Halbierung der Sitzplatzkapazitäten Kürzere ICE-Züge in Siegburg sorgen für Kritik

Rhein-Sieg-Kreis · FDP und Pro Bahn befürchten das Ausbluten des Bahnhofs in Siegburg. Die Halbierung der Sitzplatzkapazitäten in den Hauptpendlerzeiten am Morgen und am Abend stößt auf Unverständnis.

 Ein ICE fährt durch Siegburg: In der Region gibt es die Sorge, dass viele nicht mehr in der Kreisstadt halten.

Ein ICE fährt durch Siegburg: In der Region gibt es die Sorge, dass viele nicht mehr in der Kreisstadt halten.

Foto: Meike Böschemeyer

Die Kappung der Fahrgastkapazitäten auf der ICE-Strecke Köln-Siegburg-Frankfurt hat die Bad Honnefer FDP-Bundestagsabgeordnete Nicole Westig kritisiert. „Damit wird die Attraktivität des ICE-Bahnhofs Siegburg immer weiter verringert“, sagte sie. Wie berichtet, wurden zum 11. Juni 2019 Fahrten von zweiteiligen ICE 3-Zügen auf einteilige ICE 3-Züge umgestellt. Betroffen davon ist der ICE 813, der werktags in Dortmund um 6 Uhr startet und über Köln (7.20 Uhr) und Siegburg/Bonn (7.35 Uhr) nach Frankfurt fährt. Das betrifft auch den ICE 814, der von Frankfurt (17.17 Uhr) über Siegburg/Bonn (18.19 Uhr) nach Köln fährt.

Die Halbierung der Sitzplatzkapazitäten in den Hauptpendlerzeiten am Morgen und am Abend seien völlig unverständlich, so die FDP-Politikerin. Als Grund für diese Entscheidung nenne die Deutsche Bahn AG (DB) zum einen technische Störungen und Lieferschwierigkeiten, zum anderen eine nicht belegte Veränderung der Nachfrage. In einer Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion erklärt allerdings Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, dass sich die Sitzplatzkapazität von 20,9 Millionen im Jahr 2010 auf 24,5 Millionen im Jahr 2019 erhöht hätten – vor allem durch mehr Zugfahrten, in den meisten Fällen ICE 2-Züge in Doppeltraktion, die eine Zuglänge von etwa 410 Meter ergeben, neu eingesetzte ICE 2 teilweise in Einzeltraktion und ICE 4 von bis zu 350 Metern Länge.

Die Veränderungen im aktuellen Fahrplan hingen der DB zufolge mit Engpässen bei den verfügbaren Fahrzeugen zusammen. Zudem habe sich die Nachfrage verändert, „beispielsweise durch Veränderung von Nachfrageströmen durch die Inbetriebnahme von neuer Infrastruktur und Angebote anderer Anbieter sowohl im Fern- als auch im Nahverkehr“.

Sorge um Ausdünnung des Angebots

Sorge, dass das Angebot am ICE-Bahnhof in Siegburg immer weiter ausgedünnt werden könnte, hat auch Norbert Reinkober, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS). „Wenn die komplette langsamere Flotte auf dieser Fernverkehrsstrecke nach Frankfurt unterwegs sein soll, brauchen wir einen weiteren Ausbau der Strecke, um zu verhindern, dass Siegburg am Ende in die Röhre guckt. Neben der Flotte und dem Ausbau der Strecke hängt außerdem viel an der richtigen Anbindung mit den Bahnhöfen in Frankfurt und Köln. Unsere Interessen müssen wir gegenüber der DB mit Nachdruck vertreten“, sagte er kürzlich im GA-Interview.

Wie berichtet, hatte die Deutsche Bahn bei einer gemeinsamen Sitzung der Verkehrsausschüsse von Kreis und Stadt Bonn im Frühjahr darüber berichtet, dass auf der Schnellstrecke Köln-Rhein/Main auch der langsame ICE 4 eingesetzt wird, mit der Folge, dass Halte in Siegburg ausfallen können.

„Die Furcht, dass die DB solche Bahnhöfe wie Siegburg ausbluten lässt, teilen wir“, sagte Andreas Schröder vom Fahrgastverband Pro Bahn in Düsseldorf. Allerdings habe sein Verband eine andere Haltung gegenüber der neuen Generation von ICE-Zügen. „Es stimmt, dass der ICE 4 mit 250 Stundenkilometern in der Spitze um 50 Kilometer langsamer als die älteren Generationen sind. Aber Tempo 300 können die sowieso nur auf bestimmten Streckenabschnitten fahren“, so der Bahnexperte. Pro Bahn habe begrüßt, dass bei der neuen ICE 4-Generation mehr Wert auf Robustheit gelegt worden sei. „Diese Züge sind schwerer, aber auch nicht so anfällig gegenüber Hitze- oder Kälteperioden. Auch die Klimaanlagen funktionieren bei denen zuverlässiger“, so Schröder.

Eine Verschlechterung der Bedingungen nach der Umstellung zum Fahrplanwechsel im Juni sei von Pro Bahn auf der Strecke Köln-Siegburg-Frankfurt bislang nicht beobachtet worden. „Außer allgemeinem Fahrzeugmangel auch beim ICE 3 ist uns nichts Besonderes bekannt“, so Schröder. Die ICE 813/814-Züge seien außerdem eher Zusatzzüge in der Hauptverkehrszeit. „Es sind auch in den letzten Wochen einige ICE International nur bis Köln gefahren.“ Es habe im späten Frühjahr/Anfang Sommer einen besonderen Fahrzeugmangel wegen der nicht abgenommenen neuen ICE 4-Züge gegeben. Diese waren schon gekauft, aber im April wegen Mängeln zunächst nicht abgenommen, sondern erst etwas später nach Behebung der Mängel in die Flotte aufgenommen worden, sagte der Pro Bahn-Sprecher. „Mittlerweile sind die neuen ICE 4 da, und nun müssen die älteren ICE 3-Fahrzeuge der Rhein-Main–Strecke ins sogenannte Redesign gehen. Und auf der Köln-Frankfurt-Strecke fahren überwiegend ICE 3-Züge.“

Aus Sicht Westigs konterkariere die Kürzung der Kapazitäten auf der Strecke Köln-Frankfurt nicht nur die Bemühungen, Menschen für die Nutzung der Bahn zu gewinnen, sondern verringere – nach der Kürzung des Angebots mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018 – zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit die Attraktivität des ICE-Bahnhofs Siegburg. Westig: „Ich werde mich daher gemeinsam mit dem Rhein-Sieg-Kreis und der Stadt Bonn dafür einsetzen, dass dieser Trend sich nicht fortsetzt und die Bahn auf die steigende Nachfrage gerade der Berufspendler endlich mit einem Ausbau ihres Angebots reagiert.“

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