Verkehrsplanung in der Region Südtangente einmal ganz anders

SANKT AUGUSTIN · Die Sankt Augustiner CDU bringt ihre Idee für eine veränderte, unterirdische Trassenführung der Verbindung zwischen A 3 und Bonner Südbrücke wieder ins Spiel.

 Arno Koll hat eine Alternativ-Variante für die Südtangente ausgearbeitet.

Arno Koll hat eine Alternativ-Variante für die Südtangente ausgearbeitet.

Foto: Holger Arndt

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Da dürften die Befürworter der Südtangente dieser Tage unterschiedlicher Meinung sein. Zwar ist das umstrittene Straßenbauprojekt nach dem Kabinettsbeschluss nach Jahren erstmals wieder im Bundesverkehrswegeplan vertreten. Allerdings findet es sich dort nur in der Kategorie „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“. Eine Realisierung steht damit in den Sternen. Aber zumindest lässt der Bund der in dieser Frage zerstrittenen Region die Option offen. Just in diesem Moment bringt die Sankt Augustiner CDU wieder ihren eigenen Vorschlag zur Südtangente ins Spiel – in der Hoffnung, auf dieser Grundlage in Zukunft doch noch einen Konsens hinzubekommen.

Wie das gehen soll? Besuch bei Arno Koll. Der ehemalige Fraktionschef im Sankt Augustiner Stadtrat, ein in der Baubranche beheimateter Ingenieur, hat sich mit seinem Amtsnachfolger Georg Schell und dem Ex-Kreisplanungsdezernenten Lothar Franz getroffen. Auf einer Tafel im Partykeller: ihre Vision einer neuen West-Ost-Verbindung für die Region. Die Augustiner Christdemokraten wollen die Südtangente, doch gilt in ihrem Falle der berühmte Ausruf des einstigen CDU-Bundesvorsitzenden Rainer Barzel: „So nicht!“

Die Variante des Ennertauf-stiegs, die Gegenstand der Prüfung für den Bundesverkehrswegeplan war, findet Koll nämlich „nicht umweltverträglich“. Da ist er bei den Gegnern, die in Ennert und Siebengebirge Umweltbedenken geltend machen. Vor allem aber will die Sankt Augustiner CDU – das ist für sie ein maßgeblicher Beweggrund – keinen Anschluss an die A 3 bei Birlinghoven. „Dort müsste ein sehr großes Bauwerk errichtet werden“, erklärt Koll und verweist auf die Lärmproblematik. Deshalb schwebt ihm eine gänzlich andere Trasse vor. Diese soll südlich von Vinxel verlaufen und zwischen Stieldorferhohn und Bockeroth auf die A 3 stoßen.

Damit will die Sankt Augustiner CDU Lärm und Naturzerstörung aber nicht einfach einem anderen Teil der Region aufs Auge drücken. Kolls Variante sieht einen durchgehenden Tunnel vor, der sechs Kilometer lang ist und neben den Fahrspuren Raum für Stadtbahngleise bieten soll. Oberhalb des Tunnels, wo Notausstiege vorhanden sein müssen, soll nach Kolls Vorstellung ein Radschnellweg angelegten werden. In der bisher diskutierten Variante endet der Ennerttunnel bereits bei Ungarten, der Rest der Strecke verläuft offen bis Birlinghoven. Dass es bei dieser angedachten Trassenführung Verbesserungsbedarf gibt, räumten sogar Befürworter der Südtangente im Kreistag ein.

Der frühere Kreisplanungsdezernent Franz ist Verfechter einer weitreichenden Tunnellösung. Die Idee sei nicht neu. „So ist man ja damals beim Bau der ICE-Trasse verfahren.“ Das habe Probleme entschärft, und am Ende habe es in der Region eine sattelfeste politische Mehrheit gegeben. Davon ist die Südtangente meilenweit entfernt, das weiß auch Koll. „Es müssen alle Parteien dahinter stehen, sonst macht es keinen Sinn.“

Bislang fand die CDU-Variante allerdings nicht einmal in Sankt Augustin eine politische Mehrheit. Wie die anderen überzeugt werden sollen? Unklar sind etwa die Mehrkosten. Die komplette, aus Venusbergtunnel und Ennertauf-stieg bestehende Südtangente wird vom Bund auf mehr als 680 Millionen Euro geschätzt. Mit verlängertem Tunnel dürfte es wesentlich teurer werden. Eine Prognose will die Sankt Augustiner CDU nicht wagen. Aber: „Der Nutzen-Kosten-Faktor wird auch bei höheren Baukosten sehr gut sein“, ist sich Schell sicher. Ebenfalls ist unklar, ob der Siebengebirgsraum ohne Weiteres untertunnelt werden kann. Franz: „Ich gehe nicht davon aus, dass es technische Probleme gibt.“

Ob der Plan der Sankt Augustiner CDU nur eine fixe Idee ist oder ob man sich eines Tages an die drei Herren aus dem Partykeller als Vordenker einer regional akzeptierten Lösung erinnert – das wird sich erst in Jahren zeigen, wenn nicht Jahrzehnten. „Kurzfristig wird nichts passieren“, sagt Schell. „Aber wer weiß schon, wie sich die politischen Konstellationen auf lange Sicht entwickeln.“ Immerhin habe der Bund durch die Prüfung und die Platzierung der Südtangente im Bundesverkehrswegeplan gezeigt, dass er darin grundsätzlich eine Lösung sieht.

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