Evangelische Kirche in Siegburg Die Auferstehungskirche wird 60 Jahre alt

Siegburg · Die Auferstehungskirche in Siegburg feiert ihren 60. Geburtstag und erhält ein neues Dach und einen neuen Anstrich. Eine überdimensionale Sanduhr steht als Symbol für die unaufhaltsame Zeit, Veränderung und Erneuerung.

 Die Zeit verrinnt: Bis Sonntag noch regt die Sanduhr vor dem Altar der Auferstehungskirche zum Nachdenken an. Binnen sechs Wochen sind 1,5 Tonnen Sand auf den Kirchenboden gerieselt.

Die Zeit verrinnt: Bis Sonntag noch regt die Sanduhr vor dem Altar der Auferstehungskirche zum Nachdenken an. Binnen sechs Wochen sind 1,5 Tonnen Sand auf den Kirchenboden gerieselt.

Foto: Nadine Quadt

Ein kleiner Sandhügel ist in den zurückliegenden Wochen vor dem Altar gewachsen. Fotos der Auferstehungskirche – wie sie vor 60 Jahren war und wie sie heute ist – sind darin auszumachen. Spuren der Vergangenheit, Erinnerungen an ganz besondere Momente. Ein solcher ist auch die überdimensionale Sanduhr, die seit fast sechs Wochen in der Kirche zu Gedanken über Raum und Zeit, Werden und Vergehen, Zeitlichkeit und Ewigkeit anregt. Aus einem riesigen Trichter rieselt feiner Sand auf den Kirchenboden – Symbol für die unaufhaltsame Zeit, für Veränderung und Erneuerung. Am Sonntag endet die Installation zum Reformationsjubiläum.

„500 Jahre Reformation ist Erinnerung, aber auch Aufgabe für die Zukunft“, hält Pfarrer Joachim Knitter mit Blick auf die Sanduhr fest. Von der Leiter aus füllt er Sand in die Uhr, die drei Stahlseile halten. Rund sieben Stunden brauchen die 60 Kilogramm Sand für ihren Weg aus dem Trichter auf den Kirchenboden. Am Sonntag werden es bis zu 1,5 Tonnen sein. „Die Zeit, die vergangen ist, hinterlässt Spuren“, sagt Knitter. Spuren, die sich im Sand, aber auch an der Auferstehungskirche ablesen lassen. Das Gebäude ist 60 Jahre alt. Am Ostersonntag, 21. April 1957, hat die evangelische Kirchengemeinde ihr Gotteshaus an der Georgstraße eingeweiht.

Das hat sich seither verändert, wie auch die Kirchengemeinde selbst. Joachim Knitter lenkt den Blick auf den Sockel der Kanzel. Er besteht aus Trümmern der alten Stadtkirche, die einst an Stelle der Auferstehungskirche stand und beim Luftangriff auf Siegburg am 28. Dezember 1944 beschädigt wurde. Und er trägt drei Daten, die für die Geschichte der evangelischen Gemeinde von Bedeutung sind: neben dem 21. April 1957 sind es die Jahre 1563 und 1829.

Reformation 1563 erstmals historisch belegt

„Die Reformation breitete sich in Wellen über Deutschland aus“, sagt Knitter. Die Töpfer seien unter den ersten gewesen, die sich in Siegburg der Lehre Luthers zuwandten. Historisch belegt ist die Reformation in Siegburg erstmals 1563. Damals bekannten sich die Nonnen des Klosters Sankt Anna zum neuen Glauben. „Die Töpfer haben in ihren Waren auch ihren religiösen Protest gegen das damalige Papsttum verarbeitet“, so Knitter. Sie verzierten ihre Schnellen mit einem Wendegesicht. Aufrecht zeigt es Papst Alexander Borgia, auf den Kopf gestellt verwandelt der sich in eine Teufelsfratze. Ihr protestantisches Glaubensbekenntnis kam die Töpfer teuer zu stehen. „In der Gegenreformation wurden sie aus Siegburg vertrieben.“

Erst seit 1829 gibt es in Siegburg eine evangelische Kirchengemeinde. Gegründet auf dem Michaelsberg. Ihre Gottesdienste hielten die Protestanten zunächst in der damals leer stehenden Abteikirche. Erst 1879 weihte die evangelische Gemeinde ihre eigene Kirche ein. Die alte Stadtkirche aus rotem Backstein und mit imposantem neugotischen Turm stand dort, wo jetzt die Auferstehungskirche steht. Ihr Kirchenschiff brannte beim schweren Bombenangriff im Dezember 1944 aus. Der Kirchturm stand, war aber baufällig und wurde 1947 zum Bedauern vieler Gemeindemitglieder niedergelegt.

Gemeinde baute 1949 eine Notkirche

Aus den alten Ziegeln der Stadtkirche baute die Gemeinde 1949 eine Notkirche, den 1950 eingeweihten Paul-Schneider-Saal. Der Wunsch nach einer neuen Kirche hielt an. Ein Kirchenbauverein trieb ab 1952 die Planungen voran. Viele wünschten sich einen Bau in Form und Aussehen der zerstörten Kirche, das Presbyterium entschied sich aber für den modernen Entwurf der Bonner Architekten Thon und Welk. Die Bauarbeiten begannen im Herbst 1955, im Mai 1956 folgte die Grundsteinlegung, im April 1957 die Einweihung.

„Die Auferstehungskirche ist sehr gut konzipiert“, sagt Joachim Knitter. Die an ein Zelt angelehnte Form stehe für einen Gott, der bei seinen Menschen wohnt. Ihr zur Seite steht der im Campanile-Stil erbaute, 34 Meter hohe und frei stehende Glockenturm. Seit ihrer Einweihung hat die Auferstehungskirche verschiedene Renovierungen, Modernisierungen und Veränderungen erlebt. Die Kirchenbänke wurden ersetzt, der Altarraum vergrößert, die Buntglasfenster besser in Szene gesetzt, es gab eine neue Orgel und zuletzt ein neues Entree. Aktuell erhält das Gotteshaus ein neues Dach. Der Hagelsturm vor zwei Jahren hat dem 60 Jahre alten Schiefer samt Verschalung arg zugesetzt. Rund 180 000 Euro investiert die Gemeinde. Einen neuen Anstrich gibt es auch. Eines hat indes auch Bestand: die alte Buche vor der Kirche – vermutlich bei der Einweihung der alten Stadtkirche gepflanzt.

Zum 60. Geburtstag der Auferstehungskirche hat die evangelische Kirchengemeinde eine Broschüre über die Buntglasfenster der Kirche veröffentlicht. Die gibt es für drei Euro im Buchladen der Kirche oder im Gemeindeamt an der Annostraße.

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