Serie Engel im Alltag Mit dem „Kältebus“ unterwegs in Sankt Augustin

Rhein-Sieg-Kreis · Melanie Möchel und ihr Team versorgen von Sankt Augustin aus Bedürftige im Winter. Jede Woche fahren sie zu den Obdachlosen im Kreis und in Bonn und versorgen sie mit Essen, warmer Kleidung, Schlafsäcken oder Futter für ihre Hunde.

 Päckchen für ihre Schützlinge (von links): Klaus Doepner, Torsten Gelhard, Melanie Möchel, Natalie Brincks und Sina Doepner bepacken den „Kältebus“ mit kleinen Geschenken für die Obdachlosen.

Päckchen für ihre Schützlinge (von links): Klaus Doepner, Torsten Gelhard, Melanie Möchel, Natalie Brincks und Sina Doepner bepacken den „Kältebus“ mit kleinen Geschenken für die Obdachlosen.

Foto: Ingo Eisner

Egal, weshalb jemand im Rhein-Sieg-Kreis und Bonn ohne Obdach auf der Straße lebt: Frieren soll im kalten, deutschen Winter niemand. Mit dieser Zielsetzung sind Melanie Möchel und ihr Team von der Kältehilfe der Johanniter Bonn/Rhein-Sieg seit sieben Jahren unermüdlich im Einsatz.

Jede Woche fahren sie im Winter zu den Obdachlosen im Kreis und der Bundesstadt und versorgen sie mit Essen, warmer Kleidung, Schlafsäcken oder Futter für ihre Hunde. Einen Tag vor dem nächsten Aufbruch zu den Hilfebedürftigen treffen sich die Ehrenamtlichen der Kältehilfe, Melanie Möchel, Sina und Klaus Doepner und Thorsten Gelhard, im Haus der Johanniter in Sankt Augustin. Sie packen kurz vor Weihnachten eine ganz besondere Kofferraum-Ladung in die Autos: Weihnachtsgeschenke für rund 70 Obdachlose.

„Wir wollen unseren 'Gästen' nur etwas Gutes tun, ihnen ein paar schöne Stunden bereiten und das, ohne die Menschen zu hinterfragen oder bekehren zu wollen“, erklärt Teamleiterin Möchel, die die Wohnungslosen liebevoll als „Gäste der Kältehilfe“ bezeichnet. Möchel hat die Kältehilfe der Johanniter im Jahr 2010 initiiert. Sie sah damals in den Nachrichten, dass in Berlin ein Obdachloser erfroren war. „Ich wollte das nicht im Rhein-Sieg-Kreis erleben“, erinnert sich die Henneferin, die hauptamtlich für die Johanniter arbeitet. Für ihr ehrenamtliches Projekt, den Wohnungslosen im Winter zu helfen, stieß sie bei den Johannitern sofort auf offene Ohren.

Seitdem steht das Team der Kältehilfe im Winter jeden Montagabend am Busbahnhof in Bonn. Im Sommer fährt die Gruppe nur einmal im Monat zu ihrem Stammplatz, um nach ihren „Gästen“ zu schauen. Die Arbeit des Kältehilfe-Teams wird zudem durch Sach- und Geldspenden von Bürgern und Firmen wie beispielsweise Supermärkten unterstützt. „Wir haben schnell gelernt, alle Vorurteile loszuwerden“, so das Team. Die Arbeit beinhalte nicht nur die Ausgabe von Gegenständen und Essen, sondern auch viele Gespräche. Das in Bezug auf Obdachlose viel verwendete Argument „selbst dran Schuld“ stimme einfach nicht, stellen die Ehrenamtlichen deutlich klar. „Die Menschen leben wegen unterschiedlichster Schicksalsschläge auf der Straße, viele haben ein sehr bewegtes, spannendes Leben geführt“, sagt Möchel.

Die Obdachlosen würden das Angebot des „Kältebusses“ gut annehmen. Die Treffen am Busbahnhof verliefen sehr friedlich. „Unsere 'Gäste' bauen mit auf und wieder ab, sie sammeln den Müll ein und teilen untereinander“, sagt Doepner. Die Ehrenamtlichen erinnern sich gerne an die Weihnachtsaktion des vergangenen Jahres: „Eine Gruppe Obdachlose hat sich ein Weihnachtslied ausgedacht, eine Gitarre mitgebracht und es uns vorgesungen, als wir vorgefahren sind“, erzählt Möchel mit einem Lächeln im Gesicht.

Die Frage, warum sie sich ehrenamtlich für die Wohnungslosen stark machen, beantworten die Ehrenamtlichen schnell: Sie wollten einfach etwas zurückgeben und Menschen helfen, die es gerade nicht so gut hätten wie sie. Außerdem mache es einfach glücklich. „Wir würden uns wünschen, dass viel mehr Bürger Obdachlose nicht mehr nur abstempeln, sondern auf sie zugehen und einfach mal neugierig ein Gespräch mit ihnen anfangen“, sagt Möchel.

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