Streit im Sankt Augustiner Stadtrat Personalie Lübken gerät zum Polit-Spektakel

Sankt Augustin · CDU verlässt protestierend den Ratssaal, als es um die Zukunft des Beigeordneten geht. Beurlaubung des Sozialdezernenten wird anschließend einstimmig beschlossen.

 Leere Stühle auf der Seite der CDU-Fraktion beim Tagesordnungspunkt rund um die Beurlaubung des Beigeiordneten Marcus Lübken.

Leere Stühle auf der Seite der CDU-Fraktion beim Tagesordnungspunkt rund um die Beurlaubung des Beigeiordneten Marcus Lübken.

Foto: Foto: Martina Welt

Die Personalie Marcus Lübken geriet am Mittwochabend im Rat zum Polit-Spektakel. Nach einer wohlvorbereiteten Rede des CDU-Fraktionschefs Georg Schell an einem eigens aufgestellten Rednerpult verließ die CDU-Fraktion als Ausdruck des Protestes geschlossen den Ratssaal.

Auch die Wortwahl des Christdemokraten war deftig. Schell sprach von einem „Handeln wie in einer Bananenrepublik“ und meinte damit die fehlende schriftliche Untermauerung der Rechtsauffassung des Innenministeriums NRW. Das Ministerium hatte über die Bezirksregierung mündlich mitteilen lassen, dass der Rat für die Beurlaubung von Wahlbeamten zuständig sei. Ein entsprechender Beschluss stand auf der Tagesordnung. Zu dieser Rechtsauffassung gebe es kein Schriftstück, um die Rechtsgrundlage nachzuprüfen, wetterte Schell. Am Ende wurde die Beurlaubung des Beigeordneten Marcus Lübken in Abwesenheit der CDU einstimmig bei zwei Enthaltungen beschlossen.

Seit Oktober beschäftigt sich der Rat immer wieder mit der beantragten Beurlaubung des Beigeordneten. Der wurde im Dezember 2014 einstimmig bis Juni 2023 zum Beigeordneten wiedergewählt. Gleichzeitig ist der Sozialdezernent seit 2011 Geschäftsführer der Energieversorgungsgesellschaft (EVG). Ab März kommenden Jahres soll Lübken zudem die Wasserversorgungsgesellschaft (WVG) als Geschäftsführer übernehmen.

Bis zum Ende seiner Amtszeit als Beigeordneter der Stadt wird er deshalb beurlaubt ohne Bezüge. Den Beurlaubungsantrag stellte eine Ratsmehrheit von SPD, Grünen, FDP, Linke und Aufbruch. Der Antrag fiel in eine Zeit, als die Verwaltungsspitze und hier insbesondere auch das Dezernat Lübkens wegen Versäumnissen beim Bau der Flüchtlingsunterkunft am Schützenweg heftig in die Kritik geraten war (der GA berichtete).

Im Gegensatz zur Mehrheit der antragstellenden Fraktionen will die CDU eine Ausschreibung der Stelle des WVG-Geschäftsführers und sieht in der Langzeit-Beurlaubung des Beigeordneten ohne weitere Bezüge Rechtsunsicherheiten. Bestätigt wurden die Christdemokraten von der Kommunalaufsicht des Rhein-Sieg-Kreises.

Schell glaubt zudem nicht an die Kostenneutralität der Aktion und warnte in seiner Brandrede, dass die WVG in erheblicher fünfstelliger Größenordnung belastet werden könne. Er selbst habe wegen der Ratsentscheidung sein Amt im Aufsichtsrat der WVG nach sieben Jahren niedergelegt. „Wir wurden vom Rat zu einer Entscheidung im Gremium gezwungen, die unserer wirtschaftlichen Überzeugung massiv widerspricht“, so Schell. Er verwies auch auf die mögliche Regresspflicht des Rates nach einer gerichtlichen Entscheidung.

Die Gemüter kochten hoch nach dem geschlossenen Auszug der CDU aus dem Ratssaal. „Man kann Dinge so lange prüfen, bis sie in das eigene Meinungsbild passen, das hat nichts mit Demokratie zu tun“, meinte die FDP-Fraktionsvorsitzende Stefanie Jung. Die Mehrheit entscheide und die Vokabeln, die von der CDU gewählt worden seien, seien nicht hinnehmbar.

Für den SPD-Fraktionschef Marc Knülle war das „der beschämendste Auftritt Schells in seiner gesamten Amtszeit“. Es gehe nicht um Rachefeldzüge, mahnte er an. Grünen-Fraktionschef Martin Metz haderte mit der Rolle der Kommunalaufsicht des Kreises. „Sie hat sich sehr weit aus dem Fenster gelehnt“, da müsse man sich fragen, welche Kontakte es gegeben habe. „Die Kommunalaufsicht ist eine Rechtsaufsicht, die Rechtlage ist klar, es geht hier nicht um Meinungen“, fasste er zusammen. Wolfgang Köhler, Fraktionschef des Aufbruchs, ergänzte, dass auch ihm die Kommunalaufsicht immer wieder als „vorurteilsfreudig“ aufgefallen sei. Unmittelbar nach der Abstimmung forderte Marc Knülle eine Entschuldigung von Schell wegen seiner Wortwahl.

Im Nachgang zur Sitzung bestätigte Dirk Schneemann, Sprecher der Bezirksregierung, auf GA-Anfrage, dass es ein Schriftstück des Innenministeriums gegeben habe, welches an die Kommunalaufsicht des Rhein-Sieg-Kreises weitergeleitet worden sei. Einen Zeitpunkt nannte er jedoch nicht. Bernd Carl, Leiter der Kommunalaufsicht, hat jedoch bis Donnerstagabend kein offizielles Schreiben der Bezirksregierung bekommen.

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