Zukunftsatlas Rhein-Sieg-Kreis verliert 30 Plätze im Prognos-Ranking

Rhein-Sieg-Kreis · In der Bewertung aller deutschen Landkreise und kreisfreien Städte ist der Rhein-Sieg-Kreis auf Rang 161 abgesackt, steht in vielen Bereichen aber trotzdem gut da. Eine Erklärung.

In der Bewertung aller deutschen Landkreise und kreisfreien Städte ist der Rhein-Sieg-Kreis zwar um 30 Plätze auf Rang 161 abgerutscht, steht aber immer noch im oberen Mittelfeld. Nach dem sogenannten Zukunftsatlas, den das Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmen Prognos alle drei Jahre erstellt, schwächelt der Kreis insbesondere bei wichtigen Indikatoren im Bereich „Wettbewerb und Innovation“.

„Wir haben einen deutlichen Rückgang in der Gründungsintensität festgestellt“, sagt Tobias Koch, Prognos-Studienleiter in Stuttgart. Was zum Beispiel die Zahl angemeldeter Patente und die Höhe von Investitionen der Unternehmen im Kreis betrifft, stellt Prognos eine nachlassende Aktivität fest. Ähnlich schlecht sieht es Koch zufolge im Bereich von Forschung und Entwicklung der Unternehmen aus.

Der Regionalökonom bewertet das aktuelle Ranking für den Rhein-Sieg-Kreis aber nicht schlecht: „Das ist wie in der Bundesliga. Spielt ein Verein zweimal hintereinander unentschieden, kann der in der Tabelle auch abrutschen, es sagt aber nichts über die Qualität der Mannschaft aus.“

Rückgang im Bruttoinlandsprodukt

Bei den untersuchten 401 Landkreisen und Städten sei ein Absacken um 30 Plätze „nicht unüblich“. Immerhin ergebe sich die Bewertung aufgrund von 29 Indikatoren: „Die Bevölkerungsentwicklung ist immer noch positiv. Zudem wirkt sich der deutliche Auspendlereffekt auch auf das Ranking aus.“ Zum Vergleich: Im Rhein-Sieg-Kreis gibt es 40 Arbeitsplätze pro hundert Einwohner, in Bonn 76 pro hundert Einwohner. Deshalb schlägt auch der Rückgang im Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Bewertung besonders zu Buche. Hermann Tengler, Wirtschaftsförderer des Kreises, weiß um diesen Effekt: „Die Hälfte unserer erwerbstätigen Einwohner pendelt nach Bonn oder Köln und steigert dort das Bruttoinlandsprodukt.“

Laut Koch drücken erfolgreiche Konzerne und Dax-Unternehmen die Bewertung eines Standorts deutlich nach oben. „Es kann sich aber umgekehrt auch negativ äußern, wenn sich ein aktiennotiertes Unternehmen in Talfahrt befindet“, so Koch. Der Rhein-Sieg-Kreis ist stark vom Mittelstand geprägt, deshalb hat dieser „DAX-Effekt“ hier keine Auswirkungen. Laut Tengler sind Siegwerk und Reifenhäuser die größten Arbeitgeber. Ihre Innovationskraft schlägt positiv zu Buche.

Der Flächendruck in der Rheinschiene ist groß. Profiteur im Süden ist das benachbarte Rheinland-Pfalz. So hat sich der Kreis Ahrweiler laut Prognos vor allem aufgrund des Umzugs von Haribo von Bonn in die Grafschaft um 75 Plätze verbessert und steht aktuell auf Platz 141. Die Analysen und Bewertungen sollen den Regionen nicht nur Handlungsbedarfe aufzeigen. „Sie helfen Unternehmen bei der Standortentscheidung“, sagt Koch – und auch der Prognos AG, die die Ergebnisse für ihre Standort-, Regional- und Unternehmensberatung nutzt.

"Wir sind schön und erfolgreich"

Rhein-Sieg-Landrat Sebastian Schuster nimmt das Ergebnis gelassen auf: „Wir wissen, dass wir schön und erfolgreich sind.“ Laut Wirtschaftsförderer Tengler sehen die „harten Fakten“ im Kreis positiv aus, zum Beispiel im Bereich Bevölkerungsentwicklung und Arbeitsplätze (siehe Infotext). Er will die aktuellen Prognos-Zahlen zum Anlass für eine tiefere Analyse nehmen, die zeigen soll, wo noch Handlungsbedarf ist.

Beispiel demografischer Wandel: Im Teilrang Demografie ist der Kreis um 44 Plätze auf Platz 210 abgerutscht. Die Ursache liegt laut Tengler bereits in den 1970er und 80er Jahren, als es durch den Hauptstadtboom besonders viel Zuzug in der Region gab. Das führte dazu, dass heute die Altersgruppe der Menschen über 60 Jahren besonders stark vertreten ist. „Wir müssen etwas dafür tun, junge Menschen und junge Familien anzusiedeln. Die Demografie ist eine große Herausforderung, die auf uns zukommt“, weiß der Wirtschaftsförderer.

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