. Die Zahlungsmoral habe allgemein nachgelassen, so die Stadt.

Ein Kuckuck auf dem Auto – das dürfte eine Vorstellung sein, die für die meisten Autobesitzer einem Albtraum gleicht. In Niederkassel könnte sie jedoch Realität werden: Die Stadt droht jetzt notorisch säumigen Steuerzahlern damit, ihre Autos mittels einer Parkkralle festzusetzen. Wer trotz mehrfacher Mahnung seine Rechnung nicht bezahlt, kommt dann vorerst nicht mehr vom Fleck. Dann kleben ein Pfandsiegel und ein Hinweis der Stadtkasse auf dem Wagen. Erst wenn Steuern und Gebühren bei der Stadt beglichen sind, rollt das Auto wieder.

Diese Regelung gibt es in Niederkassel bereits seit vier Jahren, wurde aber erst jetzt von der Stadt offensiv kommuniziert – auch zur Abschreckung. „Wir sehen insgesamt eine nachlassende Zahlungsmoral“, sagt Stadtsprecher Pascal Henke. „Deshalb haben wir uns entschlossen, im Sinne der Prävention die Möglichkeit der Pfändung öffentlich zu machen.“ Jährlich müsse die Stadtverwaltung rund 2000 Vollstreckungsaufträge bearbeiten – alles Fälle, in denen Bürger ihre Steuern und Gebühren nicht bezahlt haben und auch auf Mahnungen nicht reagieren. Aus den aktuellen Niederkasseler Vollstreckungsverfahren stehen der öffentlichen Hand insgesamt 620 000 Euro zu.

Die Möglichkeiten, bei der Stadt in die Miesen zu kommen, sind vielfältig und reichen von den Grundbesitzabgaben über die Gewerbesteuer bis hin zu Elternbeiträgen für Kindertagesstätten oder die Verpflegungskosten der Kleinen dort. Aber auch bei Hundesteuer oder Rundfunkgebühren lässt die Zahlungsmoral zu wünschen übrig. Wie oft die Kralle schon eingesetzt worden ist – dazu gab es von der Stadt am Montag auf Anfrage keine Zahlen.

Wegfahrsperre nur mit Ansage

Henke weist aber darauf hin, dass die Stadt die Wegfahrsperre nicht ohne Ankündigung einsetzt. „Eine Pfändung machen wir nur mit Ansage“, so der Sprecher. In der Vergangenheit habe die Stadt die Erfahrung gemacht, dass schon allein die Ankündigung der Autopfändung ausreiche, um säumige Zahler zur Einsicht zu bewegen. Rechtlich sieht sich die Stadt auf der sicheren Seite: Sie verweist auf das Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Den entsprechenden Vollstreckungsauftrag kann die Stadtverwaltung an einen städtischen Mitarbeiter erteilen, der dann das Auto mit der Kralle sicherstellt und mit einem Pfändungssiegel beklebt. Ist das Auto mit einer Kralle gesichert und mit Pfändungssiegel versehen, wird es nach nur drei Tagen, sofern die Forderung bis dahin nicht beglichen ist, abgeschleppt und sichergestellt. Dann wird es für den Besitzer richtig teuer. Denn dadurch kommen Kosten von bis zu 600 Euro zu den zu zahlenden Steuern. Wird das Fahrzeug dann nicht ausgelöst, kann es laut Stadt versteigert werden.

„Das kann nur das äußerste Mittel sein“, sagt Stefan Raetz, Rheinbacher Bürgermeister und Sprecher der Bürgermeister im Rhein-Sieg-Kreis. Bis es so weit komme, müssten alle andere Maßnahmen ausgeschöpft sein: Mahnung, Zinsen, gegebenenfalls eine Stundung in Härtefällen, aber auch Pfändungen beim Steuerschuldner zu Hause. „In Rheinbach sind wir damit immer durchgekommen. Würde all das nicht fruchten, müsste man tatsächlich daran denken, das Auto eines Steuerschuldners sozusagen in Geiselhaft zu nehmen“, sagt Raetz. Das dürfte Wirkung zeigen, schließlich sei das Auto „des Deutschen liebstes Kind“.

Zahlungsmoral weckt den Erfindergeist

Andere Städte, andere Methoden: Die Kreisstadt Siegburg setzt im Extremfall keine Parkkralle ein, sondern sogenannte Ventilwächter. „Das ist eine Vorrichtung am Autoreifenventil, auf die der Autofahrer durch einen sienafarbenen Zettel hingewiesen wird“, erklärt Sprecher Jan Gerull. Fahre dann jemand los, verliere der Reifen Luft. Und zugleich hätte der Fahrer das Siegel am Auto durchbrochen – ein Straftatbestand.

„Dieses Instrument gibt es seit Jahrzehnten, es kommt bei uns jedoch nur relativ selten zum Einsatz, weil andere Arten, etwa die Kontopfändung, häufig zielführender und für die Verwaltung weniger arbeitsintensiv sind“, erklärt Gerull. In diesem Jahr habe die Stadt nur zwei „Ventilwächterfälle“ registriert.

Solch drastische Methoden sind auch anderen Kommunen nicht fremd: Hennef hat die Kralle, nutzt sie laut Sprecher Dominique Müller-Grote aber nur ein- bis zweimal im Jahr. Die Stadt Sankt Augustin prüft derzeit die Einführung. Dabei gehe es auch um die Frage von Kosten und Nutzen, so Sprecherin Claudia Oberdörfer.

Dass die Zahlungsmoral allgemein nachlasse, bestätigt Markus Berkenkopf, Referent beim Bund der Steuerzahler: „Das scheint querbeet in den Kommunen ein Trend zu sein.“ Seien die Außenstände in einem Haushalt zu hoch, empfehle der Bund der Steuerzahler, das Forderungsmanagement zu optimieren. Dazu könne auch die Pfändung von Fahrzeugen zählen, so Berkenkopf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort