Frühere Medienzentrale in Sankt Augustin Neue Unterkunft für bis zu 800 Flüchtlinge

SANKT AUGUSTIN · Die derzeit leerstehende frühere Medienzentrale der Bundeswehr in Sankt Augustin wird ab September als zentrale Unterbringungsstelle für Flüchtlinge genutzt. Auch in Köln werden neue Unterkünfte geplant.

Die ehemalige Medienzentrale der Bundeswehr wird derzeit zur ersten zentralen Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge im Regierungsbezirk Köln umgebaut. Das teilte Bürgermeister Klaus Schumacher gemeinsam mit dem stellvertretenden Regierungspräsidenten der Bezirksregierung Köln, Wilhelm Steitz, am Donnerstag mit.

Einziehen sollen die ersten Flüchtlinge dort im September. Im sogenannten Vorlaufbetrieb werden es zunächst 100 bis 200 Flüchtlinge sein, die dort leben. Später werden im Schnitt rund 500 Menschen dort untergebracht - in Krisenzeiten können es auch bis zu 800 Flüchtlinge sein, die in der einstigen Medienzentrale für maximal zwei Monate unterkommen. Im Gegenzug werden der Stadt keine Flüchtlingskontingente auf Dauer mehr zugewiesen, denn sie übertrifft ihr Kontingent mit der zentralen Unterkunft sogar.

Im Gegensatz zur Erstunterkunft, in der die Menschen registriert und ärztlich untersucht werden, soll die zentrale Einrichtung dazu dienen, dass die Menschen nach den Strapazen der Flucht zur Ruhe kommen, erste Sprachkenntnisse erwerben sowie die deutsche Kultur besser kennenlernen. Es ist ein Modell, das es so nur in NRW gibt. "Wir befinden uns im Dauerkrisenstab-Modus und sind froh, hier in Sankt Augustin ein geeignetes Projekt gefunden zu haben", sagte Steitz. Selbst ein Neubau sähe nicht viel anders aus, meinte er, denn Lage, Struktur und Raumaufteilung der ehemaligen Medienzentrale der Bundeswehr seien "fast optimal". Insgesamt habe die Bezirksregierung in den vergangenen drei Wochen rund 850 Flüchtlinge unterbringen müssen. Dennoch habe er immer eine gute Willkommenskultur vorgefunden.

Von Sankt Augustin aus werden die Flüchtlinge an die Kommunen in Nordrhein-Westfalen verteilt. Aktuell wird die Mauerstruktur der Medienzentrale untersucht, letzte Brandschutzarbeiten müssen gemacht werden, es fehlen noch sanitäre Einrichtungen und auch die Starkstromanschlüsse könnten nicht ausreichen, sagte Steitz.

Ein Nein von der Stadt zu diesem Ansinnen des Landes sei nicht möglich gewesen, als vor drei Wochen die Anfrage der Bezirksregierung kam, schilderte Schumacher. Es habe nur die Alternative zwischen Notunterkünften, einer Ersteinrichtung oder dieser zentralen Unterbringungseinrichtung gegeben. Auch in Sankt Augustin kommen die Flüchtlinge noch "ungefiltert" (O-Ton Steitz) an, allerdings geregelter als dies in den Ersteinrichtungen der Fall ist. Deshalb entschied sich die Stadt für diese Variante.

"Wir sind froh, hier in Sankt Augustin ein geeignetes Projekt gefunden zu haben" Wilhelm Steitz, Bezirksregierung

Nach der Anfrage der Bezirksregierung habe es nicht lange bis zur Entscheidung gedauert, da einige Ratsmitglieder eigens dafür aus dem Urlaub zurückgekehrt waren. Dann votierten sie gemeinsam für die zentrale Unterbringung. "Wir sind zuversichtlich, dass die Bürger Sankt Augustins die Menschen, die aus den verschiedenen Krisengebieten der Welt hier ankommen und Schutz suchen, weiterhin in unserer Stadt respektvoll empfangen und willkommen heißen", heißt es in der Erklärung aller Ratsfraktionen.

Bürgermeister Schumacher ist sich bewusst ist, dass sich gegen die zentrale Unterbringung deutlicher Widerstand regen wird. Noch gestern Abend empfing er die direkten Nachbarn im Neubaugebiet, in der kommenden Woche wird es am Mittwoch eine Bürgerversammlung zum Thema geben. Für die Sicherheit ist die Sicherheitsfirma SET verantwortlich. Geführt wird die Einrichtung im Auftrag der Bezirksregierung Köln von European Homecare. "Es gibt einen Zaun rund um die Einrichtung, aber Besuche von außen sind dennoch erwünscht", sagte Steitz.

Neben dieser Unterkunft wird aktuell die Sporthalle am Schützenweg für die Unterbringung von Flüchtlingen umgebaut. Sobald der Bauhof die Trennwände und eine Küche eingebaut hat, sollen dort wohl bis Herbst diesen Jahres rund 50 Flüchtlinge vorübergehend einziehen. Derzeit sind in Sankt Augustin 420 Flüchtlinge untergebracht. In diesem Jahr wurden der Stadt 169 Menschen zugewiesen, im vergangenen Jahr waren es insgesamt 162.

Die Bürgerinformationsveranstaltung wird am kommenden Mittwoch, 29. Juli, ab 19 Uhr in der ehemaligen Medienzentrale, Alte Heerstraße 90 stattfinden. Parkplätze gibt es an der Waldstraße.

Neue Flüchtlingsunterkunft auch in Köln

Die Bezirksregierung Köln beabsichtigt zudem, kurzfristig eine provisorische Flüchtlingsunterkunft am Fühlinger See in Köln zu errichten. Auf einem Parkplatz sollen rund 1000 Flüchtlinge laut Bezirksregierung in "temporären Bauten" untergebracht werden. Den Betrieb der Unterkunft übernimmt das Land NRW. Geprüft wird außerdem, ob gegenüber dem Polizeipräsidium in Köln-Kalk eine Unterkunft errichtet werden kann.

In ganz NRW gibt es derzeit über 17.500 Plätze für Flüchtlinge, diese reichen aber nicht mehr aus. Wöchentlich treffen laut Bezirksregierung 5000 Asylsuchende in Nordrhein-Westfalen ein.

Die Medienzentrale

Im Jahr 1991 ist die Medienzentrale der Bundeswehr in das neue Gebäude an der Alten Heerstraße eingezogen. Die Einrichtung war für mehr als 100 Millionen Mark gebaut worden.

In den Hochzeiten arbeiteten mehr als 150 Soldaten und Zivilisten in der einzigartigen Dienststelle. In der jüngsten Vergangenheit hatte die Bundeswehr zehn Millionen Euro in die Anlage investiert.

Seit Beginn dieses Jahres gibt es die Einrichtung mit einer Gesamtnutzfläche von 14.930 Quadratmetern als Organisationseinheit der Bundeswehr nicht mehr. Insgesamt hat das Areal 23.409 Quadratmeter.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) rief Anfang des Jahres insgesamt 6,3 Millionen Euro als Kaufpreis für die Informations- und Medienzentrale auf.

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