Interview mit Michael Habert Sankt Augustiner hilft Flüchtlingen auf Lesbos

Sankt Augustin · Zwei Wochen lang arbeitete der Sankt Augustiner Habert ehrenamtlich auf der griechischen Insel für Flüchtlinge. In einem Interview mit dem Ga sprach er über seine Eindrücke.

 Ankommende Flüchtlinge werden von Helfern auf der griechischen Insel Lesbos aus einem übervollen Boot gezogen.

Ankommende Flüchtlinge werden von Helfern auf der griechischen Insel Lesbos aus einem übervollen Boot gezogen.

Foto: picture alliance / Kay Nietfeld/

Zwei Wochen lang arbeitete der Sankt Augustiner Michael Habert zusammen mit seinem Sohn ehrenamtlich auf der griechischen Insel Lesbos für „One Happy Family“, einem Gemeinschaftszentrum für Menschen auf der Flucht vor Kriegen und Krisen in ihrem Land. Das Zentrum holt täglich Flüchtlinge aus dem überfüllten Flüchtlingslager Moria und bietet ihnen humanitäre Hilfe wie Essen, Kleidung, Bildung aber auch Unterhaltung. In einem Vortrag in der evangelischen Kirchengemeinde Menden/Meindorf erzählt Michael Habert am Donnerstag, 11. Januar, von der Organisation und der Arbeit auf Lesbos. GA-Mitarbeiterin sprach mit ihm über seinen ehrenamtlichen Einsatz.

Was war die einprägsamste Erinnerung aus den zwei Wochen auf Lesbos?

Michael Habert: Die persönlichen, bewegenden Geschichten der Flüchtlinge, die ich dort kennengelernt habe, sind mir noch lange im Herzen und Gemüt geblieben. Beispielsweise habe ich eine Lehrerin aus Syrien kennengelernt. Sie hatte sich im Krieg von ihrem gewalttätigen Mann getrennt und flüchtete übers Meer mit ihrer fünfjährigen Tochter und ihrem behinderten Bruder. Die Frau wurde im Boot vergewaltigt. Ihr Bruder wurde in Syrien lange gefoltert. Über die Geschichten denke ich auch heute noch viel nach.

Was hat Sie dazu bewogen, nach Lesbos zu reisen, um den Flüchtlingen dort zu helfen?

Habert: Ich war 2015 in Stuttgart auf dem Kirchentag. Dort war die Flüchtlingsproblematik Thema. Danach haben meine Frau und ich uns entschieden, zu helfen. Wir betreuen in Sankt Augustin mehrere Flüchtlingsfamilien im Alltag, inzwischen sind es schon drei Familien und 13 Personen. Nun wollte ich aber noch mehr tun und an der Basis helfen, nämlich dort, wo die Flüchtlinge ankommen. Über das Internet habe ich „One Happy Family“ gefunden.

Konnten Sie sich vorher eine Vorstellung von dem machen, was sie dort erwartete?

Habert: Nein, ich konnte mir vorher nicht vorstellen, dass es so anstrengend sein würde. Wir haben jeden Tag rund um die Uhr gearbeitet und sind abends glücklich aber total erschöpft ins Bett gefallen. Dennoch war es eine wunderbare Zeit, die mich auch jetzt noch beschäftigt und mich viel infrage stellen lässt.

Was stellen Sie infrage?

Habert: Beispielsweise, wie wir in Deutschland zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen unterscheiden. Wenn ich mich jetzt in die Menschen hineinversetze, die aus miserablen wirtschaftlichen Verhältnissen flüchten, kann ich ihre Flucht voll nachvollziehen. Ich glaube, wir müssen in Deutschland viel mehr mit den Schicksalen der Menschen in Kontakt kommen.

Deswegen der Vortrag?

Habert: Genau. Ich werde von meinen Erfahrungen berichten und einen Film eines syrischen Regisseurs zeigen. Bestenfalls können meine Zuhörer die Geschichten an sich heranlassen und sich Gedanken machen. Ich möchte einen Anstoß geben und ihr Herz in Bewegung bringen.

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