Amena und Mohammad Fazel aus Sankt Augustin Hochzeitstag fern der Heimat

SANKT AUGUSTIN · Rund 5200 Kilometer Luftlinie fern der alten Heimat wohnt das Ehepaar Fazel in Sankt Augustin. Auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung haben die Eheleute Afghanistan verlassen, um ihren Lebensabend in Deutschland zu verbringen. Nun haben Amena und Mohammad Mahfuz Fazel eiserne Hochzeit gefeiert.

 Amena und Mohammad Fazel im Kreis ihrer Familie.

Amena und Mohammad Fazel im Kreis ihrer Familie.

Foto: Holger Arndt

Gleich dreimal gaben sich die beiden vor 65 Jahren in Anwesenheit eines Imams in Kabul das Jawort. So will es der Brauch einer islamischen Hochzeitszeremonie. Damals, im Jahr 1949, war die afghanische Hauptstadt noch unversehrt von den Kriegen und Konflikten, die später folgen sollten. Das Leben war einfach und unbeschwert, es gab keinen Strom, geheizt wurde mit Holz.

Amena Fazel erinnert sich, dass sie in einem glänzenden, fein bestickten Brautkleid geheiratet hat. Die heute 82-Jährige spricht kaum Deutsch, weshalb ihre Tochter, ihr Enkelsohn und ihre Enkeltochter für sie übersetzen. Die zierliche Frau trägt ein weißes Kopftuch und ein langes, grau-schwarz gemustertes Kleid, lässt ihren Blick oft in die Ferne schweifen. "Wir hatten auch damals schon richtige Feste mit schönen Gewändern", erzählt sie. Viele Gäste seien damals gekommen. Männer und Frauen hätten getrennt gefeiert, so wollte es der Brauch. Die Ehe wurde zuvor, auch das üblich, durch die Eltern arrangiert.

Dann marschierten sowjetische Soldaten in das Land am Hindukusch und das Leben verschlechterte sich zunehmend. Nach deren Rückzug versank Afghanistan in internen Konflikten. Der älteste Sohn der Familie wurde 1983 entführt. Die Fazels bezahlten Lösegeld, doch sie hörten nie wieder etwas von ihrem Sohn. 1993 wurde das Haus der Fazels gestürmt und geplündert. Die Familie entschloss sich, zu fliehen und das Heimatland zu verlassen, 1995 kam sie nach Deutschland.

Das Ehepaar hat schwere Zeiten erlebt, hat die Schicksalsschläge stets gemeinsam durchlebt. Mohammad Mahfuz ist inzwischen schwer erkrankt, kann kaum noch sprechen und wird von seinem Sohn Wahid gepflegt, der sechs Stockwerke unter den Eltern wohnt. Der 85-Jährige hatte Wirtschaft studiert, in Kabul in einer Bank gearbeitet, war stets Oberhaupt der Familie gewesen.

Fünf Töchter und drei Söhne haben die Fazels auf die Welt gebracht. 21 Enkelkinder und sechs Urenkel sind Teil der Großfamilie. Besonders stolz sind die Fazels auf ihren hohen Bildungsgrad. Alle Kinder haben studiert, sind Ärzte und Ingenieure geworden, auch die Enkel folgen diesem Beispiel.

So auch Enkelin Afifa Bareksei. Die moderne Frau im grünen Kleid bückt sich zu der Großmutter hinunter, als sie den Raum betritt, küsst ihr zärtlich auf die Hand, Wangen und Mund und spricht sie mit "Bibi Jan" an, was mit "geliebte Oma" übersetzt werden kann. Die 31-jährige Enkelin ist Unfallchirurgin und war vor einem Jahr erstmals nach 23 Jahren wieder in Afghanistan, um humanitäre Hilfe zu leisten. "Das Land und seine Menschen sind nicht mehr wiederzuerkennen", sagt sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort