Ohne abzuheben in die Luft gehen Neuer Hubschrauber-Simulator in Hangelar

Sankt Augustin · In Hangelar hat die HEMS Akademie ihren mittlerweile dritten Hightech-Simulator für den neuen Hubschrauber Airbus H145 aufgebaut. GA-Mitarbeiter Thomas Heinemann durfte auf dem Co-Piloten-Sitz Platz nehmen.

 Auf hydraulisch beweglichen Beinen thront die mächtige, weiße, fünf Meter durchmessende Kuppel, die den Simulator beherbergt.

Auf hydraulisch beweglichen Beinen thront die mächtige, weiße, fünf Meter durchmessende Kuppel, die den Simulator beherbergt.

Foto: MEIKE BÖSCHEMEYER

„Dritter Flugsimulator zertifiziert“ – hinter der technischen Überschrift auf der Internetseite der HEMS Academy des ADAC in Hangelar verbirgt sich ein kleines, eigenes Universum: In der Akademie werden Piloten und medizinisches Personal von Rettungshubschraubern für den harten und kaum planbaren Einsatz in der Luftrettung trainiert. Weil dies auf echten Hubschraubern nicht nur teuer, aufwendig und in manchen Fällen gar nicht so einfach möglich wäre, hat die Akademie ihren mittlerweile dritten Hightech-Simulator für den neuen Hubschrauber Airbus H145 in Hangelar aufgebaut. Und tatsächlich steht eine Flugstunde im Simulator der Realität in nichts nach, wie GA-Mitarbeiter Thomas Heinemann auf dem Co-Piloten-Sitz erleben durfte.

Wer sich beim Wort Simulator an lange und längst verdrängte Abende vor dem alten Microsoft-Flugsimulator am PC erinnert, wird beim Anblick des neuesten Airbus H145-Simulators sein Herz kräftig klopfen spüren: Auf der Grundfläche eines kleinen Einfamilienhauses thront auf sechs hydraulisch beweglichen Beinen eine mächtige, weiße, fünf Meter durchmessende Kuppel. Und schon auf den ersten Blick wird klar: Ein Spielzeug ist das zwölf Tonnen schwere und mit modernster Bildprojektions- und Computertechnik vollgepackte Spezialgerät wahrlich nicht.

Doch ehe es über eine ausklappbare Hochbrücke in die Kuppel geht, steht die Trainings- und Flugvorbereitung an. Weil die Nachfrage nach Flugstunden in jedem der drei Simulatoren groß ist, nutzt man kleinere, aber technisch ebenso ausgefeilte Simulatoren zur Vorbereitung, zeigt Thomas Gassmann, Director Sales & Business Development und selbst erfahrener Hubschrauberpilot: An PC-Arbeitsplätzen mit neben- und übereinander montierten Computern werden die Missionen genannten Trainingsflüge vorbereitet, Wetterdaten und Herausforderungen wie Hindernisse, umherlaufende Gaffer oder auch plötzliche technische Probleme programmiert.

Und das nicht nur für Piloten, zeigt Gassmann am Systemtrainer mit acht Monitoren: „Hier lässt sich die gesamte Technik des Helikopters darstellen, vom Schalter im Cockpit, den man auch bedienen kann, über die Schaltpläne bis zum exakten Einbauort.“

So lassen sich Standardverfahren trainieren, wenn es zu Problemen oder gar Ausfällen der Technik kommt. Per Touchscreen lassen sich auch alle wichtigen Datenblätter, Funktionsskizzen und kleine Animationen abrufen, um Handgriffe für den Ernstfall zu trainieren. „Bei Rettungsflügen gehen die Piloten in nur zwei Minuten nach dem Alarm in die Luft. Man hat nur eine rudimentäre Idee, wo es hingeht, hat einen Kurs, weiß aber nicht, wo und wie man vor Ort landen kann. Umso wichtiger ist es, dass man sich vorher gut vorbereitet, sodass im Einsatz alle Handgriffe sitzen.“

Und das nicht nur bei den Piloten der ADAC-Luftrettung, betont Gassmann: „Wir bieten hier die Aus- und Weiterbildung für Professionals an, also für Piloten, die beruflich mit dem Helikopter im Einsatz sind. Dazu zählen neben der Luftrettung auch die Polizei, aber auch Offshore-Flieger zu Bohrplattformen oder VIP-Flieger – und dass aus aller Welt. Wir haben hier in Hangelar Kunden aus 29 Ländern von allen Kontinenten außer Afrika, aber auch da sind wir bereits im Gespräch.“ Warum sich die Flugstunde im Simulator statt im echten Helikopter lohnt, wird beim ersehnten Probesitzen im Nachbau des Cockpits klar. Alles ist echt: Der Sitz, die Gurte, alle Tasten und Instrumente, das Flug-GPS und Wetterradar, auch der Steuerknüppel, die Pedale und der Collective genannte Hebel für die Höhensteuerung – alle Bauteile sind voll funktionsfähig, aus einem echten Hubschrauber übernommen und an einen Hochleistungscomputer, der selbst so groß wie ein Kleinbus ist, angeschlossen. Mit dem Zusammenspiel von der Bildprojektion in der großen Kuppel sowie den Neigungs- und Beschleunigungssimulation auf den hydraulischen Beinen der Kuppel entsteht ein verblüffend echter Sinneseindruck.

„Nach spätestens fünf Minuten hat man vergessen, dass man in einem Simulator sitzt“, zeigt Gassmann eindrucksvoll beim Flug von Hangelar über den Rhein auf den Bonner Venusberg – wäre da nicht der Fluglehrer im Nacken: Mit zwei, drei Klicks katapultiert er den Piloten zum Innsbrucker Flughafen, schaltet einsetzenden Schneefall und plötzlich auch die Nacht dazu. „Das sind Dinge, die nur im Simulator möglich sind. Man kann ganz schnell und ungefährlich die Bedingungen verändern“, erklärt der erfahrene Pilot, „und auch die langen Anflugzeiten zum Trainingsgelände, Fluglärm und Kraftstoffverbrauch gibt es hier nicht.“ Dank Spezial-Projektoren können die Piloten sogar mit echten Nachtsichtgeräten im Simulator fliegen – das Trainingsspektrum sei unglaublich groß, schwärmt Gassmann. Doch auch der Simulator kennt seine Grenzen: Die komplette Ausbildung der Piloten am Computer, wie es für die großen Fracht- und Passagierflugzeuge möglich ist, können selbst die modernsten Hubschraubersimulatoren nicht leisten. Zumindest noch nicht.

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