Afrikanische Schweinepest Rhein-Sieg-Kreis bereitet sich auf Tierseuchen vor

Rhein-Sieg-Kreis · Sperrgebiet ist die Region Bonn/Rhein-Sieg bereits wegen aufgetauchter Fälle von Blauzungenkrankheit in Rheinland-Pfalz. Der Kreis ist wegen der vielen Transitautobahnen besonders anfällig dafür, dass sich Erreger der Afrikanische Schweinepest ausbreiten.

Der Rhein-Sieg-Kreis bereitet sich auf mögliche Tierseuchen vor. Landwirte müssen zurzeit besonders auf Anzeichen der Blauzungenkrankheit bei ihren Kühen und Schafen achten. Denn der sogenannte BTV-8-Erreger der Blauzungenkrankheit ist bei Kälbern zunächst in Baden-Württemberg und mittlerweile auch in Rheinland-Pfalz nachgewiesen worden.

Der Rhein-Sieg-Kreis ist deshalb ebenfalls in der Restriktionszone, teilt das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Kreises mit. Das Sperrgebiet umfasse in solchen Fällen nämlich einen Radius von mindestens 150 Kilometern, heißt es in einer Mitteilung an den Kreisausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Landwirtschaft, der an diesem Donnerstag ab 16 Uhr im Kreishaus in Siegburg tagt.

Die Größe der Restriktionszone ist deshalb so groß gewählt, weil die Krankheit über Stechmücken verbreitet wird, die über Windbewegungen schnell bis zu 200 Kilometer weit verbreitet werden. In diesen Restriktionszonen gilt ein striktes Verbringungsverbot. Das heißt, es dürfen keine Wiederkäuer in andere EU-Mitgliedsstaaten transportiert werden.

Auch die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist noch nicht ausgestanden, heißt es. Das Virus gelangte etwa im Jahr 2007 aus Afrika nach Georgien und verbreitete sich weiter. Seit 2014 sind mehrere osteuropäische Staaten betroffen. Mit Ausbrüchen in Tschechien und 2018 auch in Ungarn und Bulgarien ist eine Ausbreitung Richtung Westen erkennbar. Mittlerweile hat die Tierseuche auch Westeuropa erreicht: In Belgien wurde Anfang September 2018 bei Wildschweinen ASP nachgewiesen.

Das Risiko des Ausbruchs der ASP bei Wildschweinen in Deutschland wird vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, als sehr hoch bewertet. „Die Schweinepest ist schon in Belgien und Luxemburg angekommen“, sagt der Leitende Forstdirektor des Forstamts Rhein-Sieg-Erft, Uwe Schölmerich. Eine Übertragung erfolgt dem FLI zufolge durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren (Sekrete, Blut, Sperma) und die Aufnahme von Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen, aber auch andere indirekte Übertragungswege wie etwa über Fahrzeuge, kontaminierte Ausrüstungsgegenstände, Jagdausrüstung, landwirtschaftlich genutzte Geräte und Maschinen sowie die Kleidung. Der Kontakt mit Blut ist der effizienteste Übertragungsweg.

Ein weggeworfenes Wurstbrot reicht schon aus

Die Verbreitung des Erregers erfolgt daher eher durch den Menschen, zum Beispiel über den internationalen Güterfernverkehr, wenn etwa mitgeführte Lebensmittel achtlos entsorgt werden oder durch illegale Vieh- oder Warentransporte. „Die Autobahnen und Raststätten müssten systematisch eingezäunt und gesäubert werden. Ein weggeworfenes Wurstbrot reicht schon aus, um den erreger zu verbreiten“, so Schölmerich. „Wenn die Schweinepest unsere Region erreicht, hat das fatale Folgen für die Viehwirtschaft.“ Und ein Ausbruch der Seuche kann nach Einschätzung des FLI jederzeit kommen.

Jäger wie Heinz Jüngst vom Hegering Siebengebirge sind daher aufgerufen, besonders auf verhaltensauffällige Tiere zu achten. „Wir sind aber grundsätzlich verpflichtet zu schauen, ob ein Wildschwein vor und nach dem Schuss gesund ist“, so Jüngst. Sollten sich beim Öffnen des Tieres Verdachtsmomente ergeben, würde das Kreisveterinäramt sofort benachrichtigt. Vor allem beim Fund von toten Tieren sei Vorsicht geboten, so der erfahrene Jäger.

Besonders gefährdet sind dem FLI zufolge Wildschweinvorkommen im Bereich der großen Transitautobahnen. Im Rhein-Sieg-Kreis sind dies die Bereiche rund um die A 3 im Siebengebirge sowie diejenigen entlang der A 61 im Linksrheinischen. Beide Autobahnen seien nicht oder nur unzureichend gegen Wildschweine abgezäunt, heißt es.

Hinzu komme in der Region ein erhöhtes Risiko durch saisonal eingesetzte Erntehelfer, die überwiegend aus osteuropäischen Ländern stammen, in denen es bereits zum Ausbruch der Seuche gekommen sei. Und schließlich beherberge der Rhein-Sieg-Kreis einen der höchsten Wildschweinbestände in ganz Nordrhein-Westfalen, was ebenfalls zur Erhöhung des Risikos beiträgt. So kam es im Kreisgebiet bereits vor einigen Jahren zum Ausbruch der Klassischen Schweinepest (KSP) bei Wildschweinen.

Bekämpfungsmaßnahmen sind schon vorgesehen

Die Jäger sind deshalb schon seit geraumer Zeit aufgefordert worden, die Bestände von Schwarzwild zu minimieren. Hegeringleiter Jüngst: „Je kleiner die Population, desto schwieriger wird die Verbreitung von Seuchen.“

Im Falle eines Ausbruchs der Seuche sind bereits verschiedene Bekämpfungsmaßnahmen vorgesehen. Auch Übungen seien bereits absolviert worden, sagte Schölmerich. So ist es zum Beispiel möglich, bestimmte Waldgebiete einzuzäunen. Außerdem muss der Wildschweinbestand innerhalb der betroffenen Kernzone stark bis komplett reduziert werden.

Auch Betretungsverbote gewisser Waldbereiche oder Ernteverbote für die Landwirte können je nach Seuchenlage angeordnet werden. Im gesamten Kreisgebiet werden vorsorglich sechs Wildsammelstellen eingerichtet. Zwei Sammelstellen gibt es bereits in Troisdorf und Neunkirchen-Seelscheid, vier neue Container müssen angeschafft werden. Die Aufstellung der neuen Container im Seuchenfall ist in Much, Eitorf, Rheinbach und Bad Honnef geplant. Zudem sollen zwei Kadaversammelstellen angeschafft werden: eine auf Bonner Stadtgebiet als linksrheinische Sammelstelle und eine in Hennef.

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