Serie Kennzeichen SU Norbert Eckschlag: Der Mann an der Quelle

RHEIN-SIEG-KREIS · Norbert Eckschlag ist seit 15 Jahren Geschäftsführer des Wahnbachtalsperrenverbandes (WTV), der rund 800 000 Menschen mit Trinkwasser versorgt. Ein an sich geräuschloses Geschäft. Doch ein Umweltkeim und die Auseinandersetzung mit der Trinkwasserversorgung in Bornheim brachten seinem Verband zuletzt erhöhte Aufmerksamkeit.

Still ruht der See. Genauer gesagt: die Wahnbachtalsperre. Gewaltig, aber lautlos und unerschütterlich liegt sie in der Herbstlandschaft oberhalb von Siegburg. Wer abschalten will, findet hier garantiert Ruhe. Für Norbert Eckschlag gehören dieser Anblick und diese Atmosphäre zum Alltag. Er ist Geschäftsführer des Wahnbachtalsperrenverbandes (WTV), der rund 800 000 Einwohner der Region mit Trinkwasser versorgt. 28 der jährlich aufbereiteten 42 Millionen Kubikmeter Trinkwasser kommen aus der Talsperre, der Rest aus dem Grundwasser. Ein an sich geräuschloses Geschäft. Doch in den letzten Monaten erhielt der Verband erhöhte Aufmerksamkeit – durch einen Umweltkeim und durch eine Auseinandersetzung in Bornheim um die Trinkwasserversorgung.

Unterwegs mit Norbert Eckschlag. Der Weg von seinem Büro im WTV-Verwaltungsgebäude in Siegelsknippen zur Talsperre führt ein Stück durch die Landschaft, vorbei am Gut Umschoß. Seit 27 Jahren ist er beim WTV, seit 15 als Geschäftsführer. Gebürtig aus Bochum, strahlt er westfälische Gelassenheit aus. Auch wenn es um den mitunter lärmenden Bornheimer Wasser-Streit geht. Ob er solch eine Diskussion schon einmal erlebt habe? „Nein, eigentlich nicht“, sagt der 63-Jährige. Hat es mit verändertem Verbraucherverhalten zu tun? Sind die Bürger kritischer geworden? „Die Leute wollen wissen, woher ihr Wasser kommt, das ist sicherlich richtig. Wir wollen dem mit Transparenz begegnen“, sagt er. „In Bornheim war die ganze Diskussion aber eher politisch motiviert.“

Streit um Trinkwasserversorgung

Die drittgrößte Kommune des Kreises – gut 50 000 Einwohner – bezieht 75 Prozent ihres Wassers vom Wasserbeschaffungsverband Wesseling-Hersel, lediglich 25 Prozent vom WTV. Es gibt Unterschiede. Das Wasser aus der Wahnbachtalsperre ist weicher, aber auch teurer. In der Vorgebirgsstadt ist ein Streit entbrannt, ob die Aufteilung so bleiben soll oder ob sich Bornheim ganz vom WTV beliefern lässt – der ohnehin auf ihren Wunsch hin im Notfall für eine Vollversorgung bereitsteht. Einen Wechsel zum WTV hatte der Stadtrat mehrheitlich bereits beschlossen, wurde aber von der Bezirksregierung zurückgepfiffen: aus finanziellen und rechtlichen Gründen. Die Vollversorgung wäre im Sinne des WTV, weil er nach eigenen Angaben so oder so die Infrastruktur vorhalten muss. „Wir haben unsere ganzen Anlagen vor Jahren entsprechend ausgerichtet“, erklärt Eckschlag. Die Kosten würden über den Wasserpreis auf alle Bezieher umgelegt.

2,2 Millionen Kubikmeter Wasser könnte der WTV im Jahr nach Bornheim liefern, tatsächlich sind es nur 500 000 Kubikmeter. Bei einem Kubikmeterpreis von 62 Cent liegen die entgangenen Einnahmen demnach bei rund einer Million Euro im Jahr. Vor diesem Hintergrund ging der sonst so geräuschlose WTV in der Bornheimer Debatte in die Offensive – mit Informationen, Stellungnahmen und einem Rabattangebot, flankiert von mahnenden Appellen des WTV-Verbandsvorstehers, Ex-Landrat Frithjof Kühn. Beim Bürgerentscheid am 20. November wurde das nötige Quorum mit 7247 Stimmen jedoch nicht erreicht. Das Ergebnis, das eine dünne Mehrheit pro WTV brachte, ist für den Rat nicht bindend. Eckschlag wartet nun ab. Die 100-prozentige Versorgung Bornheims sei weiter das Ziel, aber es seien auch Kompromisse denkbar.

Keimarmes, nicht steriles Wasser

Ein bisschen leer sieht sie aus, die Talsperre. „Das ist normal für diese Jahreszeit“, erklärt Eckschlag und lässt den Blick über die Landschaft schweifen. „Im Winter wird sie immer aufgefüllt.“ Der auf Wasserwirtschaft spezialisierte Bauingenieur sieht sie als Teil der Natur. Die deutsche Trinkwasserversorgung fordert die Herstellung von keimarmem Wasser, nicht von sterilem. Und so erklärt Eckschlag auch die Sache mit dem Umweltkeim, der im August erstmals in Teilen des Verbreitungsgebiets festgestellt wurde. Lelliotia amnigena – der Name geht ihm inzwischen leicht über die Lippen. Offenbar war er durch die Wasseraufbereitungsanlage gerutscht. Nachgewiesen wurde er etwa in Sedimenten eines Hochbehälters.

„Dieser Keim“, so Eckschlag, „kommt mit sehr kargen Bedingungen zurecht.“ Für die allgemeine Bevölkerung sei er unbedenklich, für Hochrisikopatienten unter Umständen nicht. Durch umfassende Reinigung des Systems und Umbauten will der WTV dem Keim zu Leibe rücken. Auch wird das Wasser verstärkt gechlort – wie lange, steht noch nicht fest. Der WTV stimmt sich regelmäßig mit einer Expertenkommission ab, in der Vertreter aus Gesundheitsämtern, beteiligten Wasserversorgern sowie dem Hygiene-Institut der Uni Bonn sitzen. „Es gab schon seit Längerem keinen Positiv-Befund mehr“, berichtet der WTV-Geschäftsführer, dem an „optimaler Trinkwasserqualität“ gelegen ist.

Verband wurde 1953 gegründet

Zwei Jahre noch, dann geht er in den Ruhestand. Den Verband, der 1953 vom Siegkreis, von Siegburg, Stadt und Kreis Bonn sowie dem Siegburger Phrix-Werk gegründet wurde, sieht er gut aufgestellt. 170 Mitarbeiter hat der WTV, rund 20 Auszubildende sind dabei; die Aufgaben reichen bis zu Dienstleistungen für die Landwirtschaft, die im Einzugsgebiet der Talsperre gewässerschonend arbeiten soll.

2008 wurde die Außenhaut der Staumauer saniert, und in den vergangenen Monaten wurde ihr Fuß abgedichtet. Das mächtige Bauwerk steht auf Schiefer und Grauwacke. Über die Zeit hatten sich Risse gebildet, die nun gefüllt sind. Die Kosten für beide Sanierungen lagen bei insgesamt rund vier Millionen Euro. Als nächstes werden Grundablässe und Sicherheitsarmaturen erneuert, dafür sind 1,2 Millionen Euro vorgesehen. Eckschlag: „Wenn wir damit durch sind, haben wir für die nächsten Jahrzehnte Ruhe.“

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