Sensenkursus: 1000 Teilnehmer in fünf Jahren Mit der scharfen Klinge über die Sankt Augustiner Wiese

Sankt Augustin · GA-Mitarbeiterin Sofia Grillo testet den BUND-Sensenkursus mit Hartmut Winkels. Das Mähen mit der Sense wird immer beliebter, weil sie fast keine Insekten tötet und kein Benzin braucht.

 Mit dem ganzen Körper schwingen: GA-Mitarbeiterin Sofia Grillo und ihre Mitstreiter mähen das Gras auf der Schmerbroicher Wiese mit der scharfen Sense.

Mit dem ganzen Körper schwingen: GA-Mitarbeiterin Sofia Grillo und ihre Mitstreiter mähen das Gras auf der Schmerbroicher Wiese mit der scharfen Sense.

Foto: Stephanie Roller

Sense, Harke und Schubkarre waren treue Begleiter meiner Kindheit. Um für Hasen in zwei großen Käfigen Futter zu sammeln, mähte mein Vater Unmengen von hohem Gras mit der Sense. Ich sammelte das Gras auf und packte es in die Schubkarre.

Damals hieß es noch „Bleib weit weg von der Klinge, die ist gefährlich für Kinder.“ Jetzt bin ich kein Kind mehr und traue mich an die Sense: Ich probiere mich im Sensenkursus der Kreisgruppe Rhein-Sieg des BUND.

Hartmut Winkels ist auf der Wiese in Schmerbroich mein Sensenlehrer. Er behauptet von sich selbst, er sei „Sensen-Virus-infiziert“. Das merkt man auch. Er kennt das Mähgerät in- und auswendig, hat immer eine Geschichte zu einem seiner vergangenen Kurse parat und schwärmt für besonders scharfe Sensenblätter, die Klinge des Geräts.

Wie und wann ist der 58-Jährige auf die Sense gekommen? „Das war schon mit zehn Jahren. Mein Opa konnte so gut mit der Sense umgehen, dass ich das auch wollte.“ Vor fünf Jahren machte der Windecker dann eine Ausbildung zum Sensenlehrer bei einem österreichischen Verein. „In diesem Jahr bekomme ich meine 1000 Kursteilnehmer voll“, erzählt Winkels stolz.

Sensenbaum in der passenden Größe

Die fünf anderen Kursteilnehmer und ich stellen uns im Kreis um Hartmut, der uns allen das „Du“ anbietet. Jeder bekommt einen Sensenbaum, der zu seiner Größe passt. Der Sensenbaum ist eine lange Holzstange, an der Griffe und Klinge befestigt werden.

Das soll auch die zweite Aufgabe sein. Sobald ich die Klinge angebracht habe, ist Vorsicht geboten. Hartmut beschreibt wortmalerisch, was alles mit der scharfen Klinge passieren kann und was man sich damit abschneiden könnte. Ich habe jetzt großen Respekt vor dem scharfen Mähgerät und folge konzentriert den Sicherheitsanweisungen meines Sensenlehrers.

Trotz aller Konzentration bleibe ich neugierig. 1000 Teilnehmer in fünf Jahren: Woher kommt das große Interesse für das uralte Arbeitsgerät? Hartmut erklärt es sich so: „Die Menschen werden bewusster für die Umwelt. Mit der Sense tötet man fast keine Insekten und braucht kein Benzin.“

Viele wollten auch nicht mehr den Lärm der motorisierten Geräte bei der Arbeit. Ich frage die anderen Kursteilnehmer, was ihre Motivation ist.

Ralf Pochadt macht gerade eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Baumwart. Das heißt, er kümmert sich um Streuobstwiesen im Kreis. Zur Pflege der Bäume gehöre nun mal auch der Boden dazu. „Ich müsste mir die ganzen motorisierten Mäher ja erstmal beschaffen, dann noch transportieren, und dann schlucken die ja auch noch Benzin“, sagt Ralf.

Die Sense sei schön leicht und deswegen eine gute Alternative. Maria Richarz findet den Lärm der motorisierten Mäher unangenehm.

Trockenübungen

Jetzt ist die Sense zusammengebaut, doch loslegen dürfen wir noch nicht. Wir machen zunächst Trockenübungen, ohne Sense. Die Bewegung ist zwar einfach, man muss sie sich dennoch einprägen: Beine in Schulterbreite auseinander, rechtes Bein eine Zehenlänge nach vorne, Knie ein wenig anwinkeln, Ellenbogen an die Taille pressen und dann mit dem ganzen Körper von rechts nach links schwingen, in dem man das Gewicht von den einen auf den anderen Fuß verlagert.

Die Trockenübung fühlt sich fast wie ein Tanzschritt an. Ich finde, wir sehen aus, als würden wir den „Twist“ aus den frühen 60er Jahren üben. Nachdem wir uns den „Twist“ gut eingeprägt haben, geht es an die Wiese. Das Gras geht mir fast bis zur Hüfte.

Hartmut wetzt mein Sensenblatt noch einmal, das heißt, er schärft es mit einem Stein. Ich soll als erste losmähen: In Schrittstellung begeben, Sense auf den Boden legen und den Körper mit dem Mähgerät schwingen.

Der erste Batzen Gras ist ab und ich bin stolz. „Dein Bogen muss weiter werden, und versuche, mit der Spitze der Sense bis zum Ende auf dem Boden zu bleiben“, verbessert mich Hartmut und geht dann zur nächsten Teilnehmerin.

Ich mähe nun vor mich hin und merke, wie ich immer besser werde und die Wiese immer weniger wird. Gar nicht so anstrengend, wie ich mir das vorgestellt habe. Das findet auch Ralf, sein Teil Wiese ist auch schon deutlich weniger geworden. „Ich bin begeistert, nur wenige Versuche und das Gras ist gemäht“, sagt er.

Er will auf jeden Fall bei der Sense bleiben. Und ich? Noch habe ich keine eigene Wiese, für die ich eine Sense bräuchte. Doch sollte es irgendwann soweit sein, ist das alte Gerät eine bessere Alternative zum teuren und lauten Rasenmäher.

Der BUND wird im nächsten Jahr einen weiteren Sensenkurs mit Hartmut Winkels anbieten. Auch in diesem Jahr stehen noch verschiedenste Kurse rund um die Naturpflege auf dem Programm. Diese sind unter www.bund-rsk.de einzusehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort