Mäzen aus Norddeutschland kauft Siegburger Statue Phrixos taucht nach mehr als 40 Jahren auf

SIEGBURG/MÖLLN · Der Phrixos ist wieder da. Mehr als 40 Jahre galt die Plastik des Bildhauers Karl-Heinz Goedtke, die das Eingangsportal des Siegburger Phrix-Werks zierte, als verschollen. Jetzt ist die zwei Meter hohe Figur überraschend wieder aufgetaucht – in der Eifel.

 Der 1951 aufgestellte Phrixos an seinem ursprünglichen Ort: Die zwei Meter hohe Figur stand am Eingangstor der Siegburger Phrix.

Der 1951 aufgestellte Phrixos an seinem ursprünglichen Ort: Die zwei Meter hohe Figur stand am Eingangstor der Siegburger Phrix.

Foto: Stadtarchiv Siegburg

Die Plastik wird allerdings nicht in die Kreisstadt zurückkehren, sondern im schleswig-holsteinischen Mölln zu sehen sein. Dort lebte Goedtke, wie auch sein größter Sammler: Kurt-Peter Gaedeke hat den bronzenen Phrixos erworben, einen Jüngling, der auf einem Widder reitet. In Mölln wird gerade nach einem passenden Standort gesucht.

Das Phrix-Werk, dessen Turm heute noch weithin sichtbar ist, war nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus der Rheinischen Zellwolle AG hervorgegangen. Der damalige Direktor Richard Eugen Dörr baute die Chemifaserfabrik auf und gründete zugleich die Möllner Textilwerke. Bei Goedtke gab er den Phrixos in Auftrag. Er war Freund und Förderer des Künstlers. Seine Arbeit für die Phrix wurde im Mai 1951 in Siegburg feierlich enthüllt.

Konzernchef Dörr wies damals nach einem Bericht der Siegburger Zeitung auf die Wurzel des Wortes „Phrix“ in Ovids „Metamorphosen“ hin, wo es „im Sinne von zartem Gekräusel mit seidiger Schmiegsamkeit“ gebraucht worden sei. „Die griechische Naturwissenschaft habe das Wort schließlich für jedes Aufgerautsein, besonders aber für das Sträuben der Haare des Widders gebraucht“, heißt es im Artikel weiter. In der Mythologie wird Phrixos von einem fliegenden Widder gerettet, den er daraufhin opfert und dessen Fell als das „Goldene Vlies“ in die Sagengeschichte einging.

Plastik galt lange als verschollen

Nach Schließung der Phrix-Werke 1971 verliert sich die Spur des Phrixos. Heino Dörr aus Mölln, Sohn des Phrix-Direktors, meldete sich Anfang 2015 beim GA: Er hatte sich auf die Suche nach dem bronzenen Jüngling begeben. „Wir feierten damals den 100. Geburtstag von Karl-Heinz Goedtke, und kein Mensch wusste, wo diese Figur geblieben ist“, sagt der 76-Jährige. Der GA startete Leseraufrufe. Dabei meldete sich der Bad Honnefer Harald Kandler, Sohn des letzten Phrix-Direktors: Er hatte eine etwa 65 Zentimeter große Replik des Phrixos im Garten stehen, die sein Vater einst vom Unternehmen erhalten hatte. Kandler berichtete aber schon 2015, dass er vor Jahren in der Eifel „zufällig im Vorbeifahren“ die gleiche Statue in einem Garten gesehen habe. Alles Weitere blieb unklar.

Es war offensichtlich das Original. Wie es dort hinkam? Heino Dörr: „Das Unternehmen, das nach der Schließung von Phrix mit Abrissarbeiten beauftragt war, kam aus der Eifel und durfte alles mitnehmen, was noch verwertbar war.“ So sei die Plastik im Garten des Abbruchunternehmers in der Eifel gelandet. Der Eigentümer suchte vor einigen Monaten Kontakt zur Goedtke-Stadt Mölln und stieß auf Michael Packheiser, den Leiter des dortigen Museums. „Als ich von der Größe und dem Motiv der Plastik hörte, war ich natürlich elektrisiert“, berichtet er.

Es handelte sich tatsächlich um den Phrixos. Packheiser verwies an den Möllner Unternehmer Gaedeke, der von Goedtke rund 100 Objekte besitzt. Der Mäzen hat dem 1995 verstorbenen Bildhauer sogar ein privates Museum gewidmet. Gaedeke kaufte den Phrixos, wie er auf GA-Anfrage bestätigte. Er will die Figur nun in Mölln aufstellen, am liebsten in Nähe des früheren Wohnorts von Goedtke. Den Siegburgern bleibt unterdessen ein anderes Werk des vielbeschäftigten Bildhauers: Am Rathaus steht eine Hänsel-und-Gretel-Figur, die eine Anspielung auf die Hänsel-und-Gretel-Oper des gebürtigen Siegburgers Engelbert Humperdinck ist. Die Stadt erhielt das Werk anlässlich ihrer 900-Jahrfeier 1964.

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