"Hypoplastische Herzen Deutschland e.V." Verein hilft Familien, mit dem Herzfehler ihrer Kinder zu leben

SANKT AUGUSTIN · Nach dem Schock kommt die Angst, und sie bleibt und nährt die Zweifel: "Wir dachten, wir sind alleine und haben nichts verstanden", beschreibt Katarzyna Gleimann ihre Gefühlslage vor über neun Jahren, als sie in der 24. Schwangerschaftswoche die niederschmetternde Diagnose HLHS (Hypoplastisches Linksherz-Syndrom) bekam.

 Leben mit dem anderen Herzen, dabei helfen (v.l.) Birgit Höveler, Dari und Katarzyna Gleimann.

Leben mit dem anderen Herzen, dabei helfen (v.l.) Birgit Höveler, Dari und Katarzyna Gleimann.

Foto: Martina Welt

Der komplexe Herzfehler ihres Sohnes Vincent kam noch wenige Jahre zuvor einem Todesurteil gleich. Bis zur 40. Schwangerschaftswoche haben Eltern auch heute noch die Option, nach dieser Diagnose eine Abtreibung vorzunehmen.

Sehr schnell war jedoch für Familie Gleimann klar, dass ihr Kind eine Chance zu leben bekommen sollte, und heute ist Vincent ein "fröhlicher, glücklicher Junge", beschreibt ihn seine Mutter. Der Weg dorthin war schwer. Neben den drei Operationen am Herzen hat Vincent bis heute schon mehr als zehn OPs hinter sich gebracht. "Ich fange erst jetzt an, das alles zu verarbeiten", sagt seine Mutter. Sie weiß, wovon sie spricht, ebenso wie Birgit Höveler, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins "Hypoplastische Herzen Deutschland e.V.".

Sie war Intensivpflegekraft und gehörte vor mehr als zehn Jahren zu einem herzchirurgischen Team, das ein internationales Operationszentrum in Eritrea aufbaute. Bei einem Hilfseinsatz 2003 lernte sie den damals sieben Monate alten Dari kennen. Er hatte ein sogenanntes hypoplastisches Rechtsherz-Syndrom (KRHS) und wurde in Deutschland operiert.

Zwar kehrten Mutter und Sohn Monate nach der OP nach Eritrea zurück, aber schon 2004 musste Dari erneut in Deutschland operiert werden. Dari konnte wegen auftretender Begleiterkrankungen nicht nach Eritrea zurück, und die Eltern baten die Krankenschwester, ihren Sohn in Pflege zu nehmen. Dari hat heute - nach langem Kampf - den Status eines Pflegekindes.

Seine Pflegemutter hat ihre Arbeit als Intensivkrankenschwester zwischenzeitlich aufgegeben, um so die Zeit für eine optimale Betreuung zu haben. Schon vor der Vereinsgründung hat Höveler betroffenen Familien mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Die Krankenschwester hat sich auf diesem Gebiet fortgebildet und ist in allen medizinischen Fragen die Ansprechpartnerin des Vereins.

"Nur nebenher den Familien der herzkranken Kinder zu helfen, ging nicht mehr, wir brauchten einen Rahmen." Den gibt der Verein "Hypoplastische Herzen Deutschland", der am 29. Dezember 2012 gegründet wurde. Zuhören, die Eltern ernst nehmen und ihnen ihre Angst nehmen, sind die vordringlichsten Aufgaben.

"Natürlich geben wir keine Tipps, in welche Klinik die Eltern mit ihren Kindern gehen sollen." Allerdings zeigen die Mitglieder schon auf, wo es besonders intensive Erfahrungen mit Operationen an den winzigen, ungefähr haselnussgroßen Herzen der Neugeborenen gibt, und da ist Sankt Augustin hinter Kiel ganz weit vorne.

Nach der ersten OP, die ungefähr zehn Tage nach der Geburt ansteht, beginnen die "Achterbahn der Gefühle" und der "Kampf ums Überleben". Dabei sollen die Betroffenen nicht alleine bleiben, Kontakte zu betroffenen Familien in Wohnortnähe werden vermittelt, "und wir sind da und hören zu, wann immer wir gebraucht werden", berichten beide über ihre Arbeit, die inzwischen zum Vollzeit-Job wurde. Ein großes Ziel wäre es für den Verein, eine vorgeburtliche Begleitung der Eltern im günstigsten Fall mit finanzieller Unterstützung der Krankenkassen zu etablieren. Auch eine sozialmedizinische Nachbetreuung gehört zu den Visionen des Vereins.

Nur rund 300 Kinder werden deutschlandweit im Jahr mit diesem schweren Herzfehler geboren. Als Gesprächspartner versuchen die aktiven Helfer im Verein eine Gesprächsebene zu finden, die auch die Eltern verstehen und da zu sein, um Antworten auf die vielen Fragen der Eltern zu finden.

Die immer wiederkehrende Frage nach dem Warum hat Katarzyna Gleimann für sich auch schon beantwortet: "Vincent hat uns ausgesucht, weil wir es schaffen werden, das durchzustehen. Wir haben unser Kind Vincent getauft - das bedeutet Sieger."

Der Verein "Hypoplastische Herzen Deutschland"

  • Gegründet: Dezember 2012, aktuell rund 40 Mitglieder.
  • Vereinsziel: Die Eltern, deren Kinder mit einem komplexen Herzfehler geboren wurden, sollen ab der Diagnose begleitet werden. Diese Begleitung soll von den Krankenkassen finanziert werden.
  • Termin: Die Weihnachtsfeier findet am 7. Dezember auf dem Krewelshof in Lohmar statt.
  • Kontakt: Birgit Höveler, 02208/770033
  • Weitere Infos gibt es im Internet auf www.hypoplastische-herzen-deutschland.de.
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort