Angebot im Rhein-Sieg-Kreis In Troisdorf gibt es Hilfe zur Selbsthilfe

RHEIN-SIEG-KREIS · Heike Trapphoff und ihre Kolleginnen haben immer ein offenes Ohr für die Ängste und Sorgen von Hilfesuchenden. In der Selbsthilfekontaktstelle für den Rhein-Sieg-Kreis sind sie Ansprechpartner für rund 300 Gruppen in der Region.

 Heike Trapphoff arbeitet in der Selbsthilfekontaktstelle für den Rhein-Sieg-Kreis. FOTO: MARIE-THERES DEMMER

Heike Trapphoff arbeitet in der Selbsthilfekontaktstelle für den Rhein-Sieg-Kreis. FOTO: MARIE-THERES DEMMER

Foto: Marie-Theres Demmer

Hinter Heike Trapphoff reihen sich die bunten Flyer dicht an dicht. Ob Depression, Multiple Sklerose oder Adipositas – als Ansprechpartnerin in der Selbsthilfekontaktstelle für den Rhein-Sieg-Kreis des Paritätischen Nordrhein-Westfalen kümmert sie sich um rund 300 Selbsthilfegruppen in der Region. Seit rund 19 Jahren betreut Trapphoff die bestehenden Gruppen, unterstützt bei Neugründungen und informiert die Öffentlichkeit über das Thema Selbsthilfe. „Es ist wichtig, dass die Bevölkerung weiß, dass es dieses Angebot gibt und wo die Ansprechpartner sind“, sagt die 59-Jährige.

Der erste Kontakt zu den Betroffenen erfolgt in der Regel telefonisch. Während der Sprechzeiten am Montag-, Mittwoch- und Freitagvormittag bleiben die Telefone der vier Mitarbeiterinnen der Kontaktstelle nicht lange still. „Die meisten Anrufer haben eine Diagnose erhalten und wissen nicht, wohin damit. Dann landen sie bei uns am Telefon und wir gucken, in welcher Gruppe wir sie unterbringen können“, erklärt Trapphoff. Meistens gebe es in der Nähe ein Angebot, das passt.

Hilfe bei der Neugründung

Schon beim ersten Treffen fühlten sich viele Betroffene erleichtert. „Ich bin nicht alleine mit meiner Krankheit und habe endlich jemanden, der mich versteht“, seien Sätze, die Heike Trapphoff und ihre Kolleginnen oft hören. Gibt es keine passende Selbsthilfegruppe in der Nähe, ermuntern sie Betroffene, selbst eine neue Gruppe zu gründen – und unterstützen sie dabei. „Jeder kann eine Gruppe leiten“, so die studierte Sozialpädagogin. Die Kontaktstelle helfe bei der Suche nach einem Raum und bei der Organisation.

„Grundsätzlich sind Selbsthilfegruppen in Deutschland gewollt. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten zum Beispiel für eine Raummiete“, erklärt Trapphoff. Probleme gäbe es allerdings vermehrt dabei, überhaupt einen Raum für die Gruppentreffen zu finden. „Oft sind in den Schulen ab spätem Nachmittag keine Hausmeister mehr vor Ort, sodass die Räumlichkeiten alle abgeschlossen sind und nicht genutzt werden dürfen“, erläutert Heike Trapphoff die Problematik. Die Selbsthilfe-Kontaktstelle sitzt in Troisdorf-Oberlar, wo sie selbst vier Gruppenräume hat, in denen sich Selbsthilfegruppen regelmäßig treffen können. Ein Angebot, das unter anderem eine Gruppe für Depressionen nutzt.

Selbsthilfegruppen für Menschen mit Depressionen seien zurzeit am meisten gefragt und das mit steigender Tendenz. „Wir haben mehrere Depressionsgruppen im Rhein-Sieg-Kreis und uns rufen auch viele Betroffene an“, sagt Heike Trapphoff. Sie erklärt sich den Anstieg zum einem damit, dass die Erkrankung nicht mehr so tabuisiert ist, aber auch mit den langen Wartelisten bei Psychotherapeuten. Andere ahnen, dass sie depressiv sein könnten, möchten aber keinen offiziellen Weg über Ärzte nehmen und suchen Hilfe in Selbsthilfegruppen, weiß sie zu berichten.

Lebensqualität steigern

Zudem seien immer mehr Menschen alleine. Die Gruppe „Gemeinsam statt einsam“ widmet sich diesem Problem. Hier kommen Erwachsene aller Altersklassen zusammen, die sich einsam fühlen. „Vom Alleinsein zur Depression ist es nicht mehr weit“, sagt Trapphoff. Gerade deswegen sei Prävention wichtig. Auch Angehörige von Menschen mit Depressionen oder mit Demenz wenden sich immer häufiger an die Kontaktstelle. „Anfangs haben die Angehörigen oft ein schlechtes Gewissen, etwas für sich zu tun, aber dann merken sie, dass sie selbst eine Entlastung brauchen“, sagt Trapphoff. In den Treffen erhalten die Teilnehmer Informationen über weitere Hilfsangebote.

Ziel der Selbsthilfe sei vor allem eines: Die Lebensqualität der Betroffenen steigern. Das sei vor allem dadurch möglich, dass die Betroffenen auf der gleichen Gesprächsebene sind. „Sprechen Betroffene zu Betroffenen, ist das ganz anders, als wenn der Arzt zu jemanden spricht“, erklärt die 59-Jährige. Außerdem sei jeder Gruppenteilnehmer von Bedeutung, auch wenn er erst einmal nur zuhört. „Zuhören ist sehr wichtig. Wenn du depressiv bist und zehn Leute kommen, nur um dir zuzuhören, wie du über deine Depressionen berichtest, dann bist du für andere wichtig, und das macht Selbsthilfe aus“, sagt Trapphoff.

Das war auch der Grund, aus dem sich die 59-Jährige für die Arbeit bei der Kontaktstelle entschieden hat. Vorher arbeitete sie in der Sucht- und Obdachlosenhilfe. „Ich habe bemerkt, dass es wichtig ist, wenn sich Betroffene vernetzen. Die besten Gespräche finden oft unter Patienten statt.“

Die Selbsthilfe-Kontaktstelle, Landgrafenstraße 1 in Troisdorf-Oberlar, ist montags, mittwochs und freitags jeweils von 9 bis 14 Uhr unter (02241) 949 999 zu erreichen. Weitere Informationen gibt es auf www.selbsthilfe-rhein-sieg.de.

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