Augustiner Köpfe Seit 70 Jahren engagiertes Mitglied

Sankt Augustin · Als Peter Fußhöller 1945 aus Kriegsgefangenschaft in „sein Dorf“ zurückkehrte, gab es vor allem eines: die Vereine. Sie versprachen Geselligkeit und gemeinsame Aktivität und fast jeder im Dorf war irgendwo Mitglied.

 Peter Fußhöller mit einem Foto des Hauses, das von seinem Großvater erbaut wurde.

Peter Fußhöller mit einem Foto des Hauses, das von seinem Großvater erbaut wurde.

Foto: Foto: Martina Welt

Fußhöller entschied sich für den Männergesangverein „Lebenslust“ und die Handballer im TuS Niederpleis. In beiden Vereinen ist er seit mehr als 70 Jahren Mitglied, bis vor wenigen Wochen verpasste er keine Chorprobe.

Fußhöller erinnert sich, dass es zwar auch noch den Kirchenchor gab, aber der Männergesangverein reizte ihn mehr. „Die wussten alle, dass ich singen konnte, und haben mich gefragt ob ich mitmachen will“, sagt er. Bass war seine Stimmlage. Die rund 40 Mitglieder sangen überwiegend klassische Chormusik. Sehr bald schon erweiterte sich das Repertoire der „Lebenslust“.

„Ich weiß noch, wie ich als kleines Mädchen gestaunt habe, als ich bei dem alljährlichen Weihnachtskonzert meinen Vater englische Stücke singen hörte“, berichtet Tochter Martina Fußhöller. Dass der Chor auch Profis hervorbrachte, ist dem 88-Jährigen ganz wichtig. „Pleesens Mattes“, ist sein Stichwort, wenn er an Matthias Pleis denkt, der von Niederpleis aus eine Karriere startete und später vom Opernchor in München engagiert wurde. Peter Fußhöller zog es nie in die weite Welt hinaus. Sehr tief sind die Wurzeln in seinem Dorf Niederpleis, wo er als Gärtner zunächst Gemüse, später selbst gezogene Blumen verkaufte.

Geblieben ist das Blumengeschäft an der Paul-Gerhard-Straße, das heute von seiner Tochter Martina geführt wird. Sie wohnt im Fachwerkhaus ihrer Urgroßeltern, das sie 1859 an der damaligen Geschäftsstraße in Niederpleis, der Siegburger Straße, errichteten. Jakob Fußhöller, der Vater von Peter Fußhöller, hat Spuren als Bürgermeister von Niederpleis hinterlassen. Daran erinnert der Jakob-Fußhöller-Platz.

Gearbeitet hat er bei den Troisdorfer Mannstaedt-Werken. Bevor Jakob Fußhöller sein Haus direkt vor dem elterlichen an die heutigen Paul-Gerhardt-Straße baute, gab es an dieser Stelle eine Gartenparzelle, wo er Gemüse angebaut hat. „Das hat mich immer fasziniert und ich habe meinem Vater sehr gerne geholfen“, sagt Peter Fußhöller. Später habe er dann in Mistbeetkästen Gemüse gezogen, der Mist sei von einem nahe gelegenen Bauern angeliefert worden.

Der Grundstein für seinen Beruf war gelegt. „Ich wollte gerne draußen sein und habe mich deshalb für den Beruf des Gärtners entschieden“, sagt Peter Fußhöller. Er hätte sich auch vorstellen können, als technischer Zeichner zu arbeiten, denn eine weitere Passion war das Zeichnen von Tieren, Personen oder Blumen. Nach dem Krieg beendete er seine Ausbildung und arbeitete in einer Troisdorfer Gärtnerei. „Nach der Währungsreform 1948 hatte ich weder Arbeit noch Geld“, beschreibt er seine Situation. Ihm sei nichts übrig geblieben, als sich selbstständig zu machen.

Zunächst wurden die Pflanzen direkt aus dem Treibhaus an die Kunden verkauft. Im Winter bot er Weihnachtsbäume an, die Fußhöller bis in die 60er Jahre selbst im Wald schlug. In den 70er Jahren war die Calla als Blume sehr in Mode. „Ich hatte ein ganzes Gewächshaus voller Callas“, schwärmt er.

Auch heute sei die Pflanze mit der charakteristischen trichterförmigen Blüte in Brautsträußen wieder sehr gefragt, weiß seine Tochter. Alpenveilchen, Primeln oder Flieder in Töpfen waren zudem beliebte Pflanzen der damaligen Zeit. „Man wollte schon im Winter die Fliederblüten genießen“, sagt Fußhöller, der sich daran erinnert, dass selbst der Pastor zu Weihnachten die Kirche mit Flieder schmückte.

Bis vor zwei Jahren stand Peter Fußhöller noch mit seiner Tochter im Laden und hat ausgeholfen. Gesungen hat er noch bis Weihnachten. Für den 88-Jährigen bietet sein Dorf Niederpleis die Geborgenheit, in der er sein gesamtes Leben verbracht hat. Fußhöllers großer Wunsch: „Ich will noch einmal singen gehen, gegenüber ins Nachbarschaftshaus, wenn es mir wieder besser geht.“

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