Ordnungsämter und Polizei Städte im Rhein-Sieg-Kreis rüsten auf

Rhein-Sieg-Kreis · Die von der Kreispolizei gewollte Aufgabenverlagerung ist im Gange. Die Kommunen sollen sie bei ordnungsrechtlichen Angelegenheiten entlasten. Das ist weiterhin umstritten.

 Im Außendienst: In Siegburg zeigt das Ordnungsamt bereits Präsenz. Andere Kommunen ziehen nach. ARCHIVFOTO: KIERAS

Im Außendienst: In Siegburg zeigt das Ordnungsamt bereits Präsenz. Andere Kommunen ziehen nach. ARCHIVFOTO: KIERAS

Foto: Paul Kieras

Um die neue Aufgabenverteilung zwischen Ordnungsämtern und Kreispolizeibehörde Siegburg wird weiter gerungen. Zwar stellen einige Kommunen Mitarbeiter für ihre Ordnungsämter ein, um die Polizei bei ordnungsrechtlichen Angelegenheiten zu entlasten. Doch gibt es weiter Vorbehalte gegen die Neuregelung, die Landrat Sebastian Schuster als Chef der Kreispolizei forciert hatte. Zum 1. Mai soll die erste Stufe in Kraft treten: Die Kommunen sollen in ihren Ordnungsämtern Spätdienste einsetzen, die montags bis freitags von 16 bis 22 Uhr erreichbar sind.

Wie berichtet, will sich die Kreispolizeibehörde – sie deckt das rechtsrheinische Kreisgebiet ohne Bad Honnef und Königswinter ab – verstärkt auf Kernaufgaben konzentrieren, von Einbruchskriminalität bis Terrorbekämpfung. Daher drängt sie darauf, dass die Kommunen an den ordnungsrechtlichen Fällen stärker beteiligt werden. Diese liegen formal ohnehin in der Zuständigkeit der Ordnungsbehörden. Darunter fallen Fundtiere, Verkehrsbehinderung, Gefahrenstellen, hilflose Personen, vor allem aber Ruhestörungen. Bislang wird das so gehandhabt: Ist das Ordnungsamt nicht oder nicht direkt in der Lage, diese Fälle zu bearbeiten (etwa nach Feierabend oder an Wochenenden), rückt der Streifenwagen aus. 2016 gab es laut Kreispolizei 6000 bis 8000 Einsätze, die unter das Ordnungsrecht fallen.

Kommunen wünschen sich längere Übergangszeit

Die Kommunen sehen die Neuorganisation kritisch, weil ihnen das nötige Personal und die Mittel fehlen und die Mitarbeiter keine polizeiliche Ausbildung besitzen. Auch wünschen sie sich eine längere Übergangszeit. „Das ist inzwischen ein Dauerthema in den Dienstbesprechungen mit dem Landrat, aber auch in den Kollegenkonferenzen“, so Stefan Raetz, Sprecher der Bürgermeister. Er warnt davor, die Kommunen zu überfordern. Gleichwohl gibt es positive Signale: Nach der jüngsten Sitzung von Polizei und Ordnungsbehörden vergangene Woche war in Teilnehmerkreisen von einem „harmonischen Miteinander“ die Rede, ja sogar von möglichen Zugeständnissen der Polizei. Bislang galten die Fronten als verhärtet. Auch hatte Schusters Initiative für die Neuorganisation 2016 für mächtig Krach gesorgt.

„Wir kennen natürlich die Situation der Kommunen“, so Polizei-Sprecher Stefan Birk auf Anfrage. „Wir sehen das Ganze als Prozess, und der kann nur Schritt für Schritt vorangehen.“ Die Polizei sei durchaus zu Kompromissen bereit. Allerdings ließ Birk keinen Zweifel daran, dass der von Kommunen und Polizei vereinbarte Stufenplan umgesetzt werden soll.

Rufbereitschaft von 16 bis 22 Uhr

Die Polizei sicherte im Dezember zu, bis Ende 2017 Ordnungsämter außerhalb ihrer Dienstzeit nicht zu alarmieren. Dieses Jahr soll für die „Erprobung und Erarbeitung neuer Abläufe“ genutzt werden. Erster Schritt ist ab 1. Mai die Rufbereitschaft der Ordnungsämter montags bis freitags von 16 bis 22 Uhr. 2018 soll ein Konzept mit „gemeinschaftlich getragenen Lösungen“ vorliegen, das die Kommunen weiter in die Pflicht nimmt. „Einige Kommunen bereiten sich jetzt schon auf die Übernahme der Aufgaben mit Personalverstärkung und Einsatz von Mitarbeitern rund um die Uhr vor“, sagt Raetz.

Zu den Städten, die aktiv geworden sind, gehört Sankt Augustin. Der Hauptausschuss hat jüngst beschlossen, zwei weitere Mitarbeiter im Ordnungsaußendienst einzustellen. Die drei vorhandenen Kräfte seien bereits in Vollzeit im Tagdienst beschäftigt und könnten den Spätdienst deshalb nicht übernehmen, so die Stadt. Die Verwaltung geht allerdings davon aus, dass die Amts- und Vollzugshilfe der Polizei dadurch nicht gänzlich entbehrlich sein wird. Und: Ziehe sich die Kreispolizei 2018 weiter zurück, müssten in Sankt Augustin weitere Stellen eingerichtet werden.

Hennef schafft gerade fünf Stellen im Ordnungsamt. „Bei uns läuft das Auswahlverfahren“, so Sprecherin Mira Steffan. Auch die Stadt Siegburg verstärkt ihren Ordnungsdienst – schon aus eigenem Interesse. In der zweiten Jahreshälfte stellt sie zwei weitere Mitarbeiter ein. „Das ist keine Reaktion auf die neue Aufgabenverteilung“, sagt Stadtsprecher Jan Gerull. In der Kreisstadt zeige der Ordnungsaußendienst schon länger verstärkt Präsenz. Momentan sind dort acht Vollzeit- und vier Teilzeitmitarbeiter sowie vier Politessen unterwegs. Dagegen tun sich ländliche, finanzschwache Gemeinden wie Eitorf schwer. „Es macht aus unserer Sicht keinen Sinn, die geübte Praxis infrage zu stellen“, so Ordnungsamtsleiter Hermann Neulen, der sich durch das Polizeigesetz NRW bestätigt sieht. Ein Problem seien vor allem Ruhestörungen: „Das sind teilweise robuste Einsätze, die eskalieren können. Es macht schon einen Unterschied, ob dort eine Verwaltungsmitarbeiterin an die Tür klopft oder ein Streifenwagen mit zwei bewaffneten Beamten vorfährt.“

Training für Verwaltungsmitarbeiter

Die Polizei will indes zur Stelle sein, wenn es bei solchen Einsätzen brenzlig wird. Sie bietet auch ein Training für Verwaltungsmitarbeiter an, ebenso Hospitationen: So nimmt die Polizei sie von Juni bis August mit, wenn an Wochenenden nächtliche Ruhestörungseinsätze anstehen. Die Verwaltungsleute sollen sich so ein Bild vom Vorgehen der Polizei machen.

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