Polizei kontrolliert Radfahrer Schluss mit dem „Geisterradeln“ in Sankt Augustin

Sankt Augustin · Stadt änderte die Wege für Radfahrer im Zentrum nach zahlreichen Unfällen 2016. Es heißt nun „zurück zur Straße“. Außerdem sollen Radler nur noch in Fahrtrichtung rechts unterwegs sein. Aan der Rathausallee und der Südstraße klären Polizisten die Radfahrer auf.

Wer als Radfahrer in Sankt Augustin unterwegs ist, hat es zuweilen nicht leicht, wie der GA-Selbstversuch (siehe Ausgabe vom 1. April) zeigte. Im Stadtzentrum fielen insbesondere die Südstraße und die Rathausallee auf. Dort hatte es in den vergangenen Jahren zahlreiche Fahrradunfälle gegeben. Im September 2016 wurde eine Radfahrerin getötet.

Nun hat die Unfallkommission, in der Polizei, Straßenverkehrsamt und die Kommunen Unfallstellen der letzten drei Jahre analysieren, reagiert. Die Verkehrsführung für Radfahrer wurde geändert: Auf der Südstraße fahren Radfahrer Richtung Bonner Straße nun am rechten Fahrbahnrand. Die Nutzung des Radwegs auf der Südarkaden-Straßenseite ist nur noch Richtung Hochschule erlaubt. A

m Kreisverkehr gilt: Wollen Radfahrer ihn nutzen, dann auf der Fahrbahn. Die bisherige Freigabe der GehwegMitbenutzung für langsame Räder ist im Kreisel weggefallen und nur noch auf dem Gehweg zwischen Kreisverkehr und der Einmündung „Im Spichelsfeld“ vorhanden. Im Kern gehe es darum, Radverkehr nur noch in Fahrtrichtung auf der rechten Seite zu führen und, sofern möglich, dies auf der Straße zu tun, erklärt Polizeihauptkommissar Karsten Rahr von der Führungsstelle der Direktion Verkehr der Polizei Rhein-Sieg: „An diese Regelung müssen sich Radfahrer gewöhnen, aber auch Autofahrer, die sich fälschlicherweise über den Radfahrer auf der Straße ärgern.“

Prävention durch Information, das war am Montag das Gebot der Stunde. Gemeinsam mit sieben Kollegen führte Einsatzleiterin Polizeihauptkommissarin Nina Wick eine der monatlichen Schwerpunktkontrollen an besagtem Kreisverkehr durch: „Wir informieren heute nur, erteilen zunächst keine Verwarnungen, erklären die Beschilderung und werben dafür, die Strecken, die man regelmäßig fährt, einmal ganz bewusst zu fahren und wirklich, wie beim Autofahren auch, auf die Beschilderung zu achten.

“ Für die Polizeibeamten bedeutete das Arbeit im Akkord. Im Sekundentakt kamen Radfahrer aus allen Richtungen. Das Gros fährt trotz Polizeipräsens nahezu selbstverständlich über den Zebrastreifen und bremst dabei Autos aus. Auch der nun allein den Fußgängern vorbehaltene Gehweg wird unbeeindruckt von Schildern und Polizei mit dem Rad befahren – und das in alle Richtungen. „Gerade die Nutzung entgegengesetzt der Fahrtrichtung, die bis zuletzt auf der einen Seite der Südstraße sogar erlaubt war, ist unglaublich gefährlich“, sagt Polizeihauptkommissar Karsten Rahr aus langjähriger Erfahrung: „Als Autofahrer, der abbiegen oder sich in den Verkehr einfädeln will, nehmen sie den von rechts kommenden Radfahrer auf der eigenen Straßenseite nicht wahr.“

Das bestätigen die Karten der Unfallstellen bei der Verkehrsunfallkommission: An den Einmündungen der Südstraße wimmelt es von Markierungen, die für verunfallte Radfahrer der letzten drei Jahre stehen.

Autofahrer halten selten Mindestabstand ein

„Auf der Straße fühlt man sich subjektiv vielleicht unsicherer, auch weil Autos den Mindestabstand von 1,5 Metern beim Vorbeifahren selten einhalten. Tatsächlich belegen aber alle Studien und Statistiken das Plus an Sicherheit, weil man direkt im Fokus des Autofahrers ist. Gerade bei Kreuzungen, bei denen Autofahrer abbiegen, ist das Radeln auf der Fahrbahn ein großer Sicherheitsvorteil“, lautet das Resümee des Polizisten, der diese Aussage auch mit Unfalldaten von der Alten Heerstraße belegt.

Rahr weiß aber auch: „Das ist nun ein schwieriger Lernprozess für Radfahrer und Autofahrer gleichsam, denn jahrelang hat man gepredigt, dass Radfahrer innerorts auf den freigegebenen Geh- oder Radweg gehören. Jetzt geht es, sofern möglich, zurück auf die Straße.“ Am Kreisverkehr an der Rathausallee Ecke Südstraße sind viele Radfahrer vom Paradigmenwechsel zurück zur Straßennutzung überrascht.

„Die Autofahrer wissen das nicht und hupen und schimpfen“, äußerte ein Radfahrer. „Ein Argument, das wir sicher noch lange hören werden“, so Polizeihauptkommissarin Nina Wick mit Verständnis: „Aber die meisten Radfahrer sind dankbar, wenn wir sie über die Regeln und die Schilder aufklären.“ Das sei nicht immer so, sagt die Einsatzleiterin: „Manche Radfahrer versuchen, einfach weiterzufahren, andere haben keinen Ausweis dabei, nennen uns falsche Personalien und regen sich lebhaft und lautstark auf, wenn man bei einem Verstoß ein Verwarngeld anbietet. Mancher schmeißt sogar wutentbrannt sein Fahrrad auf den Boden.“

Zehn Euro kostet die unerlaubte Radfahrt auf einem Gehweg, 20 Euro die „Geisterfahrt“ auf einem Radweg auf der falschen Straßenseite. Mit Wegelagerei, wie mancher Radfahrer der Polizei unterstelle, habe die Aufklärungs- und Kontrollarbeit nichts zu tun, betont Wick: „Viele Radfahrer versuchen, Verstöße zu bagatellisieren, andere geben an, es einfach nicht zu wissen. Wir wollen als Polizei dafür sorgen, dass man einfach bewusster Fahrrad fährt, auf die Regeln des Straßenverkehrs achtet und dass am Ende endlich weniger Unfälle passieren. Denn Radfahrer haben keine Knautschzone und jeder Unfall ist einer zu viel.“

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