Troisdorfer Tauschring Die Währung sind Zeit und der „Siegtaler“

Sankt Augustin · Der 1997 gegründete Tauschring Troisdorf feiert sein 20-jähriges Bestehen in Niederpleis. Was 1996 noch eine lose Idee des Ehepaars Over war, ist inzwischen eine feste Gruppe von etwa 40 Menschen im Rhein-Sieg-Kreis, die tauschen und sich gegenseitig helfen.

Alles fing damit an, dass Silke und Klaus Over mit der riesigen Kastanie in ihrem Garten nicht mehr zurechtkamen. Da erinnerten sie sich an einen Radiobeitrag über Tauschringe. Menschen bieten Leistungen und Dinge an und bekommen dafür im Tausch etwas anderes zurück – zum Beispiel Hilfe bei der Gartenarbeit. Am Sonntag feierte der Troisdorfer Tauschring für den Rhein-Sieg-Kreis sein 20-jähriges Bestehen im Paul-Gerhard-Haus in Niederpleis.

„Die ursprüngliche Idee war, Ressourcen zu sparen, indem man Dinge öfter nutzt“, erklärt Silke Over. „Es gibt so viele Dinge in Haus und Garten, die man selten braucht und eigentlich nicht selber haben muss.“ Außerdem habe jeder Fähigkeiten und Interessen, die anderen nutzen können. Mit der Idee, einen Tauschring aufzubauen, ging das Ehepaar Hover zum Troisdorfer Umweltamt. Dort stieß es auf großen Zuspruch, sodass im März 1997 der Troisdorfer Tauschring offiziell gegründet wurde. Bereits im ersten Jahr fanden sich 30 Mitglieder lose zusammen. Bis heute ist der Tauschring nicht als Verein organisiert. „Für viele Mitglieder ist der gesellige Aspekt maßgeblich“, sagt Silke Over. „Durch die regelmäßigen Treffen haben sich Freundschaften gebildet und sogar eine Beziehung.“

In einer Liste werden Angebot und Nachfrage gesammelt und per Mail oder Brief an die Mitglieder verschickt. Neben Klassikern wie Garten- oder Handwerksarbeit und Computerhilfe wird auch schon einmal ein Miet-Nikolaus für die Enkelkinder oder ein mobiler Friseur gesucht. Jedes Angebot wird gleichermaßen wertgeschätzt. Die Währung: Zeit. Eine Stunde entspricht einem „Siegtaler“, einem Papierschein, der anschließend zum eigenen Nutzen eingetauscht werden kann. „Hier kommen ganz unterschiedliche Menschen zusammen. Bei uns machen viele Ältere mit und wir würden uns wünschen, dass sich auch Jüngere einbringen“, sagt Over.

Optischer Eindruck

Bei der Feier im Paul-Gerhard-Haus, das die evangelische Kirchengemeinde kostenlos zur Verfügung stellte, bekommt man einen optischen Eindruck von dem, was geboten und gesucht wird. Neben kleinen Pflanzen stehen Gesellschaftsspiele, Fachzeitschriften oder ein Topf mit thailändischem Essen. Friederike Röthlein aus Eitorf ist seit 2008 im Tauschring aktiv: „Ich finde die Idee des Tauschens toll. Man kann Kontakte knüpfen und Leute kennenlernen.“ Die 64-Jährige bietet unter anderem Entspannungsmassagen und Passepartouts an. Sie bekam dafür schon Hilfe beim Umzug und bei Renovierungsarbeiten. Werner Blum schätzt die Gemeinschaft des Tauschrings: „Das ist hier wie eine große Familie, die sich gegenseitig hilft“, sagt er. „Anders als sonst zählt jede Arbeit gleich, die vom Anwalt wie die von einem Arbeiter.“

Der Tauschring versteht sich nicht als politische Gruppe, auch wenn einige Gruppenmitglieder etwa mit einem Grundeinkommen sympathisieren, das in anderen Tauschringen praktiziert wird. „Ich halte es per se für eine gute Idee, und im Tauschring hilft es bei Engpässen“, sagt Mitglied Ulrich Buchholz aus Niederkassel. Engpässe entstehen dann, wenn Angebote nicht angenommen werden, einzelne Mitglieder somit keine „Siegtaler“ bekommen und selber nichts in Anspruch nehmen können. Das sind aber Ausnahmen, denn für die meisten Mitglieder bedeutet der Tauschring in erster Linie eine soziale Bereicherung.

Das nächste Treffen findet am 6. August von 11 bis 14 Uhr im „Denkraum“ im Haufeld 2a in Siegburg statt.

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