Prozess am Siegburger Schöffengericht 14-jährige Siegburgerin zum Cannabiskonsum überredet

SIEGBURG · Einem 27-Jährigen wird unter anderem vorgeworfen, im Jahr 2014 Betäubungsmittel an eine damals 14-jährige Siegburgerin weitergeben zu haben.

Der Angeklagte ist seit langem rauschgiftsüchtig, er rauchte Cannabis und nahm Heroin und finanzierte seinen Drogenkonsum durch sogenannte Beschaffungskriminalität, sprich: durch Diebstähle etwa von Schnaps. Den verkaufte er, um sich vom Erlös Drogen zu kaufen. Eine Lehre zum Landschafts- und Gartenbauer hatte er vor Jahren abgebrochen, seitdem trieb er sich arbeits- und wohnungslos im Drogenmilieu herum.

Sein Auszug aus dem Bundeszentralregister umfasst mehrere Seiten: Diebstähle, Schwarzfahren, Drogendelikte begleiten seinen Lebensweg. Nun war er wieder angeklagt, schwarz gefahren zu sein und in Supermärkten in Siegburg und Hennef Schnaps geklaut zu haben. Und – weit schlimmer – im Jahr 2014 Betäubungsmittel an eine damals 14-jährige Siegburgerin weitergeben zu haben.

Dem Mädchen habe er nichts gegeben, behauptete er nun vor Gericht. Das Mädchen, als Zeugin anwesend, sprach indes nur wenig, konnte sich an viele Dinge nicht erinnern. So viel: Nach drei oder vier Monaten einer „Beziehung“ zu dem Angeklagten habe sie der Sache ein Ende gemacht, weil ihrer Mutter aufgefallen war, dass der Mann drogenabhängig war. Er habe sie zum Stehlen angestiftet, und sie habe Cannabis geraucht, nachdem er sie „lange überredet“ habe. Der Angeklagte habe ihr Alter gekannt, aber letztlich habe sie nur drei, vier oder fünf Mal Cannabis geraucht. „Dann hat der Angeklagte Sie wohl wie eine Marionette gesteuert“, meinte Richter Rudat. Hintergrund war wohl, dass das Mädchen stolz war, einen älteren Mann als Freund zu haben.

Aber als er ihr Handy im Dezember 2014 stahl, zeigte sie ihn an und machte Schluss. Dass die Sache überhaupt aufgeflogen ist, lag an einem Polizeieinsatz im Juli 2014. Da waren die beiden in ein ehemaliges Hotel in Siegburg eingedrungen, um dort zu nächtigen. Bei der Vernehmung hatten die Beamten 0,1 Gramm Heroin bei dem Angeklagten gefunden, bei dem Mädchen nichts.

Der Angeklagte gab zu Protokoll, er habe das Mädchen nie zum Drogenkonsum gezwungen. Dass sie das mitgemacht habe, habe offenbar an einer Art „Gruppenzwang“ in der Umgebung des Drogenabhängigen gelegen. Auf Vorschlag des Gerichtes wurden die Anklagevorwürfe in Sachen Schwarzfahrt und Diebstähle zurückgenommen.

In der Angelegenheit der Drogenweitergabe an das minderjährige Mädchen plädierte Staatsanwalt Matthias Borgfeld jedoch für eine hohe Haftstrafe. Einen minderschweren Fall sehe er nicht. Er plädierte auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren als tat- und schuldangemessen.

Verteidiger Bernd Arnold indes hielt dagegen, man müsse auch das „Zusammensein“ dieser beiden Menschen würdigen und den Lebenssachverhalt berücksichtigen. Der damals hochgradig abhängige Angeklagte sei doch überwiegend berauscht und somit vermindert schuldfähig gewesen. Maximal sechs Monate Freiheitsstrafe seien das Höchstmaß, es handele sich um einen minderschweren Fall. Das Gericht zog sich nach den Plädoyers zu einer umfangreichen Beratung zurück.

Den Antrag des Staatsanwalts hielt Richter Rudat für „deutlich übertrieben“. Weil es nur geringe Mengen waren, die konsumiert wurden, und der Angeklagte bei noch längerem Freiheitsentzug keine Chance auf eine Therapie habe, verurteilte das Gericht ihn zu der besagten Freiheitsstrafe.

Das Gericht ließ allerdings die Möglichkeit offen, eine Aussetzung des Strafvollzuges für das neue Urteil zu beantragen, um dem Mann die Möglichkeit zu geben, sich einer Entziehungsmaßnahme zu unterziehen.

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