Radfahren in Sankt Augustin So mancher Weg endet im Nichts

Sankt Augustin · Die milden Temperaturen locken immer mehr Menschen aufs Fahrrad. Der GA hat die Fahrradfreundlichkeit Sankt Augustins getestet. Sanierungsbedarf auf vielen Wegen.

Ich bin noch nie mit dem Fahrrad durch Sankt Augustin gefahren. Die Kreuzung Mendener/Bonner Straße (B 56) unweit der Siegbrücke kenne ich daher nicht. Zumindest als Radfahrer. Schnell stelle ich aber fest: Wer hier von der Mendener Straße kommend abbiegen möchte, steht als Radfahrer in jeder Richtung vor Problemen. Rechts in Richtung Zentrum ist die Auffahrt auf den getrennten Rad- und Fußgängerweg mehr schlecht als recht gelöst. Aufgeschütteter Beton führt den hohen Bordstein hinauf. Wer nach links in Richtung Siegburg abbiegen möchte, weiß nicht, wie er sich korrekt zu verhalten hat. Denn der Radweg von der Mendener Straße endet im Nichts. Wer hier nicht aufpasst, landet schnell mitten im Autoverkehr. Ein Rüberkommen auf den Radweg ist dann aufgrund eines Grünstreifens unmöglich. Wer abbiegen möchte, muss vielmehr geradeaus fahren und dann den Fußgängerüberweg nehmen.

Ich entscheide mich für rechts. Mein Weg führt weiter über die B 56 – auf zum Teil vorbildlich ausgebautem, breitem Radweg – zur Kreuzung an der Südstraße. Besonders irreführend hier: Die Beleuchtung der Ampel suggeriert, Radfahrer sollen die Kreuzung am Fußgängerüberweg überqueren, gleichzeitig ist aber ein Schutzstreifen für Radfahrer auf der Straße. Zurück bleibt ein Radfahrer, der nicht genau weiß, wo er die Kreuzung überqueren soll. Ich bleibe auf der Straße.

In Höhe der Ost-West-Spange lässt es sich auf dem kombinierten Geh- und Radweg an der B 56 entlang wunderbar fahren. Um gar einen getrennten Geh- und Radweg zu installieren, reicht laut Stadtpressesprecherin Eva Stocksiefen die Breite allerdings nicht aus. „Da hier nur wenig Fußgänger unterwegs sind und die Radfahrer hauptsächlich direkt an der Bahnstrecke entlangfahren, ist das auch nicht nötig.“

Meine Tour geht schließlich weiter auf der Hennefer Straße, eine der Hauptverkehrsachsen Sankt Augustins. Ich fahre in Richtung Niederpleis. Vielmehr ist es jedoch ein Hüpfen, denn der gemischte Geh- und Radweg gleicht einer Buckelpiste und ist übersät von Wurzelschäden. Zudem, so scheint es auf den ersten Blick, endet er im Nichts. In Höhe des Zedernwegs führt er auf die andere Seite. Dort gleicht der Weg zwar auch einem Flickenteppich, ist aber immerhin etwas breiter. Während die Schilder, die vor Straßenschäden warnen, hervorstechen, bedarf es bei den Richtungsschildern eines genaueren Blickes. Die einst rote Farbe der Ortsnamen ist verblasst. An der Tankstelle in Höhe der Einmündung Am Eichelkämpchen endet der Radweg plötzlich – jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als auf der Straße weiterzufahren.

Ich kehre um und fahre auf gleichem Wege auf die Arnold-Jansen-Straße zurück. Vorbei an Polizeiwache und Asklepios Klinik führt am rechten Fahrbahnrand ein gemischter Geh- und Radweg in Richtung Menden. Er ist in beide Fahrtrichtungen freigegeben und schon jetzt gut besucht. Da treffen Schüler auf Mütter mit Kinderwagen, ein Rennradfahrer schlängelt sich hindurch. Was hier im Sommer los ist, wenn die Menschen in Richtung Freibad pilgern, mag ich mir kaum vorstellen.

Angekommen in Menden, fahre ich über die Meindorfer Straße. In Richtung Meindorf ist hier ein Schutzstreifen für Radfahrer auf der Straße angebracht, der keine Fragen offen lässt. In die andere Richtung allerdings nicht. Mir bleibt nichts anderes übrig, als im Strom der Autos mitzuschwimmen oder auf dem nur für langsame Radfahrer freigegebenen Gehweg zu fahren. Wie Ulrich Kalle, Ortsgruppenvorsteher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Sankt Augustin, mitteilt, wurde hier eine Kompromisslösung gefunden: „Die Straße ist nicht breit genug, um an beiden Seiten Schutzstreifen zu markieren.“

Ehe ich meine Tour beende, fahre ich über die Rathausallee zurück in Richtung Zentrum. Wer zwischen dem Kreisel am Europaring und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg mit mehr als höchstens sieben Stundenkilometern fahren möchte, muss auf der Straße fahren. Da diese viel und durchaus zügig befahren wird, ist das eigentlich keine Option. Der Gehweg, der teilweise aus alten Platten besteht, aber auch nicht wirklich. Meine Tour endet und ich stelle fest, dass für Radfahrer in Sankt Augustin noch viel getan werden kann.

Das sieht auch Kalle so: „In den letzten Jahren hätte mehr gemacht werden müssen, vieles ist verfallen. Handlungsbedarf besteht auch an ortsteilverbindenden Gebieten oder der Mülldorfer Ortsdurchfahrt (B 56).“ Eva Stocksiefen blickt voraus: Unter anderem soll die Dornierstraße zur Fahrradstraße werden, die Verkehrsführung der B 56 zwischen dem Sankt Augustiner Ortseingang von Siegburg kommend und Sankt Augustin Ort komplett überplant werden. „Gut und vor allem sicher nutzbare Radwege stehen bei uns natürlich immer im Fokus“, sagt sie. Reparaturen an vorhandenen Radwegen würden aufgrund der angespannten Haushaltslage der Stadt in erster Linie an unfallträchtigen Stellen vorgenommen. Mein Eindruck nach der Tour ist aber auch, dass an vielen neuralgischen Punkten Probleme auch mit gegenseitiger Rücksichtsnahme behoben werden können. Und das sollte doch oberstes Gebot im Straßenverkehr sein. Für alle Verkehrsteilnehmer.

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