Ausgebildeter Therapiehund aus Siegburg Leon nimmt den Kindern die Angst

SIEGBURG · Michael kann man nicht sehen, nur hören. Er hat sich hinter einer mobilen Tischtennisplatte verkrochen, denn Michael hat Angst vor Hunden. Erst recht, wenn sie so groß sind wie Leon, ein vierjähriger Mischlingsrüde aus Black Retriever/Labrador und Magyar Vizsla.Er besuchte die Kinder der städtischen Ferienfreizeit im Schulzentrum Neuenhof.

 Hundeführer Lars Mrozinski und Leon beim Anschauungsunterricht im Schulzentrum Neuenhof.

Hundeführer Lars Mrozinski und Leon beim Anschauungsunterricht im Schulzentrum Neuenhof.

Foto: Holger Arndt

Ein Vier-Augen-Gespräch hinter der Platte mit Lars Mrozinski, dem Hundeführer, steht an. Es sprudelt nur so heraus aus Michael, dass ja nicht alle Hunde beißen und oftmals einen nur kennenlernen müssen, dann sei alles gut und so weiter und so weiter. Die Angst steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Leons erste Übung heute: Hinlegen und liegen bleiben, während Herrchen sich um den 14-Jährigen kümmert. Beide beschließen nach geraumer Zeit, den Hund mit einem Leckerchen zu erfreuen. Zunächst übernimmt Mrozinski das, während sich Lars hinter seinem Rücken versteckt. Dann ist es so weit: Vorsichtig nimmt Leo auch die Gabe des Jungen aus der Hand. Er ist unbedarft, ja neugierig und natürlich hungrig. Entsprechend freut er sich über die zusätzlichen Leckereien.

Nach dieser Begegnung ist das Eis gebrochen. Michael hockt sich neben den stattlichen Rüden und streichelt sein weiches, welliges Fell. Die Restangst muss er sich allerdings immer noch wegreden. "Ich hab' jetzt gemerkt, der ist gar nicht so schlimm", erklärt er.

Nun sind die anderen Kinder dran und begrüßen den neuen vierbeinigen Freund, der mit ihnen gemeinsam Zeit verbringen wird. Leon (9) freut sich mächtig, dass der tapsige Hund seinen Namen trägt. "Ich hab' keine Angst vor Hunden, wir haben auch einen zu Hause", berichtet er. Tamara (10), Felix (10) und Fiona (10) tun es ihm gleich, danach sind die Rollstuhlfahrer dran. Für den Rüden Leon kein Problem, denn auch das kennt er bereits.

Ridvan (14) strahlt, als er die feuchte Hundeschnauze an seiner Hand spürt. Danach wird ein wenig gefachsimpelt. "Wer von euch hat ein Haustier?", fragt Mrozinski. Da kommt einiges zusammen. Meerschweinchen, ein Hund und vier Katzen werden zu Hause versorgt von den Kindern der Ferienfreizeit für behinderte und nicht behinderte Kinder, die von der Lebenshilfe betreut wird.

Leon entspannt derweil, rollt sich auf den Rücken und lässt sich am Bauch kraulen. "Was macht ihr denn, wenn ein Hund auf euch zugestürmt kommt?", fragt Mrozinski. "Umdrehen und wegrennen", ist die erste spontane Reaktion der Kinder. "Nein, nicht wegrennen, sonst laufen die Hunde hinterher und jagen dich", erzählt Tamara. Man müsse stehenbleiben, sich umdrehen oder wenigstens wegsehen, glaubt sie - und das stimmt genau, bestätigt der Ausbilder.

"Wenn man einen Hund ansieht, provoziert man ihn eher, wenn man ihn nicht beachtet, lässt auch sein Interesse schnell nach", erklärt er. Es folgt eine lebhafte und ausführliche Diskussion über Stöcke und welche Wirkung sie auf Hunde haben können. Auch die Arme in die Höhe reißen sollte man nicht. Liegt man auf dem Boden und ein Hund kommt angelaufen macht man am besten "eine Schildkröte", ruft Hundeexpertin Tamara und macht dies gleich vor. Leon schnuppert an ihr, kann jedoch weder Gesicht noch Hände erreichen.

Der Anschauungsunterricht geht weiter, und für Leon ergeben sich dadurch immer wieder Ruhepausen, die auch immens wichtig sind. Dass ein Hund, der zum Besuchs- oder Therapiehund ausgebildet wird, stressresistent sein müsse, liege auf der Hand, sagt Mrozinski. "Den größten Stress haben die Hunde jedoch, wenn sie andauern von immer wieder fremden Menschen gestreichelt werden." Da muss dann einiges an Energie freigesetzt werden, und das macht Leon mit wachsender Begeisterung beim anschließenden Bällchen- und Versteckspielen. "Bei Schnüffelspielen ist der Hunde mit viel Spaß bei der Sache", sagt Mrozinski.

Dass der ausgebildete Rettungssanitäter der Johanniter die Gelegenheit nutzt, um mit den Kindern erste Rettungsmaßnahmen und die Meldung beim Notruf 112 zu üben, liegt auf der Hand. Für Leon besteht die größte Herausforderung inzwischen darin, seine Augen noch offenzuhalten. Er weiß, dass sein Arbeitstag nun zu Ende ist. Einsätze dieser Art hat der Mischling zwei- bis dreimal die Woche.

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