Wachsende Probleme an den Siegburger Schulen Schulen fordern Sozialarbeiter

Rhein-Sieg-Kreis · Mobbing, zerrüttete Familien und Beziehungsprobleme rufen Lehrer immer öfter auf den Plan. Der Siegburger Schulausschuss beschließt eine Resolution ans Land NRW.

 Mit Mobbing wollen die Siegburger Schulen besser umgehen. Deshalb fordern sie sozialpädagogisches Fachpersonal

Mit Mobbing wollen die Siegburger Schulen besser umgehen. Deshalb fordern sie sozialpädagogisches Fachpersonal

Foto: dpa

Die Zeiten, in denen man Schulsozialarbeit vor allem mit Haupt- und Gesamtschulen in Verbindung brachte, sind vorbei. Heutzutage möchten alle Schulformen diesen Dienst in Anspruch nehmen, der als Schnittstelle zwischen Schülern, Lehrern, Eltern, Behörden und sozialen Einrichtungen fungiert. Das wurde am Montag im Siegburger Schulausschuss deutlich, wo Thomas Czaja, stellvertretender Leiter des Gymnasiums Siegburg Alleestraße (GSA), ein eindringliches Plädoyer für die dauerhafte Einrichtung der Schulsozialarbeit hielt. Der Ausschuss hielt das für nachvollziehbar. Er sah jedoch mehrheitlich das Land NRW in der Pflicht. Deshalb beschloss er auf Antrag von CDU und FDP eine Resolution, wonach die Landesregierung flächendeckend die Schulsozialarbeit installieren und finanzieren soll.

„Wir brauchen für unsere Schüler mehr denn je sozialpädagogische Fachkräfte“, sagte Czaja. Lehrer allein könnten die wachsenden Probleme nicht bewältigen. Es gehe um Heranwachsende, die inzwischen den Großteil ihrer Zeit im Sozialraum Schule verbringen. „Sie bringen alle ihre Erfahrungen und Probleme mit“, so der stellvertretende Schulleiter.

Viele Problemquellen

Und die seien vielschichtig: Konflikte im Elternhaus, zerrüttete Familien, Beziehungsprobleme, Mobbing, finanzielle Nöte, verschiedene kulturelle Hintergründe, Drogen, psychische Probleme und, und, und. Czaja nannte ein anonymisiertes Beispiel aus der Praxis: Weil er von seiner Freundin verlassen wurde, rächte sich ein Schüler, indem er intime Fotos von ihr in einem sozialen Netzwerk der Klasse zugänglich machte. Dann ging der Spießrutenlauf los: „Das Opfer wurde zur Täterin stigmatisiert und musste vom Unterricht freigestellt werden“, so Czaja. Er zeigte auf, wie durch einen Schulsozialarbeiter die Wiedereingliederung in den Unterricht gelingt und das Thema zugleich innerhalb Klasse und Elternschaft aufgearbeitet wird.

Unterstützt wurde er im Ausschuss von anderen Schulleitern: So zum Beispiel von Ellen Kaufmann (Realschule). Sie wies auch auf traumatisierte Flüchtlingskinder hin. „Vieles können wir gar nicht leisten.“ Sebastian Kaas (Anno-Gymnasium): „Die Probleme an den Schulen ähneln sich. Wir sind ein Spiegel der Gesellschaft.“

„Die Schulsozialarbeit müsse umfänglich und verlässlich vom Land geregelt werden“, sagte Alexander Behrmann (CDU). Eine entsprechende Resolution beschloss der Ausschuss bei Enthaltung der Grünen: Sie sehen auch den Bund in der Pflicht. Die SPD ließ anklingen, dass zur Not auch die Stadt „Geld in die Hand nehmen muss“, so Fraktionschef Frank Sauerzweig. Insgesamt mieden die Fraktionen aber ein parteipolitisches Schwarze-Peter-Spiel.

Es ist kompliziert

Die Regelung der Schulsozialarbeit in NRW ist ohnehin kompliziert genug: Das Land hat vor Jahren aus eigenem Personalbestand Schulsozialarbeit installiert. Siegburg profitierte davon mit einer Stelle, die heute der Gesamtschule zugute kommt. In einem Erlass von 2008 verpflichtet das Land Kommunen und Kreise jedoch, Gegenleistungen zu erbringen, wenn an ihren Schulen Schulsozialarbeit gewünscht ist – finanziell oder personell. So müssen die Schulen zum Beispiel Abstriche bei den Lehrerstellen machen. Das jedoch geht nur, wenn sie selbst genug Personal haben.

Der Bund förderte die Schulsozialarbeit vorübergehend über das Bildungs- und Teilhabepaket; dort wurden aber kaum Mittel abgerufen. Ende 2013 lief die Finanzierung aus. Das Land NRW übernahm danach die Finanzierung, zunächst bis Ende 2017.

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