Kreispolizeibehörde in Siegburg Ärger um Zuständigkeiten

Siegburg · Landrat und Polizei wollen die Kommunen bei Ordnungseinsätzen stärker in die Pflicht nehmen. Mitarbeiter der Ordnungsämter sollen statt Polizisten etwa bei Ruhestörungen rausfahren. Bürgermeister kritisieren die Pläne.

 In Siegburg ist das Ordnungsamt heute schon präsent: Horst Schulze (rechts) mit sichergestellten Soft-Air-Waffen an Karneval.

In Siegburg ist das Ordnungsamt heute schon präsent: Horst Schulze (rechts) mit sichergestellten Soft-Air-Waffen an Karneval.

Foto: Holger Arndt

Der Nachbar nervt am Sonntag mit seinem Rasenmäher, die Ausfahrt ist zugeparkt, jemand hat seinen Müll in die Landschaft gekippt. Die Polizei muss her. Oder etwa nicht? Ob die Siegburger Polizei künftig noch zu solchen ordnungsrechtlichen Angelegenheiten rausfährt oder ob die Kommunen rund um die Uhr Mitarbeiter des Ordnungsamtes vorhalten müssen – darüber ist ein Streit entbrannt. Landrat Sebastian Schuster, zugleich Leiter der Kreispolizeibehörde Siegburg, will die Kommunen stärker beteiligen. Die Bürgermeister reagieren teilweise abwehrend, schon aus personellen Gründen. Ein Gespräch am 20. Dezember soll Klarheit bringen.

Das Thema sei schon seit Jahren in der Diskussion, sagt Burkhard Rick, Sprecher der Kreispolizeibehörde. Diese deckt den rechtsrheinischen Kreis ohne die Städte Königswinter und Bad Honnef ab, die wie das linksrheinische Kreisgebiet zum Polizeipräsidium Bonn gehören. „Wir möchten uns mehr auf die Kernaufgaben konzentrieren“, sagt Rick mit Blick auf Themen wie Terrorgefahr, die Absicherung von Flüchtlingsunterkünften und das Sicherheitsbedürfnis der Bürger. „Wir bekommen häufiger Anfragen, ob man denn noch sicher auf den Weihnachtsmarkt gehen kann.“ Zwar wolle das Land pro Jahr 2000 neue Polizisten einstellen. Doch davon profitiere die Kreispolizeibehörde nicht so stark wie größere Städte – und wenn, dann erst in Jahren, wenn die Polizisten ausgebildet seien. Die Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz umfasst derzeit etwa 200 Beamte.

Es sei denn, es wird brenzlig

Deshalb will sich die Polizei jener Einsätze entledigen, die formal in der Zuständigkeit der Ordnungsbehörden liegen. Klassisches Beispiel: Ruhestörung. Wenn das Ordnungsamt nicht oder nicht direkt in der Lage ist, diese Fälle zu bearbeiten (etwa nach Feierabend oder an Wochenenden), rückt der Streifenwagen aus. 2016 sind laut Rick bislang 6000 bis 8000 Einsätze angefallen, die unter das Ordnungsrecht fallen. Das wollen Schuster und die Polizei am liebsten ganz den Kommunen überlassen – es sei denn, es wird brenzlig. „Nur bei 0,1 Prozent der Einsätze gibt es Widerstand“, sagt Rick, „in diesen Fällen werden wir natürlich kommen.“ Beim Polizeipräsidium Bonn werde es längst so praktiziert.

Bestätigt sehen sich Schuster und die Polizei auch durch die Rechtsprechung der vergangenen Jahre. Der Landrat erörterte das Thema mit den elf betroffenen Bürgermeistern. „Als ich das Gefühl hatte, dass wir zu keiner Lösung kommen, habe ich gesagt: 'Dann müssen wir eben nach Rechtslage vorgehen'.“ Ein entsprechendes Schreiben an die Verwaltungschefs sorgte postwendend für Kritik. Die Kommunikation sei nicht optimal gelaufen, räumt Schuster inzwischen ein. Zu den Kritikern der angedachten Aufgabenteilung gehört Hennefs Bürgermeister Klaus Pipke: „Das ist angesichts der Herausforderungen, die wir Kommunen zu bewältigen haben, ein falsches Signal zur falschen Zeit“, sagte er dem GA. Gerade die Ordnungsämter seien durch die Aufnahme der vielen Flüchtlinge „bis zum Anschlag belastet“ gewesen.

Auf Partnerschaft setzen

Pipke fordert eine „gelebte Ordnungspartnerschaft“, ein Geben und Nehmen ohne Pochen auf Zuständigkeiten. Letzteres könne er genauso gut: Denn auch die Stadt Hennef liefere mit ihren Ämtern oder der Freiwilligen Feuerwehr Unterstützung – auch da, wo andere Behörden zuständig seien. Diese Bereitschaft stellt Pipke nun infrage. Sein Eitorfer Amtskollege Rüdiger Storch hält es für undenkbar, rund um die Uhr Verwaltungsmitarbeiter vorzuhalten: „Wir müssten personell aufrüsten, um das leisten zu können. Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll“, sagte er mit Blick auf die Haushaltsprobleme der ländlichen Gemeinde. Und: „Gerade nachts sind die Einsätze robuster, teilweise ist Alkohol im Spiel. Für solche Fälle ist die Polizei ausgebildet, anders als Verwaltungsmitarbeiter.“ Diese tragen auch keine Pistole.

Eine Kommune, in der der Ordnungs-Außendienst heute schon präsent und anerkannt ist, ist Siegburg. In der Kreisstadt sind acht Vollzeit- und vier Teilzeitmitarbeiter sowie vier Politessen unterwegs. „Wir machen in diesem Bereich schon sehr viel“, sagt Sprecher Wolfgang Hohn. Doch wenn die Polizei mehr Einsätze an die Stadt abgebe, hätte das auch für Siegburg Konsequenzen – hinsichtlich Personal und Ausstattung. „Wir warten jetzt die Gespräche ab“, so Hohn. Schuster signalisiert indes Entgegenkommen – zum Beispiel hinsichtlich einer Übergangsfrist. Die Polizei bietet zudem an, Verwaltungsmitarbeiter speziell zu schulen.

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