GA-Serie: "Mein Verein" In Siegburg werden neue Queue-Virtuosen gesucht

Sankt Augustin · Der Siegburger BC spielt im Vereinslokal in Sankt Augustin-Menden Carambolage-Billard und sucht Nachwuchs. Der Verein hat 36 Mitglieder im Alter von 40 bis 81 Jahren.

Vier große Billardtische stehen sich gegenüber. An jedem Tisch stehen zwei Männer. Trotz der vielen Menschen ist es still im Raum. Man hört nur die Billardkugeln klacken, wenn sie aufeinanderprallen. Jedem Spieler, der den Queue ansetzt, um eine weitere Kugel auf dem Tisch zu stoßen, ist die Konzentration ins Gesicht geschrieben. Bei den Clubnachmittagen des Siegburger Billard-Clubs (BC) herrscht eine gespannte, aber freundschaftliche Atmosphäre.

„Eigentlich hört man hier nur ab und zu jemanden fluchen“, sagt der Vereinsvorsitzende Achim Kallmann schmunzelnd. Beim Billard spiele man ununterbrochen gegen sich selbst. „Wenn ein Stoß nicht so kommt, wie man es geplant hat, ärgert man sich eben über sich selbst“, erklärt er. Im Billard-Club spielen die Mitglieder nicht das bekannte Pool-Billard, bei dem man die Kugeln in Löcher an den Ecken des Tisches versenken muss. Die Tische des Clubs haben keine Löscher. Hier spielt man Carambolage, eine Spielart mit sehr komplexen Regeln.

Traditionsspiel "Carambolage"

Bei dieser Billard-Art spielt man mit nur drei Kugeln. Mit einer Spielkugel, im Fachjargon „Ball“, müssen mittels eines Queues die beiden anderen getroffen werden, wofür es einen Punkt gibt. Schafft man das mit einem Stoß, darf man so lange weiterspielen, wie man punktet. „Früher hat man nur diese Art von Billard gespielt. Irgendwann ist dann das Pool-Billard aus Amerika nach Deutschland gekommen. Jetzt ist Carambolage fast in Vergessenheit geraten“, sagt Kallman. Der Verein habe sich 1950 gegründet. Zu der Zeit sei Carambolage fast in jeder Kneipe gespielt worden, erzählt der 63-Jährige. Der Verein habe sich gegründet, um das Kneipen-Image des Spiels in ein sportliches umzuwandeln. Damals habe sich der Club in Siegburg am Kleiberg getroffen. Als die Mitgliederzahlen einbrachen, musste er seine Räume aufgeben und stellte die Tische Ende der 90er Jahre im Billard-Center in Hangelar auf. Dort trainierten sie rund 13 Jahre, bis sie 2005 wieder in eigene Räume nach Siegburg an die Wilhelm-Oswald-Straße zogen. In Siegburg mussten die Mitglieder 2015 ausziehen und fanden ihre Heimat in Menden an der Gutenbergstraße. Beim Namen, in dem Siegburg steht, bleibe der Verein trotzdem, so Kallmann. Der Tradition wegen.

Der Verein hat 36 Mitglieder im Alter von Mitte 40 bis 81 Jahren. Mit dem Nachwuchs habe es der Club schwer, erklärt Kallmann. Das Spiel sei so strategisch und schwer zu meistern, dass die Jugend keine Geduld dafür habe.

Mentale Stärke ist gefordert

Wie anspruchsvoll Carambolage ist, demonstriert Roberto Boccoli. Er führt besondere Stöße vor. Die sähen zwar leicht aus, müssten aber mehrere Jahre trainiert werden, so der Spieler. Boccoli ist 71 Jahre alt und seit sechs Jahren im Verein. Er habe aber vorher schon viel gespielt. „Ich habe mal vier Jahre ausgesetzt und war so froh, als ich wieder angefangen habe. Es macht einfach Spaß, und man kann es bis ins hohe Alter fortführen“, sagt der Hennefer.

Der 59-jährige Rainer Koch ist schon sei 13 Jahren im Verein und zweiter Vorsitzender. Wie fast alle anderen Mitglieder hat er in der Jugend viel Carambolage gespielt, dann lange Zeit ausgesetzt, und als es beruflich ruhiger wurde, im Verein wieder angefangen zu spielen. „Der Sport ist körperlich und mental anstrengend. Bei Meisterschaften spielt man meist fünf bis sechs Stunden hoch konzentriert“, sagt der Siegburger. Viele Vereinsmitglieder nehmen an Kreis- und Landesmeisterschaften teil. „Das steigert natürlich den Ehrgeiz und bringt manchmal tolle Erfolgserlebnisse“, sagt Koch.

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