Fahrraddiebstähle Wo Fahrraddiebe in Sankt Augustin besonders oft zuschlagen

Sankt Augustin · Wer sein Fahrrad irgendwo abschließt, um zur Schule oder zur Arbeit, zum Einkaufen oder ins Café zu gehen, hofft, sein Fahrrad auf dem Rückweg unversehrt an gleicher Stelle wiederzufinden. Dass das nicht immer so ist, hat Fernando Calvo aus Sankt Augustin vor gut drei Wochen erfahren.

Nicht jedes Schloss eignet sich dafür, ein Fahrrad diebstahlsicher anzuschließen, schon gar nicht ein Kabelschloss.

Nicht jedes Schloss eignet sich dafür, ein Fahrrad diebstahlsicher anzuschließen, schon gar nicht ein Kabelschloss.

Foto: Thomas Heinemann

Beim Fahrradfahren in Sankt Augustin fährt die Angst mit. Und das nicht unbedingt, weil Wege in schlechtem Zustand sind. Wer sein Fahrrad irgendwo abschließt, um zur Schule oder zur Arbeit, zum Einkaufen oder ins Café zu gehen, hofft, sein Fahrrad auf dem Rückweg unversehrt an gleicher Stelle wiederzufinden. Dass das nicht immer so ist, hat Fernando Calvo vor gut drei Wochen erfahren: An einem Samstagabend stellte er sein Rad gegen 21 Uhr an der Haltestelle Sankt Augustin-Zentrum ab. Natürlich gut gesichert, betont Calvo: „Dafür hatte ich ein dickes, massives Faltschloss von Abus, eines der besten Schlösser, die es gibt.“ Geholfen hat es nicht. Vier Stunden später war das Rad weg.

Ein Einzelfall ist das wahrlich nicht, bestätigt Stefan Birk, Sprecher der Kreispolizeibehörde Rhein-Sieg. 208 Fahrraddiebstähle zählt die offizielle Kriminalstatistik der Polizei für das Jahr 2017 in Sankt Augustin. Schaden insgesamt: mehr als 100 000 Euro. Zumindest auf dem Papier, erklärt der Polizeisprecher. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher ausfallen, weil gerade Diebstähle älterer Räder selten zur Anzeige gebracht werden. „Dabei wäre es für uns wichtig, wenn wirklich jeder Fall auch gemeldet würde“, sagt Birk und analysiert: „Die Diebstähle sind auf alle Wochentage verteilt mit einer leichten Erhöhung mittwochs und samstags.“ Zwischen 7 und 8 Uhr auf dem Weg zur Schule oder Arbeit sowie auf dem Rückweg zwischen 17 und 19 Uhr werden laut Birk die meisten Diebstähle festgestellt und gemeldet. „Hotspots sind die Haltestellen des Nahverkehrs.“

Über Nacht, an einem Samstag und an einer Haltestelle: Fernando Calvos gestohlenes Fahrrad passt genau in dieses Raster, hinter dem keineswegs nur Gelegenheitsdiebe stecken. Als der junge Mann mit seiner Familie am nächsten Tag nach Spuren des Diebstahls, wie etwa nach dem aufgebrochenen Schloss, sucht, findet die Familie keine drei Meter neben den Fahrradständern in einem kleinen Hohlraum am Brückenlager versteckt zwei massive Bolzenschneider.

"Radhaus" soll vor Diebstählen schützen

Es sei das Werkzeug von Profis, die ohne verdächtiges Tatwerkzeug an- und abreisten und sich in nur wenigen Sekunden an den geparkten Fahrrädern wie an einem Buffet bedienten, vermutet die Familie. Die Polizei stellte das Werkzeug sicher, machte aber wenig Hoffnung und kündigte bereits bei der Aufnahme der Anzeige die Zustellung des Briefes mit der Einstellung des ergebnislosen Verfahrens „in vier oder fünf Wochen“ an. Wenn man doch einmal ein Rad wiederfinde oder einen Dieb erwische, komme es zu einem weiteren Problem, sagt Polizeisprecher Birk.

„Auf nahezu allen Markenfahrrädern sind Individualnummern wie Fahrradrahmennummern angebracht. Diese Nummern sollte man sich unbedingt notieren, denn sie stehen oft auch nicht auf der Kaufrechnung. Sofern die Nummer bekannt ist, erfassen wir sie auch bei Diebstahl- oder Fundanzeigen. Ansonsten ist eine spätere Zuordnung der Räder kaum möglich.“ Das Problem der Zuordnung kennt auch das Ordnungsamt Sankt Augustin. Im Jahr 2017 wurden 49 Fahrräder als Fundsache beim Ordnungsamt behandelt. „Die Zahl der Räder, die an Eigentümer zurückgehen, ist ganz verschwindend gering. 2017 war es genau ein Fahrrad“, bestätigt Stadtsprecherin Eva Stocksiefen. Nach Ablauf der Verwahrfrist von sechs Monaten wurden vier Räder an den Finder übergeben, alle übrigen Räder öffentlich versteigert.

Mit 75 witterungs- und diebstahlgeschützten Fahrradstellplätzen soll das neue „Radhaus“ in der Mobilstation an der Straßenbahnhaltestelle Sicherheit vor Diebstahl im Zentrum bieten. Im übrigen Stadtgebiet müssen Fahrradfahrer weiter in gute Schlösser investieren und hoffen. Ob er das noch einmal tun wird, weiß Fernando Calvo, der sein gestohlenes Rad längst abgeschrieben hat, noch nicht: „An der Haltestelle am Huma wurden uns inzwischen schon drei Räder geklaut. Ich überlege, ob ich mir überhaupt noch einmal ein Fahrrad holen soll.“

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