Auftakt in Sankt Augustin Partnerschaften für Demokratie geschlossen

SANKT AUGUSTIN · Das Projekt „8sam“ gegen Rassismus und Extremismus ist in Sankt Augustin gestartet. Nachteile werden auch im höheren Armutsrisiko von Migranten deutlich.

 Die Projektverantwortlichen und Referenten mit Bürgermeister Klaus Schumacher (4. von links) in Sankt Augustin.

Die Projektverantwortlichen und Referenten mit Bürgermeister Klaus Schumacher (4. von links) in Sankt Augustin.

Foto: Jill Mylonas

Präventive Strategien gegen Rassismus, Rechtsextremismus und religiös motivierten Extremismus zu entwickeln, ist das Ziel des Projektes „8sam“. Als Gemeinschaftsprojekt der Stadt Sankt Augustin und des Vereins „Hotti“ ist es entstanden. Außerdem möchten die Projektverantwortlichen gemeinsam mit Vertretern aus Verwaltung und Politik sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren eine Sankt Augustiner „Partnerschaft für Demokratie“ aufbauen. Dazu führten zwei Fachreferenten am Samstag bei der Auftaktveranstaltung in den Sankt Augustiner Ratssälen in die Themenbereiche ein.

Einen Vortrag mit dem Titel „Rassismus/Rechtsextremismus“ hielt Mark Terkessidis, bei dem er versuchte, die Begriffe und ihre Entwicklung zu ergründen. „Wir haben eine deutlich höhere Sensibilität gegenüber Rassismus entwickelt“, sagte er. „Das Deutschsein ist neu konzipiert worden.“ Jeder habe einen Anspruch auf Zugehörigkeit. Terkessidis' Ansicht nach sind alle Staatsangehörigkeiten gleich. „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner sexuellen Orientierung oder seiner Herkunft diskriminiert werden.“ Rassismus sei ein Prozess, in dem eine Unterscheidung zwischen „uns“ und „ihnen“ entstehe.

Erhöhtes Armutsrisiko

Als Beispiel nannte er den Urlaub. Wer etwa nach Griechenland reise, sei begeistert davon, wie langsam die Uhren dort laufen. Im Arbeitskontext hingegen sehe das ganz anders aus: „Wenn Ausländer nach Deutschland kommen und ständig zu spät bei der Arbeit sind, weil die Uhr langsamer läuft, ärgert das viele“, so Terkessidis. „Dann gelten sie plötzlich als unzivilisiert, und auch das exotische Essen riecht auf einmal schlecht.“ Die Bewertung schwanke also je nach Kontext. Seine Hauptthese ist „Herkunft ist kein Defizit“. Dass es Benachteiligung wegen der Herkunft gibt, machte er an einem weiteren Beispiel deutlich: So liege das Armutsrisiko in Deutschland bei Menschen mit Migrationshintergrund bei 27 Prozent, bei Deutschen hingegen nur bei zwölf Prozent.

Außerdem ärgert es Terkessidis, dass es „Identitätskontrollen“ gibt. „Wenn jemand ein anderes Aussehen hat, kommt er automatisch woanders her“, fasste er ein gängiges Vorurteil zusammen. Auch bei ausländisch klingenden Nachnamen werde gefragt „Woher kommst Du?“, bis der Name eines anderen Landes falle. „Denn die Antwort 'Aus Nordrhein-Westfalen' reicht nicht. Dann folgen Fragen wie 'Aber woher kommst Du eigentlich?' oder 'Woher kommen Deine Eltern?'“ Abschließend dankte Terkessidis der Stadt Sankt Augustin dafür, dass sie sich politisch so klar positioniere.

Um religiös motivierten Extremismus sowie die Möglichkeiten der Prävention und Intervention ging es in Kemal Bozays Vortrag. Er stellte heraus, dass Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Islamismus als wechselseitige Negativspirale funktionieren. „Das schafft hierzulande einen Nährboden für eine neue Form von Ungleichwertigkeit“, sagte er. Zur Prävention schlug der 49-Jährige politische Bildungsarbeit, aktive Elternarbeit sowie Sensibilisierung und Aufklärung von Lehrkräften vor.

Das Projekt „8sam“ rückt Kinder und Jugendliche, die besonderen Schutz benötigen, in den Fokus. Sie werden aktiv eingebunden und bestimmen mit. Das Bundesfamilienministerium fördert das Projekt im Rahmen des Programms „Demokratie leben“.

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