Wieder in der Luft Messerschmitt hebt nach 47 Jahren in Hangelar ab

Sankt Augustin · Der Münchner Unternehmer Thomas Reichart hat sein historisches Flugzeug am Flugplatz in Hangelar restaurieren lassen. Die Me 108 war 1934 als viersitziges Leichtflugzeug für Wettbewerbe gebaut worden.

 Eigentümer und Pilot Thomas Reichart in seiner komplett restaurierten Messerschmitt Me 108.

Eigentümer und Pilot Thomas Reichart in seiner komplett restaurierten Messerschmitt Me 108.

Foto: Thomas Heinemann

Selten sind Starts von Flugzeugen so bewegend und emotional wie jener Start am Freitagvormittag um 11.52 Uhr. Nach 47 Jahren im Dornröschenschlaf und unzähligen Stunden der Recherche, Montage, Restauration und Prüfung durfte die Messerschmitt Me 108 von Thomas Reichart endlich dorthin, wo sie hingehörte: in die Luft. Strahlende Gesichter und Erleichterung war unter den Gästen des majestätischen Erstfluges zu spüren, aber auch Ehrfurcht vor der Leistung, die nötig war, dieses technische Stück Fluggeschichte wieder aufzubauen und nach bald fünf Jahrzehnten Pause wieder in die Luft zu bringen.

Sieben Knoten Wind aus 110 Grad Ost, schwache Böen, wolkenlos von Horizont bis Horizont: „Das Wetter ist nahezu perfekt“, freute sich Luftfahrttechniker Dirk Bende. Gemeinsam mit Thomas Reichart, dem Eigentümer des historischen Flugzeuges, hatte der Techniker in sicherem Abstand zur Start- und Landebahn Stellung bezogen. Dann legte der schwere, luftgekühlte V8-Motor los. Der drehmomentstarke Argus AS10c der Baureihe 3 mit 13 Litern Hubraum und 240 PS brachte den Propeller mühelos auf Touren, die Messerschmitt rollte los und war keine 300 Meter weiter bereits dort zu sehen, wo sie seit 47 Jahren nicht mehr war, am Himmel über Hangelar und Bonn.

Eigentümer Reichart, umringt von Freunden, Technikern und deren Kameras, schwieg und genoss. „Das war ein bewegender Moment“, wird er später sagen und sich mit Dirk Bende, der die Messerschmitt des Münchener Unternehmers restauriert hat, herzlich gratulieren. Zu gern hätte Thomas Reichart diesen Moment mit seinem Vater Hans geteilt: 2004 war der leidenschaftliche Pilot und Eigentümer eines Luftfahrttechnischen Betriebs verstorben. Zusammen hatten sie viele Ferien- und Freizeitstunden an der Restauration der Messerschmitt 108 gearbeitet, die Fertigstellung aber nicht mehr gemeinsam erreicht.

Auf der Suche nach Fachbetrieb

Auf der Suche nach einem Fachbetrieb für Flugzeugrestaurationen wurde Thomas Reichart in Hangelar bei Dirk Bende, Geschäftsführer des gleichnamigen Luftfahrttechnischen Betriebes Bende, fündig. Mit der seit Januar 2018 laufenden Restauration und dem Erstflug am Freitagmittag hat der Flugplatz Hangelar einmal mehr die bewegte Geschichte dieser Messerschmitt 108 geprägt, erklärt Flugzeugspezialist Thomas Bende: Die Me 108 war 1934 als viersitziges Leichtflugzeug für Wettbewerbe sowie später auch als luxuriöses Schnellreiseflugzeug entwickelt worden.

Das Exemplar von Thomas Reichart rollte 1944 mit der Werknummer 5253 nordwestlich von Paris zum ersten Start. Zum Kriegsende wechselte die Maschine mehrmals den Besitzer und kam über Schweden nach Holland, wo sie 1947 dem Prinzen Bernhard zu Lippe-Biesterfeld, Prinzgemahl der niederländischen Königin Juliana, gehörte. Über weitere Etappen kam sie im September 1958 mit dem heutigen Kennzeichen D-EHAF in den Eigentum des Siegburger Maschinenbau-Fabrikanten Josef Schneider. „Mit sieben Jahren bin ich zum ersten Mal mit ihr geflogen. Mein Vater hat sie für Geschäfts- und Urlaubsreisen genutzt. Fliegen durfte sie aber nur der Pilot Josef Beier“, erinnerte sich Josef Schneiders Sohn Heinz-Dieter, der dem Erstflug am Freitag beiwohnte.

1970 kaufte Friedhelm Wirth aus Siegburg die Maschine. Ein Jahr später, am 25. Juli 1971 am Flugplatz Hangelar, erlitt die damals 27 Jahre alte Messerschmitt einen Startunfall und wurde dabei schwer beschädigt. Die danach fluguntaugliche und mittlerweile abgemeldete Maschine kam 1975 in den Besitz von Hans Reichart, der das historische Flugzeug in seinem Luftfahrttechnischen Betrieb bei Augsburg restaurieren wollte.

„Ich kenne das Flugzeug seit meiner Jugend. Die Werft war gleich neben meinem Jugendzimmer“, erinnert sich Thomas Reichart. In Einzelteilen und mit diversen Ersatzteilen brachte er die Maschine nach Hangelar, wo Dirk Bende sie seit Januar von Grund auf restauriert hat. Die Ersatzteilsuche sei schwierig gewesen, das gesamte Flugzeug wurde auseinandergenommen, jedes Bauteil vom Experten geprüft, doch die Arbeit habe sich gelohnt, zeigte sich Reichart vom Ergebnis begeistert. Im Frühjahr soll die dann komplett fertige Messerschmitt Me 108 in München der Öffentlichkeit vorgestellt werden, plant der Eigentümer und Pilot: „Sie war nun lange genug am Boden, jetzt wird sie erst einmal wieder betrieben. Sie gehört in die Luft.“

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