Verkaufsoffene Sonntage im Rhein-Sieg-Kreis Neue Hürde für Sonntagsöffnung

Rhein-Sieg-Kreis · Der Einzelhandel kommt nur dann zum Zug, wenn es eine große Parallelveranstaltung gibt. Die muss nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster allein den Großteil des Publikums anziehen.

 Brechend voll ist die Siegburger Innenstadt beim verkaufsoffenen Sonntag während des Mittelaltermarkts.

Brechend voll ist die Siegburger Innenstadt beim verkaufsoffenen Sonntag während des Mittelaltermarkts.

Foto: Holger Arndt

Für den Einzelhandel ist der verkaufsoffene Sonntag ein fester Bestandteil im Jahreskalender, während Kirchen und vor allem Gewerkschaften ihn kritisch sehen. In jeder Kommune dürfen die Geschäfte an vier Sonntagen im Jahr öffnen.

Diese Sonntagsöffnungen müssen immer an eine Veranstaltung gekoppelt sein, und das bringt nun einige Kommunen und Einzelhändler im Rhein-Sieg-Kreis ins Schwitzen: Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom vergangenen Juni können Sonntagsöffnungen einfacher beklagt werden. Die Gewerkschaft Verdi macht davon Gebrauch: Landesweit kam es zu 18 Klageverfahren. Zuletzt wurde im Kölner Stadtteil Porz-Eil ein verkaufsoffener Sonntag gerichtlich untersagt.

Dort bemängelten die Richter, dass der mit dem verkaufsoffenen Sonntag verbundene Neujahrsmarkt keine „prägende“ Veranstaltung sei. Das ist der Knackpunkt: Die Veranstaltung, die in Verbindung mit einem verkaufsoffenen Sonntag steht, muss allein den Großteil des Publikums anziehen.

Die Besucher sollen in erster Linie wegen Markt, Kirmes oder Festival in die Zentren pilgern; die Geschäftsöffnungen sollen nur Beiwerk sein. Bestärkt durch das OVG-Urteil, sieht Verdi nun genau hin. „Wenn ein verkaufsoffener Sonntag offensichtlich rechtswidrig ist, werden wir die entsprechende Verordnung der Kommune angreifen“, sagt Monika Bornholdt, Bezirksgeschäftsführerin von Verdi. „Wir stehen deshalb als Buhmänner da, doch geht es hier um den Schutz von Arbeitnehmern.“

Gewerkschaft Verdibehält sich Klagen vor

In der Einkaufsstadt Siegburg ist man deshalb vorsichtig geworden. Der Rat hat bislang nur einen verkaufsoffenen Sonntag – nämlich den zum Mittelaltermarkt im Advent – als „rechtssicher“ bewertet und durchgewunken.

Die anderen beiden für 2017 geplanten Öffnungen sind in der Schwebe. Sie sollen laut Antrag des Verkehrsvereins am 30. April zum Antikmarkt und am 5. November zum Martinsmarkt stattfinden. Die Stadtverwaltung will konkretere Infos, um die Besucherströme abschätzen zu können „Das ist keine Sturheit. Wir wollen die verkaufsoffenen Sonntage rechtlich sichern“, so der Erste Beigeordnete Ralf Reudenbach.

Rechtssicherheit will auch der Vorsitzende des Verkehrsvereins, Christoph Machens. Er ist jedoch verärgert: „Wir sind ziemlich entsetzt darüber, dass die Gewerkschaft nun meint, die dicken Kanonen herausholen zu müssen.“ Die verkaufsoffenen Sonntage seien für den Handel wichtig, gerade im Weihnachtsgeschäft.

„Wir verzichten in Siegburg doch schon auf einen vierten Termin im Jahr, das ist ein gewisses Entgegenkommen“, so Machens, der im Februar mit den Gewerkschaften sprechen will. In anderen größeren Kreis-Kommunen – Troisdorf, Hennef, Bornheim – wurde das Thema vergleichsweise geräuschlos abgehandelt. Dort sind jeweils vier Sonntagsöffnungen für 2017 angesetzt. In der Prüfung sind noch die Städte Sankt Augustin (zwei Termine), Rheinbach und Meckenheim (je vier Termine).

In Bad Honnef soll der Rat am 2. Februar über die vier Sonntage entscheiden; zuvor läuft das vorgeschriebene Anhörungsverfahren mit Kirchen, Gewerkschaften und Industrie- und Handelskammer (IHK). In diesem Zusammenhang baut die Stadt auf die Daten des Bad Honnefer Gewerbevereins Centrum, der die Besucherströme in vergangenen Jahren gezählt hat.

Isoliert betrachtet würden demnach zu einem verkaufsoffenen Sonntag 2000 Kunden in die City kommen. Die Besucherzahl bei den – auch für 2017 geplanten – Veranstaltungen ist weit höher. Allein der im Oktober stattfindende Martinimarkt zieht 75.000 Besucher an, das Rosenfest 17.000, „Fühl Dich Frühlich“ 13.000 und das Weihnachtsshopping 5000.

Der Rheinbacher Stefan Raetz, Sprecher der Bürgermeister im Kreis, appelliert indes, auch an die Mitarbeiter der Geschäfte zu denken: „Auch die haben ihre Freizeit verdient.“ Der Einzelhandel solle sich nicht zu sehr auf die Sonntagsöffnungen versteifen, sondern mehr die Möglichkeiten des Internets nutzen. „Es gibt jährlich vier verkaufsoffene Sonntage in der Innenstadt, aber 52 zu Hause auf der Couch beim Internetshopping.“ Der Einzelhandel müsse sich online positionieren und dann vor Ort beraten und Umsatz machen.

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