Mit der Sonde unterwegs im Rhein-Sieg-Kreis Fasziniert von der Schatzsuche

Rhein-Sieg-Kreis · Der Troisdorfer Tierarzt Volker Grünewald ist in seiner Freizeit als ehrenamtlicher Sondengänger für den Landschaftsverband im Einsatz.

In gleichmäßigen Schwingungen lässt Volker Grünewald die Magnetspule seines Detektors über den Waldboden wandern. Eine Hand am Griff, lauscht der 46-Jährige konzentriert dem Brummen, das sein Kopfhörer in unregelmäßigen Abständen auswirft. Ein schrilles Aufheulen lässt die Miene des Schatzsuchers schlagartig heller werden.

"Ein Hinweis auf Buntmetall. Mal sehen, was wir hier haben“, sagt er und kniet sich ins Laub. Anschließend hebt er mit einer Kelle vorsichtig ein Stück Erde aus. Zum Vorschein kommt – nach kurzem Wühlen und unter Zuhilfenahme eines sogenannten Pin Pointers – ein ringförmiger Gegenstand. „Der Rest eines Zünders aus dem zweiten Weltkrieg. Davon findet man hier noch einige."

„Hier“, das ist ein Waldstück irgendwo im Rhein-Sieg-Kreis. Grünewald hält es für besser, den Namen nicht zu nennen. „Das würde nur irgendwelche Verrückte anziehen“, meint er. Denn einfach losziehen und „sondeln“, wie die Suche mit dem Metalldetektor im Fachjargon heißt, darf man hierzulande nicht.

Nur mit Erlaubnis der oberen Denkmalbehörde – im Rhein-Sieg-Kreis ist der Landschaftsverband Rheinland (LVR) zuständig – ist die gezielte Suche nach „Bodendenkmälern“ wie Münzen, Militaria und sonstige erhaltenswerte Altertümer im Denkmalschutzgesetz NRW bezeichnet werden, legal. „Man geht davon aus, dass insbesondere Waldboden ungestörter Boden ist“, so Grünewald. Weltkriegssoldaten haben „hier“ unter der zentimeterdicken Schicht aus Laub und Erde ebenso ihre Spuren hinterlassen wie kurfürstliche Reiter und römische Legionäre.

Bei den Sondengängern gibt es viele schwarze Schafe

Grünewald, der in Bonn lebt und in Troisdorf eine Tierarztpraxis betreibt, hat aber eine entsprechende Erlaubnis. Nicht nur das: Seit einigen Jahren geht der 46-Jährige als ehrenamtlicher Helfer auch offiziell im Dienst der Wissenschaft auf Schatzsuche: „Wir sind damals mit einer Gruppe von Sondengängern auf den LVR zugegangen und haben gesagt, wir würden das gerne richtig machen“, erzählt er. Dort war man zunächst zurückhaltend. Denn in der Szene, so Grünewald, gebe es viele schwarze Schafe.

„Inzwischen werden wir aber oft gerufen, etwa wenn Baustellen eröffnet werden“, sagt er. „Denn wir sind im Umgang mit den Detektoren oft geübter als die Archäologen.“ Einmal seien die Schatzsucher dabei auf drei römische Gräber gestoßen. „Es ist natürlich eine tolle Sache, wenn man mit seinem Hobby zu so etwas beitragen kann“, so Grünewald. Mehrere Gespräche sowie eine halbjährige Probezeit waren nötig, bevor der LVR die Erlaubnis erteilte.

„Bodendenkmäler werden durch Raubgräber oft systematisch zerstört. Uns kommt es gar nicht so sehr auf den einzelnen Fund, sondern viel mehr auf den Zusammenhang an“, erklärt Jennifer Morscheiser-Niebergall, wissenschaftliche Referentin bei der zuständigen LVR-Außenstelle in Overath, das Problem mit den illegalen Schatzsuchern. Beifunde wie Fasern oder andere Gegenstände, anhand derer die Archäologen historische Rückschlüsse ziehen könnten, gingen bei deren Grabungen meist unwiederbringlich verloren.

Von der Existenz der Fundstücke erfahre die Behörde, wenn überhaupt, oft erst dann, wenn diese in einschlägigen Internetforen wieder auftauchten. „Locker 1500 bis 2000 Neufunde“, so Morscheiser-Niebergall, entdecke der LVR pro Monat im Internet. Das meiste sei „zwar eher Müll“. Doch auch interessante Fundstücke wie etwa die Figur eines römischen Satyrs, den die Forscher sicherstellten, befänden sich darunter.

Einfach losziehen und einen Schatz finden ist unwahrscheinlich

Rund 570 aktive Sondengänger, unter ihnen 50 ehrenamtliche, sind der Behörde laut Morscheiser-Niebergall im LVR-Zuständigkeitsbereich, der das östliche Rheinland von Bonn bis Düsseldorf umfasst, bekannt. Die Dunkelziffer betrage aber ein Vielfaches. „Für viele ist das Voodoo, Wünschelrute oder irgendeine Spinnerei“, sagt Grünewald, nachdem er im zweiten Versuch eine Patronenhülse freigelegt hat. Oft werde er zudem gefragt, ob sich die Anschaffung seines Detektors – die Kosten belaufen sich auf rund 1500 Euro – schon bezahlt gemacht habe. „Dann sage ich: ‚Nein, aber das muss es auch gar nicht’“, so der Bonner.

„Viele Leute stellen sich das so vor, dass man einfach loszieht und den Schatz seines Lebens findet. Das kann passieren, aber in der Regel ist es sehr mühsam.“ Auf ein Highlight wie den Knauf eines antiken Offiziersdegens, den er vor einiger Zeit „hier“ entdeckte, hofft er heute zwar vergeblich. Doch das, wie er es nennt „alte Spiel Schatzsuche“, die Bewegung in der Natur und der Dienst an der Heimatforschung sind für ihn Motivation genug. „Was hier liegt, ist unser aller Erbe“, sagt er. „Und es wäre schön, wenn die Leute dafür etwas mehr Bewusstsein entwickeln würden.“

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