Hauptschulen im Rhein-Sieg-Kreis „Wir sind ein großes Auslaufmodell“

Rhein-Sieg-Kreis · Der Schulfrieden in Nordrhein-Westfalen hat die Schullandschaft des Rhein-Sieg-Kreises stark verändert: Von 20 Hauptschulen im Rhein-Sieg-Kreis laufen 16 aus.

 Einmal in der Woche arbeitet Annegrit Simon-Wagenfeld mit den Kindern (v. links) Nermin, Sydra und Mohammed.

Einmal in der Woche arbeitet Annegrit Simon-Wagenfeld mit den Kindern (v. links) Nermin, Sydra und Mohammed.

Foto: Foto: Martina Welt

„Viele Schüler werden auf der Strecke bleiben“, sagt die Rektorin der Siegburger Ganztagshauptschule im Schulzentrum Neuenhof, Anna-Maria Steinheuser. Auf Beschluss der Stadt Siegburg wird ihre Hauptschule geschlossen.

In zwei Jahren verlassen die letzten Abgänger die Schule. Das Ende bedauert Steinheuser sehr. Trotzdem wolle die Schule bis zum Ende fachlich auf einem hohen Niveau bleiben. „Wir sind ein recht großes Auslaufmodell. Voraussichtlich wird unser letzter Jahrgang noch 80 Schüler haben“, erklärt Steinheuser. So könnten auch viele Lehrer bis zum Schluss bleiben. Derzeit besuchen 238 Schüler die Hauptschule am Neuenhof. Die Zahl ist sogar laut Schulleiterin wegen der Flüchtlingskinder in den letzten zwei Jahren gestiegen. Die Schule legt großen Wert auf Inklusion. „Flüchtlingskinder werden wir auch noch bis zum Schluss aufnehmen“, betont Steinheuser. Schülerin Fatime besucht einen Alphabetisierungskurs. Sie geht gerne in den Unterricht: „Die deutsche Sprache ist nicht schwer, aber das viele Üben.“

Schulleiterin Steinheuser setzt darauf, Flüchtlingskinder in Klassenverbänden unterzubringen. So sind jeweils fünf zugewanderte Schüler in Klassen von etwa 25 Schülern anwesend. Die kleinen Klassenverbände seien ein großer Vorteil der Hauptschule gegenüber Gesamtschulen, meint Steinheuser.

CDU, SPD und Grüne verständigten sich im Jahr 2011 in Düsseldorfer im Schulfrieden auch darauf, Hauptschulen aus der Verfassung zu streichen. Stattdessen sollen vermehrt Sekundarschulen und Gesamtschulen gegründet werden. „Die Nähe, die wir zu den Kindern haben, wird vielen Schülern sehr fehlen“, glaubt Steinheuser. Ein besonderes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, merke man vor allem an der verstärkten Nachfrage an der schulischen Sozialbetreuung, so die Rektorin. Der Sozialarbeiter verlässt zum Ende diesen Schuljahres die Hauptschule. „Es ist schon ein seltsames Gefühl, immer mehr zu schrumpfen“, sagt Steinheuser. Die Schulatmosphäre würde dadurch sehr familiär. Das fällt auch Schülerin Serin auf: „Es ist besser, dass wir gerade so wenige sind. Alles ist viel stiller.“

Auf kleine Klassen setzt auch die Hauptschule in Sankt Augustin Niederpleis unter der Leitung von Susanne Schleebaum. Ihre Schule bleibt im Gegensatz zur Siegburger bestehen. In Klassen von 18 bis 25 Schülern könne man sich gut um die rund 350 Schüler kümmern, meint Schleebaum. Sie ist stolz auf ihre Schule: „Wir sind ein starkes System mit tollem Personal.“

Die junge Lehrerschaft trage vor allem dazu bei, dass sich die Schule ständig entwickele. So ist neben den kleinen Klassen auch das Team-Teaching eine besondere Stärke der Hauptschule. Damit ist die Doppelbesetzung von Lehrpersonal im Unterricht gemeint. Das helfe auch bei der Inklusion der Flüchtlingskinder, so Schleebaum.

Insgesamt 72 Flüchtlingskinder werden betreut. Henrike Tomczyk ist Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache in der Hauptschule: „Ich unterrichte spielerisch – mit Zeigen, Hören und Bewegen.“ In einem Bingo-Spiel lernen die Kinder beispielsweise Zahlen auf deutsch. Ein großes Angebot ermöglicht den Schülern, ihre unterschiedlichen Talente auszubauen: Am Nachmittag können Schüler sich etwa im Catering oder in der Kunst ausleben. „Unser Programm ist sehr stark an der Berufsbildung orientiert“, erklärt die Rektorin. Eine Ausbildung sei das Ziel für die meisten Hauptschüler.

Jaqueline, derzeit in der siebten Klasse, macht gerade ein Praktikum in einem Drogeriemarkt: „Das Praktikum zeigt mir, dass ich das später nicht machen möchte. Vielleicht ist Catering etwas für mich.“ Mit Praktika und Berufswahlunterricht hilft die Schule den Kindern, ihre Stärken kennenzulernen. „Die Lehrer nehmen unsere Schüler an die Hand und begleiten sie bis zur Ausbildung“, sagt die Rektorin. Das könne nur die Hauptschule leisten.

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