Navigatoren fürs Berufsleben Schüler werden auf dem Weg in den Beruf unterstützt

Siegburg · Ob es um die berufliche Orientierung geht, die Hilfe bei der Ausbildungsplatzsuche oder Unterstützung beim Bewerbungsschreiben: Die "Paten für Ausbildung" begleiten Jugendliche in der schwierigen Zeit zwischen Schulabschluss und Ausbildung.

Michaela Harmeier und Julia sitzen im Zeitraum des evangelischen Zentrums für Diakonie und Bildung über Julias Schulordner gebeugt. Die nächsten Prüfungen am Berufskolleg Troisdorf stehen an und Harmeier möchte wissen, wie Julia mit dem Lernen vorankommt. Julia, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, und Michaela Harmeier bilden ein Tandem in dem Programm „Paten für Ausbildung“, kurz Pfau genannt. Das Projekt wird unter anderem von der Kinderstiftung Troisdorf finanziert.

Projektkoordinatorin Harmeier begleitet Julia bereits seit zwei Jahren. Damals besuchte die 17-jährige noch die Förderschule in Troisdorf, eine von sechs Partnerschulen, die eng mit dem Pfau-Programm zusammenarbeiten. Die anderen fünf Schulen sind die Förderschule Hennef, die Sekundarschule Eitorf, die Gesamtschule in Siegburg und die Real- und Hauptschule in Troisdorf. Seit dem vergangenen Jahr unterstützt Pfau zudem verstärkt Flüchtlinge.

Ziel des Programms ist die Begleitung der Jugendlichen in der Phase von der Schule in die Ausbildung. 2017 war das Projekt als eins von zwölf für den NRW-Engagementpreis nominiert. Die Initiative schaffte es unter mehr als Hundert Bewerbungen in die Endausscheidung, war letztlich aber nicht unter den Preisträgern. Dennoch habe die Nominierung viele wichtige Erfahrungen und neue Impulse gebracht, so die Projektkoordinatorin.

Die Paten unterstützen die Schüler bei Fragen rund um Bewerbungen und die berufliche Zukunft. „Ein Pate ist ein Stück weit ein Navigator“, so Harmeier. „Wir behalten das Ziel der Schüler im Auge und helfen bereits bei der Berufsfindung. Doch vor allem sind wir dafür da, den Jugendlichen Mut zuzusprechen, sich beruflich auszuprobieren und sich zu organisieren. Das ist auch nicht immer leicht, wir sind schließlich keine Lehrer und können schlechte Note verteilen oder das Taschengeld kürzen, wie die Eltern. Ein gewisses Maß an Zuverlässigkeit und Engagement müssen die Jugendlichen mitbringen.“

Bei Julia und Harmeier läuft die Zusammenarbeit von Beginn an sehr gut. „Julia ist pünktlich und organisiert“, schwärmt Harmeier von ihrem Schützling. „Wir verstehen uns sehr gut, sie kennt meine Familie und ich verstehe mich gut mit ihren Eltern. Zwischen uns ist dieser gewisse Zauber, nach dem wir suchen, wenn wir die Tandems zuordnen.“

„Damals ist meine Klassenlehrerin auf mich zugekommen und hat mir erzählt, dass ich für das Programm infrage komme. Auf einem Informationsabend konnten alle Schüler die Paten kennenlernen und anschließend einen Wunsch äußern“, erzählt Julia rückblickend über ihren Einstieg in das Pfau-Programm.

Harmeier, die hauptamtlich für das Programm arbeitet, erzählt, dass auch die Paten nach den Informationsabenden eine Vorauswahl treffen könnten.

Die Zuordnung der Tandems beruht auf Intuition und Erfahrung. Jeder Pate betreut durchschnittlich ein bis zwei Schüler gleichzeitig. In der Regel bleiben die Tandems bis zum Ende des ersten Ausbildungsjahres zusammen.

Einen großen Meilenstein, den Julia und Michaela Harmeier gemeinsam gemeistert haben, war der Sprung nach Julias Hauptschulabschluss auf der Förderschule in die Ausbildung auf dem Berufskolleg. Dort absolviert die 17-Jährige gerade ihren Realschulabschluss in Kombination mit einer Ausbildung zur Sozialassistentin. Im Sommer beginnt sie, ebenfalls am Berufskolleg Troisdorf, die spezialisierte Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Julia möchte später mit behinderten Kindern zusammenarbeiten.

Bei den Bewerbungen für die erforderlichen Praktika hat Michaela Harmeier sie unterstützt. „Mittlerweile habe ich Julias wichtigste Dokumente zu Hause bei mir auf dem Desktop“, erzählt sie. Zu Beginn haben ihre Treffen regelmäßig alle zwei Wochen stattgefunden. Heute ruft Julia ihre Patin je nach Bedarf an.

Harmeier ist eine von aktuell 40 aktiven Paten, die meisten arbeiten ehrenamtlich. Indes werden ständig neue Helfer gesucht. „Jeder kann bei uns Pate werden“, erzählt Harmeier. „Die einzigen Voraussetzungen sind Engagement, Zeit und Frustrationstoleranz.“ Die neuen Paten würden mit einer Schulung gut auf ihre Aufgabe vorbereitet, so die Projektkoordinatorin weiter. „Viele unterschätzen sich oft und sind der Meinung, dass sie nicht qualifiziert genug sind für die Tätigkeit, aber im Vordergrund stehen das Begleiten und das Aufmuntern. Jeder der sein Leben und den Einstieg ins Berufsleben gemeistert hat, hat die besten Voraussetzungen Pate zu werden.“ Da das Programm eine starke Männerpräsenz hat, sind besonders Frauen gesucht. Auch das Alter spielt keine Rolle. Die jüngste Patin ist 24, die ältesten befinden sich bereits im Rentenalter.

Auch Julia kann sich vorstellen, nach ihrer Ausbildung selbst einmal Patin zu werden. „Ich bin sehr froh, dass ich Michaela habe und die Unterstützung, die ich jetzt bekomme, möchte ich gerne weitergeben.“

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