Haus Sterzenbach in Sankt Augustin In Hangelar zieht ein ganzes Fachwerkhaus um

Sankt Augustin · André Klein will das aus dem 19. Jahrhundert stammende Haus Sterzenbach an der Kölnstraße, das einem Gebäudekomplex mit Wohnungen und Geschäften weichen muss, an anderer Stelle wieder aufbauen.

 Am Montag steht der größte Teil des Holzgerippes noch.

Am Montag steht der größte Teil des Holzgerippes noch.

Foto: Holger Arndt

Wenige gezielte Schläge reichen, schon lässt sich der alte Holznagel aus dem Balken ziehen. Noch etwas Ruckeln und der Pfosten löst sich aus der Verbindung. Schlag auf Schlag tragen die Arbeiter so die einzelnen Holzbalken ab; von dem Fachwerkhaus an der Kölnstraße 116 in Hangelar ist am Dienstagmittag nur noch ein Teil des Gerippes übrig. Mittendrin steht André Klein, 40 Jahre und selbst Hangelarer. Er besitzt ein Fachwerkhaus 350 Meter weiter ebenfalls an der Kölnstraße – und möchte auch Teile des alten sogenannten Sterzenbachhauses erhalten. Seine Idee: Ober- und Dachgeschoss abzutragen und an anderer Stelle wiederzuerrichten.

Das Fachwerkgebäude aus dem 19. Jahrhundert weicht, wie berichtet, einem großen Gebäudekomplex mit 17 Eigentumswohnungen und zwei Geschäften. Die Stadt stufte das Sterzenbachhaus im Denkmalpflegeplan zwar als erhaltenswert ein, eine Prüfung durch den Landschaftsverband Rheinland ergab jedoch keine Klassifizierung als Denkmal. Also gab die Verwaltung grundsätzlich grünes Licht für den Abriss. Das neue Gebäude soll laut Investor Anfang 2020 fertiggestellt sein.

„Ich habe vor etwa anderthalb Jahren gehört, dass das Gebäude abgerissen wird“, erzählt Klein. „Es wäre zu schade, wenn es einfach in den Container kommt. Da steckt ja auch Kultur- und Baugeschichte drin.“ Deshalb wandte er sich an die Stadt, meldete sich im September auch bei einer Bürgerversammlung zu Wort, bei der es um die bauliche Entwicklung des Hangelarer Ortskerns ging – nachdem einige Neubaupläne Diskussionen ausgelöst hatten. Dort verwies er auf die Möglichkeit, das Haus woanders wieder aufzubauen.

Über Kontakte gelangte Klein schließlich an die Firma, die mit dem Abbruch beauftragt ist. Vergangene Woche kam der ersehnte Anruf. „Sie sagten, du hast bis Mittwoch Zeit und kannst dir rausnehmen, was du möchtest“, so Klein. Zahlen muss er dafür nichts. „Für mich ist das gerade wie Weihnachten und Geburtstag zusammen.“ Glücklicherweise habe er mit dem Gartenbau Hönscheid schnell eine Firma gefunden, die ihm dabei hilft. „Hier braucht man definitiv Manpower. Aber ich stand noch am Freitagmorgen um 9 Uhr hier und war mir nicht sicher, ob es klappt.“

Zeitplan wird eingehalten

Inzwischen ist der 40-Jährige deutlich entspannter. „Wir liegen mehr als im Zeitplan.“ Seit Freitag hat sich einiges verändert. Nachdem alles mit Fotos dokumentiert und alle Balken mit leuchtend gelben und roten Zahlen durchnummeriert waren, kamen zunächst die Dachpfannen und -platten runter. Am Samstag entfernten sie den Lehm, den der gelernte Bankkaufmann und Immobilienfachwirt, der seit einigen Jahren seinen schwerbehinderten Vater als pflegender Angehöriger betreut, ebenfalls erhalten will. „Der Lehm ist Gold wert, den Standard kann man heute nicht mehr kaufen.“ Am Montag und Dienstag folgten die Dachbalken und die restlichen Stützen und Pfosten. „Insgesamt sind es fast 200 Balken über den Daumen gepeilt“, so Klein. Am Mittwoch ist die Decke des Erdgeschosses an der Reihe, bevor alles in seinem Hof grob sortiert und zwischengelagert wird. Die unterste Etage bleibt hingegen stehen, da dort kein Fachwerk mehr vorhanden ist. „Dann muss ich noch den richtigen Lagerplatz herrichten mit Überdachung, das wird aufwendig.“ Auch ein Blick ins Sankt Augustiner Stadtarchiv ist geplant, um alte Fotos des Gebäudes zu sichten. Und danach sei sein eigenes Fachwerkhaus, das Elternhaus seines Vaters, wieder an der Reihe, das er zurzeit saniert.

Dort kann sich der 40-Jährige auch vorstellen, das Sterzenbachhaus wieder herzurichten – nur rund zwei Meter kürzer in der Länge und der Breite. Anstelle des vierten Flügels seines Fachwerkhofs, der in den 1960er Jahren abgerissen worden sei. Ist das nicht möglich, hat er noch zwei weitere Optionen parat. Entweder möchte er das Haus dann auf seiner Kuhwiese in Hangelar aufbauen oder die Balken in seiner Scheune verwenden.

Für das Gebäude wäre es laut Klein nicht der erste Wiederaufbau. „Man sieht, dass es schon einmal umgezogen ist.“ Für Hangelar ist die Aktion hingegen schon eine Seltenheit. „Ich glaube, in den vergangenen hundert Jahren wurde in Hangelar kein Haus mehr ab- und wieder aufgebaut“, sagt Klein, der es aus Liebe zum Fachwerk macht. „Ich möchte zeigen, dass man daraus auch wieder etwas machen kann.“

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