Sperrklausel im Rhein-Sieg-Kreis Die Kleinen bleiben selbstbewusst

Rhein-Sieg-Kreis · Die Wiedereinführung der Sperrklausel bei Kommunalwahlen stößt bei den kleinen Parteien und Wählergemeinschaften im Rhein-Sieg-Kreis auf Kritik.

 Hennefer Wahlhelfer bringen bei der Wahl am 25. Mai 2014 die Stimmzettel in die Mehrzweckhalle.

Hennefer Wahlhelfer bringen bei der Wahl am 25. Mai 2014 die Stimmzettel in die Mehrzweckhalle.

Foto: Ingo Eisner

Gleichwohl machen sich die „Kleinen“ keine Sorgen, dass sie es bei der nächsten Landtagswahl 2020 nicht über die jüngst vom Landtag beschlossene 2,5-Prozent-Hürde schaffen. SPD, CDU und Grüne wollten diese Regelung auf Landesebene, um so einer „Zersplitterung“ in den Räten und Kreistagen entgegenzuwirken. Diese behindert ihrer Ansicht nach die Arbeitsfähigkeit der Parlamente. Allein im Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises sind seit 2014 zehn Parteien und politische Gruppierungen vertreten.

Die Wählerinitiative Aufbruch im Sankt Augustiner Rat kann die Änderung nicht nachvollziehen: „Demokratie muss sich Zeit lassen. Vielfalt im Rat ist eine Chance für wechselnde Mehrheiten“, so Wolfgang Köhler, Fraktionsvorsitzender des Aufbruchs. Er sieht mit der Sperrklausel die Meinung der Bürger nicht mehr abgebildet. „Ich hoffe, sie hat keinen Bestand. Uns behindert sie aber nicht.“

Piraten wollen vor dasVerfassungsgericht ziehen

Die ALFA in Siegburg gibt sich ähnlich selbstbewusst. Sie ist zur Zeit mit zwei Sitzen im Rat der Stadt vertreten. Die Fraktion war 2014 als AfD eingezogen, hatte sich dann aber der neuen Partei von AfD-Gründer Bernd Lucke angeschlossen. „Wir werden nicht gegen das Gesetz vorgehen, uns betrifft es ja nicht“, sagt der Fraktionsvorsitzende Ralph Wesse. Als Sinn der Neuregelung sieht die ALFA „die reine Machterhaltung zugunsten der bisher etablierten Parteien“.

Die AfD in Niederkassel geht sogar einen Schritt weiter: „Die alten Parteien sind beschämend, sie vertreten keine Meinung, sondern eine Diktatur“, sagt Wolfgang König, der im Niederkasseler Stadtrat das einzige AfD-Mandat innehat. Auch er kann keine Arbeitsunfähigkeit im Rat wahrnehmen. Vielmehr kritisiert er die ständigen Mehrheiten der etablierten Parteien. „Die Klausel ist doch nur eingeführt worden, weil die sich von der Meinung der kleinen Parteien gestört fühlen“, so König. Seine Partei konnte 2014 mit 2,22 Prozent in den Rat einziehen.

Dies war möglich, da die Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen 1999 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt und abgeschafft wurde. Die Wiedereinführung einer Sperrklausel macht König jedoch keine Sorgen: „Für kleine Parteien ist die Klausel schon eine Gefahr, für uns nicht.“

Die Piraten werden als einzige Partei vor das Verfassungsgericht ziehen. Ihre 1,72 Prozent bei der Wahl 2014 reichten bereits zum Einzug in den Kreistag. „Es gibt keinen Nachweis für Arbeitsunfähigkeit. Mit der Sperrklausel wird der Willen des Wählers nicht mehr abgebildet“, kritisiert Kreistagsabgeordnete Anja Moersch.

Sie geht nicht davon aus, dass die Sperrklausel beim Verfassungsgericht durchgeht. „Die Hürde ist einfach undemokratisch.“ Mit guter Arbeit vor Ort hätten die Piraten aber auch mit Hürde gute Chancen bei der nächsten Wahl. Undemokratisch finden auch die Linken die Sperrklausel. „Eine Stimme sollte eine Stimme sein“, so Kreistagsmitglied Frank Kemper. Für die kleinen Parteien täte es ihm leid.

Die FDP, die 2014 schwere Einbußen hinnehmen musste und bei der Wahl zum Kreistag nur noch bei 5,8 Prozent lag, sieht sich von der Klausel nicht bedroht. „Das Selbstbewusstsein nehme ich mir raus, dass wir über die 2,5 Prozent bei den nächsten Wahlen kommen“, sagt Kreisvorsitzender Jürgen Peter. Der Kreisverband werde nicht gegen die Klausel vorgehen, denn sie selbst werde es nicht betreffen.

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