GA-Serie: Was steckt eigentlich hinter...? Das Wasserwerk in Meindorf bereitet Grundwasser auf

Sankt Augustin · Vom Brunnen ins Wasserglas: Aus den Brunnen fließt das Grundwasser unterirdisch zum Wasserwerk – vorgereinigt durch die Erde ist es dann bereits, trinkbar aber noch nicht.

Das Wasserwerk prägt das Bild entlang der Landstraße zwischen Geislar und Meindorf.

Das Wasserwerk prägt das Bild entlang der Landstraße zwischen Geislar und Meindorf.

Foto: Hannah Schmitt

Der Klotz aus rotem Backstein ruht direkt an der Geislarer Straße. Seit Jahrzehnten prägt die Grundwasseraufbereitungsanlage Meindorf des Wahnbachtalsperrenverbands (WTV) das Bild entlang der Landstraße. Unzählige Autos fahren täglich daran vorbei, Busse halten nur wenige Meter vor dem Haupteingang. Ins Innere dürfen die wenigsten blicken. Hinter den Mauern verbirgt sich seit fast 50 Jahren auf mehreren Etagen vor allem eins: dicke Rohre, die sich durch die Räume schlängeln, bevor sie in nacktem Beton verschwinden.

Und ein ständiges Rauschen in den Ohren. „Das kommt vom Wasser und den Pumpenmotoren“, sagt Jochen Sadau. „Aber wenn sie hier arbeiten, dann nehmen sie das irgendwann nicht mehr wahr.“ Er weiß, wovon er spricht. 1985 hat der Wassermeister im Wasserwerk Meindorf angefangen, inzwischen ist der 61-Jährige auch für die Aufbereitungsanlage in Siegburg-Siegelsknippen zuständig. Doch wie wird aus Grundwasser Trinkwasser?

Der Weg des Wassers beginnt außerhalb des Backsteingebäudes aus den 1960er Jahren an den drei Brunnen der Anlage. Sie haben etwas von trutzigen Bunkern, wie sie versteckt hinter Bäumen stehen. Darin: jeweils vier Brunnenpumpen, die in eine senkrechte, 20 Meter lange und fünf Meter breite Betonröhre in der Erde hineinragen. „Sie hängen wie Pendel an den Rohrleitungen, saugen das Wasser in der Röhre an und drücken es über die Leitungen in die Aufbereitungsanlage“, erklärt Sadau.

In die Röhre fließt das Grundwasser über horizontale Filterstränge, die sternförmig an sie andocken und mit Tausenden Schlitzen übersät sind. Zu sehen sind davon oberirdisch aber lediglich vier glänzende Rohre, die so dick sind, dass man sie gerade mit beiden Armen umgreifen könnte.

„Der Standort hier ist super für die Brunnen“, erklärt Sadau. Dort sei früher das Bett des Ur-Rheins und der Sieg verlaufen. „Wie in jedem Flussbett hat sich Sand und Kies angesammelt. Diese Schicht ist sehr ergiebig. Sie ist wie ein Schwamm, in den immer wieder Wasser nachläuft.“ 4800 Kubikmeter Wasser können so pro Stunde in die Meindorfer Anlage gepumpt werden – je nach Bedarf im Versorgungsgebiet. Bei 20 Millionen Kubikmetern – das entspricht knapp acht Mal dem Volumen der berühmten Cheops-Pyramide – im Jahr ist Schluss, mehr darf der WTV dem Erdreich laut Genehmigung aus dem Jahr 1967 in Meindorf nicht entnehmen.

„Das Wasser kommt mit sehr viel gebundener Kohlensäure“

Aus den Brunnen fließt das Grundwasser unterirdisch zum Wasserwerk – vorgereinigt durch die Erde ist es dann bereits, trinkbar aber nicht. Es ist noch zu sauer, das Problem ist der niedrige pH-Wert. „Das Wasser kommt mit sehr viel gebundener Kohlensäure“, erklärt Sadau. Sie müsse zunächst entfernt und der pH-Wert so angehoben werden, dass er entsprechend der Trinkwasserverordnung zwischen 6,5 und 9,5 liege. Das geschieht in der sogenannten Verdüsung, im obersten Stock des Werks.

Der Wassermeister dreht an zwei Hebeln und schiebt eine schwere Tür auf: Der Lärm ist plötzlich ohrenbetäubend, seine Worte sind kaum noch zu verstehen. Dahinter durchzieht Nebel den Raum, der an eine große Dusche mit unzähligen Düsen erinnert. Darin wird das Wasser fein versprüht und so der Verbund mit der Kohlensäure aufgebrochen. „Ein gewisser Rest Kohlensäure bleibt aber noch drin.“ Mit einer Lösung aus pulverförmigem Kalk und Wasser werde der Wert weiter geregelt.

Zuvor fällt das Grundwasser ein Stockwerk tiefer durch einen Sandfilter, um Verunreinigungen abzufangen. Bullaugen in der Wand geben darunter den Blick auf das Wasser frei. Sadau leuchtet mit einer Lampe hinein. „Das Wasser ist ganz klar. Sie können bis zum anderen Ende blicken“, sagt er. Tatsächlich ist das Bullauge an der gegenüberliegenden Seite des Turms zu erkennen, obwohl es immerhin einige Meter entfernt ist.

Werte werden täglich kontrolliert

Nun fehlt nur noch ein Schritt, bis aus dem Grundwasser ein Lebensmittel geworden ist. Er spielt sich in vier großen Reinwasserkammern ab. Dort fügt der WTV das Kalkwasser und zusätzlich Chlordioxid als Desinfektionsmittel hinzu. „Das ist eine Vorschrift vom Gesetzgeber. Es wird aber die niedrigstmögliche Menge zugeführt“, sagt der Wassermeister. Die liegt bei 0,05 Milligramm Chlordioxid pro Liter. Alle Werte werden täglich kontrolliert. „Es ist ein sehr aufwendiger, kostenintensiver Prozess, um die Qualität des Trinkwassers für die Bürger zu gewährleisten.“ Aber er sei wichtig, denn er sei der „Garantieschein“ des Wassers.

Im Keller fließt schließlich alles zusammen, inklusive aufbereitetem Wasser aus Siegelsknippen, und von dort weiter in die Kommunen. Die Rohre lassen den Raum wie ein großes Labyrinth wirken. Sie verschwenken sich nach rechts und links, oben und unten, spalten sich auf. Ein Strang, der unter mittlerem Druck steht, versorgt einen Teil von Menden, fließt Richtung Bonn-Graurheindorf und Beuel. Ein zweiter unter Hochdruck versorgt den Süden von Bonn und den linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis. Und das alles automatisch, gesteuert von Siegelsknippen aus. Denn die Anlage in Meindorf ist nicht mehr besetzt.

Früher alles unter Handbetrieb

„Heute funktioniert das elektrisch, früher war alles noch Handbetrieb“, sagt der Wassermeister. So mussten etwa die Armaturen von Hand geöffnet werden. Die abgegriffenen Kurbeln sind an einigen Stellen noch zu sehen. Und auch in anderen Räumen verbergen sich Relikte vergangener Zeiten. Am eindrucksvollsten: der alte Schaltraum, an dessen Wand die gesamte Anlage verzeichnet ist. „Früher brauchte ich hier nur einmal den Kopf von links nach rechts zu bewegen und hatte alles im Blick“, sagt er. Aber die Technik hat sich auch im Inneren des roten Backsteinbaus weiterentwickelt. Jochen Sadau: „Wofür man damals riesige Schaltpulte brauchte, dafür reicht heute ein Computer.“

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