28-Jähriger aus Siegburg Coco Vollgas tritt als Travestiekünstlerin auf

Siegburg · Eine pompöse schwarz-gelbe Schaumstoffperücke sitzt auf dem Kopf von Coco Vollgas. Ihr Beruf: Travestiekünstlerin. Hinter der Kunstfigur verbirgt sich ein 28-jähriger Siegburger.

 In voller Montur: Coco Vollgas liebt es schrill. Dahinter verbirgt sich ein 28-Jähriger Siegburger.

In voller Montur: Coco Vollgas liebt es schrill. Dahinter verbirgt sich ein 28-Jähriger Siegburger.

Foto: Holger Arndt

Die Mittagssonne scheint durch die Fenster des Bürgerstübchens. Groß sind die Räumlichkeiten nicht, neben der Bar haben gerade mal drei Stehtische Platz. Ein Großteil der kleinen Kneipe an der Johannesstraße wird von einer pompösen schwarz-gelben Schaumstoffperücke mit zahlreichen Locken ausgefüllt. Diese Perücke sitzt auf dem Kopf von Coco Vollgas – Beruf: Travestiekünstlerin. Hinter der Kunstfigur verbirgt sich ein 28-jähriger Siegburger.

Wer dahintersteckt? Das mag Coco Vollgas nicht preisgeben. Nur so viel: Das Alter Ego machte einst nach der Schule eine Ausbildung als Maler und Lackierer, arbeitet inzwischen aber hauptberuflich in einem Kölner Brauhaus – und verbringt am liebsten seine Zeit in hohen Schuhen und mit schrillen Perücken als Travestiekünstlerin.

Viele würden mit Ablehnung, Unverständnis oder sogar Beleidigungen darauf reagieren, erzählt der Siegburger, der entsprechende Erfahrungen gemacht hat. „Ich möchte, dass auch mein privates Ich wahrgenommen wird. Besonders aufgrund meines Hauptberufes möchte ich, dass die Menschen beide Personen ernst nehmen und klar voneinander trennen.“

Wette war Auslöser für Travestiekünstler-Karriere

Die Karriere als Travestiekünstlerin begann vor rund zehn Jahren mit einer Wette – geschlossen mit einer damaligen Trainerin im Karnevalsverein, in dem Coco Vollgas im wirklichen Leben seit der Kindheit tanzt. Worum es genau dabei ging, weiß Coco selbst nicht mehr. „Es muss was absolut Banales gewesen sein.“ Die Wette ging verloren. Der Einsatz war, im Frauenkostüm auf die Siegburger Prinzenproklamation zu kommen.

Zu der Wette gehörte außerdem, keinem von dem Vorhaben zu erzählen. So kam es schließlich dazu, dass der Siegburger als Frau verkleidet bei der Proklamation auftauchte und sich klammheimlich an den Tisch seines Vaters setzen wollte. Als dieser nur verdutzt hochschaute und erwiderte: „Hier ist schon besetzt, mein Sohn kommt gleich“, war die Figur Coco Vollgas geboren.

Nach diesem Ereignis begann Coco Vollgas, auf Veranstaltungen als Travestiekünstlerin aufzutreten. Das erste Kostüm, ein Salsa-Kleid, nähte eine damalige Freundin. Damit unterhielt sie das Publikum auf Hochzeiten, Geburtstagen und privaten Partys. Erst kürzlich trat sie sogar auf dem 90. Geburtstag einer Dame auf. Vor fünf Jahren saß Coco schließlich mit einem Freund aus der Siegburger Ehrengarde zusammen und beschloss, kurzerhand eine Show auf die Beine zu stellen.

120 Shows für 2019

„Seitdem explodieren unsere Ideen und das Geschäft“, so Coco Vollgas stolz. Für 2019 sind bereits 120 Shows gebucht. Das Team um die schrille Bühnenfigur besteht aus insgesamt 25 Personen, wovon zwölf alleine dafür zuständig sind, den Künstlern beim umziehen zu helfen. Das ist auch zwingend notwendig, da zwischen dem Kostümwechseln gerade mal rund zwölf Sekunden Zeit bleibt. Diese Wechsel probt das Team von Coco Vollgas regelmäßig. Denn die wichtigste Regel lautet: „Die Bühne darf niemals leer bleiben.“

Eine Show dauert rund 30 Minuten, in der Zeit erfolgen rund 25 Kostümwechsel. Der Fundus gibt das her, da Coco Vollgas zu Hause rund 500 Kostüme, 92 Perücken und 50 Paar Schuhe hat. Das teuerste Kostüm, bestehend aus einer Schaumstoffperücke und einem orange-rot-gelben Kleid mit einer vier Meter langen Schleppe, hat 1600 Euro gekostet.

Zwölf verschiedene Schneider sind für die Herstellung der Kleider zuständig, die aufwendigen Schaumstoffperücken werden gesondert hergestellt. „Die Kostüme und Perücken repräsentieren meine Gedanken“, erzählt sie. Da sich Coco von keinem Kostüm trennen kann, lagert alles zu Hause in Siegburg. Dort finden aktuell auch noch die Proben für die Show und die Vorbereitungen statt. Für Schminken rechnet der Künstler rund zwei Stunden ein. Die müssen es auch sein, denn privat trägt er einen Bart. Um all die Schminke, Schuhe und Kostüme unterbringen zu können, wurde das Ankleidezimmer erweitert.

Coco Vollgas will in Siegburg bleiben

„Siegburg ist meine Heimat, hier bin ich geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen. Hier möchte ich auch bleiben“, sagt Coco Vollgas, deren Erfinder erst kürzlich seinen Freund heiratete. Im Siegburger Stadtmuseum natürlich. Das Paar hat noch einige Pläne. Coco Vollgas wirft und Kopf mitsamt der Schaumstoffperücke mit den vielen Locken zurück. Eines Tages, davon träumt sie, will sie einen Travestieclub in Siegburg eröffnen.

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