Parzellenpächter in den "Gärten der Nationen" Sankt Augustiner kämpfen mit der Trockenheit

Sankt Augustin · Die lange Trockenheit macht Parzellenpächter in den Sankt Augustiner „Gärten der Nationen“ zu schaffen. Mit der Stadt plant der Verein eine einheitliche Gestaltung der Unterstände - als Carport.

 Kleines Päuschen: Jamil Alo ruht sich nach dem Gießen aus.

Kleines Päuschen: Jamil Alo ruht sich nach dem Gießen aus.

Foto: Patrizia Wackers

Es ist still in den „Gärten der Nationen” in Sankt Augustin. „Selbst die Kinder kommen nicht mehr zum Spielen”, seufzt Erna Woinkoff und schaut auf die verblühten Gladiolen. Man sieht der Rentnerin an, dass ihr das wirklich leidtut. Jeden Abend gießt sie mit ihrem Mann den Garten ihres Sohnes, der gerade mit seiner Familie in Urlaub ist.

Die Trockenheit macht auch den Menschen in der offenen Gartenanlage zwischen der Ankerstraße und dem Gewerbegebiet Einsteinstraße zu schaffen. Obwohl für die vier abgetrennten sogenannten Gartenbänder insgesamt 14 Wasserstellen eingerichtet sind. Doch bei dieser Hitze ist jeder Weg mit den vollen Gießkannen eine Tortur.

Auch Wladimir Woinkoff füllt Gießkanne für Gießkanne. „Denn sonst geht ja das Gemüse kaputt. Vor allem die Gurken brauchen reichlich Wasser”, sagt er. In Kirgisien hatte das Aussiedlerehepaar ein Haus mit großem Garten. 24 Jahre ist das nun schon her. „Bei uns waren die Sommer ebenso heiß wie jetzt, und im Winter waren es bis zu minus 30 Grad. Trotzdem ist diese Hitze ungewohnt”, sagt Wladimir Woinkoff.

Sie vermissen ihre Nachbarn, eine kurdische Familie aus der Türkei. Der Pavillon auf der Nachbarparzelle sieht verlassen aus. „Oft trinken wir hier zusammen Tee oder spielen Domino”, sagt Erna Woinkoff. „Aber jeder kommt jetzt nur kurz zum Gießen und geht dann schnell wieder nach Hause.”

Offene Gartenanlage umfasst 65 Parzellen

Dieses Jahr ist kein gutes Gartenjahr, sagen die Leute. Die Grassamen aus den ungemähten Parzellen haben sich über die anderen Gartenfelder verteilt. Es gibt viele Schnecken. Die Wühlmäuse hätten die Wurzeln der Rosen angefressen, klagt eine Frau. Ein Freund hilft ihr beim Gießen. Ihre Hollywoodschaukel hat sie unter ein Zeltdach gestellt. „Selbst abends beim Essen mit der Familie ist es hier zu heiß.“

Tania Werner, die Vorsitzende des Vereins „Gärten der Nationen“, ist oft mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Tochter da. Seit Herbst 2013 haben sie eine Parzelle gepachtet. Einen solchen Sommer wie jetzt, sagt sie, habe sie bisher noch nicht erlebt: „Wir können froh sein, dass wir bisher immer noch gießen durften, obwohl das Wasser ja immer knapper wird.”

65 Parzellen umfasst die offene Gartenanlage, die sich von einer Kleingartenanlage dadurch unterscheidet, dass die Hobbygärtner aus ganz verschiedenen Nationen kommen, vor allem Gemüse und Obst angebaut wird und dass es keine Gartenhütten gibt. Um etwas Schatten zu haben und eigene Gartengeräte oder -stühle unterzustellen, stehen auf vielen Flächen Pavillons oder leicht abbaubare Zelte. Viele sind bereits in die Jahre gekommen.

Einheitliche Gestaltung der Unterstände geplant

Mit der Stadt Sankt Augustin plant der Verein jetzt eine einheitliche Gestaltung der Unterstände, nämlich einen Carport. „Dieser ist offen nach allen Seiten”, betont Eva Stocksiefen, Pressesprecherin der Stadt Sankt Augustin. Schließlich sei ja der Grundgedanke der „Gärten der Nationen“ auch der eines konstruktiven Miteinanders der Gartennachbarn.

Günter Kaeda und seine Frau Janina haben es schon geschafft. „Jetzt muss nur noch das Dach auf den Carport, dann kann die Familie zu Besuch kommen”, sagt der 84-Jährige. Zwei Wochen hat er daran gearbeitet, trotz der Hitze. Die Erleichterung ist ihm anzusehen. „So ein Carport”, sagt er, „ist viel stabiler als die alten Pavillons, und es sieht auch viel besser aus, wenn alle das einheitlich haben.“

„Noch ist aber nichts beschlossen. Wer keinen Carport will, muss auch keinen bauen“, sagt Tania Werner. Doch im Rahmen der gemeinschaftlich geleisteten Arbeiten könne der, der als Letztes den Carport fertig habe, den anderen helfen, so ist zumindest lautet der Plan.

„Ein Carport ist gut, weil er stabil steht und besseren Schutz bei allen Wetterlagen bietet“, sagt Jamil Alo und teilt damit die Meinung vieler anderer Hobbygärtner auf dem Gelände. Die Familie aus Syrien hat ein weißes Zelt in ihrem Garten stehen, in dem sie ihre Gäste empfängt. Ehefrau Shinin rollt frische Weinblätter. Sie will darin Reis mit Hackfleisch in einem Topf dünsten. „Hier sind alle so freundlich zu uns, wir besuchen uns gemeinsam in den Gärten. Aber zurzeit kommen unsere Nachbarn fast nur zum Gießen, und dann gehen sie schnell wieder nach Hause.“

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