Landwirtschaft in Sankt Augustin Ostereier vom glücklichen Federvieh

Sankt Augustin · Die Jungbäuerin Annika Hacher will in Sankt Augustin sichtbar machen, wo Milch, Eier und Fleisch herkommen. Ihre 200 Legehennen haben etwa 6300 Quadratmeter Auslauf und ein nach Bio-Vorgaben erbauten Hühnerstall.

 Neugierig und zutraulich sind die 200 Legehennen von Annika Hacher.

Neugierig und zutraulich sind die 200 Legehennen von Annika Hacher.

Foto: Foto: Martina Welt

Es ist das erste Osterfest, das Annika Hacher (27) auf dem Hof der Familie ihres Freundes Simon Scheja gemeinsam mit ihren 200 Legehennen und den fünf Hähnen feiert. Oma Irene Schwarz weiß sogar noch das Datum, an dem das Gefieder den rund 60 Quadratmeter großen Hühnerstall und das etwa 6300 Quadratmeter große Freigelände in Beschlag nahm. „Das war am 13. Oktober 2016 und jetzt ist fast alles wieder so wie früher“, freute sie sich und hat immer ein Auge auf die Hühner, falls sich dort Marder, Fuchs oder Greifvögel nähern.

Annika Hacher hat mit den Legehennen den ersten Schritt hin zur Verwirklichung ihres Kindheitstraumes gemacht und noch so viele Ideen, dass ihr die Arbeit garantiert nicht ausgeht. „Aber immer eins nach dem anderen“, so die gelernte medizinische Fachangestellte. Ihr Elternhaus habe nichts mit Landwirtschaft zu tun gehabt. „Es gab aber im Dorf einen Hof, den ich zu Fuß erreichen konnte.“

Artgerechte Tierhaltung mit großem Hof

Dort habe sie den Großteil ihrer Kindheit verbracht. Dennoch folgte sie zunächst dem Wunsch ihrer Eltern und machte die Ausbildung. Danach setzte sie die Kauffrau im Gesundheitswesen drauf und schloss ein Studium der Gesundheits- und Sozialökonomie an. Ihren Freund lernte sie vor gut zwei Jahren kennen. „Das war eine klassische Verkupplungsgeschichte“, meint sie schmunzelnd. Ein gemeinsamer Freund von ihr und Simon Scheja sind „Treckerjeck“ und beide trafen sich auf besagtem Nachbarhof in Neunkirchen, wo Scheja als landwirtschaftlicher Lohnunternehmer mit seinen riesigen Landmaschinen arbeitete.

„Unser Freund dachte sich, dat wär doch wat mit den beiden“,und brachte sie zusammen. Bis heute passt einfach alles, schwärmt Hacher. „Ich bin eher der Tiertyp, Simon hat Diesel im Blut“, meint sie lächelnd. Das i-Tüpfelchen: Der große Hof der Familie Scheja in Menden ist wie geschaffen für ihre Visionen von artgerechter Tierhaltung. „Endlich hatte ich die Möglichkeit, zu machen, was schon immer mein Ding war.“

Genug Platz für 200 Hühner

Es wurde mit der Familie alles geklärt und dann ging es los. Dort, wo früher die Schäferei von Simons Großeltern war, wurde alles für die Hühner vorbereitet. Gemeinsam haben sie den Hühnerstall gebaut, der auch nach strengsten Bio-Vorgaben für 350 Tiere ausgelegt wäre. „Der Stall ist mit Lege-Nestern ausgestattet, auf vier Ebenen, die so groß sind, dass jedes Huhn dort ausreichend Platz hat. Es gibt elektronische Hühnerklappen, die erst aufgehen, wenn sämtliche Hühner ihre Eier gelegt haben. Auf die fünf Hähne wollte die Jungbäuerin auf keinen Fall verzichten. „Sie regeln das Sozialgefüge und beschützen ihre Damen“, meint Hacher. Was ihre Hähne noch nicht perfekt beherrschen, sind die Benimmregeln beim Betreten des Stalls in der Dämmerung. „Eigentlich sollen sie die Damen hineingeleiten, sind jedoch meist längst im Stall, bevor die Hennen ihn erreichen.“

Grundsätzlich ist das Federvieh sehr zutraulich, was wiederum daran liegt, dass Hacher ihre Hühner mit 24 Wochen bei einem kleinen Geflügelzüchter erworben hat. Sie setzt sich auch schon mal rein ins Gehege und schaut, wie die Hennen reagieren. „Die kommen nachsehen, wer ich bin.“

Kurz vor Ostern war auf dem Scheja-Hof Eierfärben angesagt. „Wir wollten eigentlich mit Farben aus Naturprodukten wie Rote Beete das Ganze erledigen, aber das hat nicht funktioniert.“ Trotz der herkömmlichen Eierfarben wird bei ihr jedes Ei per Hand – teils mit Gold- oder Silberschimmer – in Szene gesetzt, was Annika Hacher mit Freundinnen erledigt.

Zuchtpläne für die Zukunft

Ihr 24-Stunden-Automat wurde vor Ostern neben Milch, Käse und rohen Eiern auch mit gefärbten Eiern bestückt. Das läuft schon sehr gut, findet Hacher. Auch wenn sich ihre Hennen mit rund 180 Eiern pro Tag noch in der Überproduktion befinden. Wohin die Reise auf dem Hof geht, weiß Hacher noch nicht genau, „Ich würde gerne eine Hühnerrasse selbst züchten und die Hähnchen verkaufen.“ Auch seltene Kuh- oder Schweinerassen würde sie gerne züchten und Gänse zur Martinszeit anbieten.

Eines wird die Jungbäuerin auf alle Fälle umsetzen. Sie möchte Schilder aufstellen, die Spaziergängern zeigen, dass „auf der Weide die Kühe stehen, die die Milch geben, am Hof die Hennen laufen, die die Eier legen und auf dem Feld das Getreide wächst, aus dem wir das Futter für die Tiere machen.“

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