Schule in Sankt Augustin Das Rhein-Sieg-Gymnasium feiert 50. Geburtstag

Sankt Augustin · Als neusprachliches Gymnasium des Amtes Menden fing vor einem halben Jahrhundert der Schulbetrieb der Sankt Augustiner Schule an: in Provisorien und mit nur wenigen Lehrern. Seither haben 4481 Schüler am RSG erfolgreich ihr Abitur abgelegt.

Kleiner hätten die Anfänge kaum sein können. Eine Baracke, etwas Platz in der Grundschule, drei hauptamtliche Lehrer und fünf im Nebenberuf. Mehr gab es nicht, als vor 50 Jahren das „Neusprachliche Gymnasium für Jungen und Mädchen des Amtes Menden (Rhld.)“ gegründet wurde. Und so war es in den Anfängen vor allem eines: eine abenteuerliche Zeit.

Daran erinnerte sich auch Gründungsdirektor Paul-Josef Breuer, der 2006 starb, in einem Interview mit der Schülervertretung 2004. Es sei „eine verrückte Zeit“ gewesen, sagte Breuer. Nachdem der Kultusminister die Schule im Februar 1967 genehmigt hatte, habe es zunächst nichts gegeben außer ihm. Keinen Schüler, keinen Lehrer, kein Haus, keine Tafel. Nur ein Büro im alten Rathaus, in dem die Eltern ihre Kinder bei Breuer anmelden konnten. Dennoch begann der Unterricht des ersten Gymnasiums der Kommune direkt mit 104 Mädchen und Jungen in drei Klassen. Die hauptamtlichen Lehrer der ersten Stunde waren er, sein Stellvertreter Karl de Fries, der im Juni 2017 starb, und Johanna Welzel. Ein Jahr später begannen die Arbeiten am Schulgebäude.

In diese Zeit hinein kam auch Hermann-Josef Tölle. Er stieß 1969 im dritten Jahr als Lehrer für Latein, Geschichte und Sozialwissenschaften dazu, direkt nach seinem Referendariat – und blieb 37 Jahre bis zu seiner Pension. „Für mich war das ein Glücksfall. Deshalb habe ich auch nie hier weg gewollt“, erzählt der 76-Jährige aus Mülldorf. Er denkt gerne an seine Zeit am RSG zurück. „Die Baracke stand damals vor dem Friedhof“, sagt Tölle. Für die Lehrer habe es dort nur einen kleinen Gang zwischen den Klassenzimmern geben, der für alles herhalten musste. Und wo heute die Schule stehe, sei damals nur Sand gewesen.

Der Alltag war anfangs bestimmt von Provisorien. Zunächst in den Baracken, ab 1972 dann vollständig im eigenen Neubau – der aber auch bald zu klein war. Bis der Anbau 1987 stand, waren weitere Baracken auf dem Sportplatz notwendig.

40 bis 44 Schüler pro Klasse waren es in den ersten Jahren, zeitweise gab es sieben Parallelklassen in einem Jahrgang. „Dabei war die Schule dreizügig geplant. Schon bei der Schulgründung hatte man die Schülerzahlen unterschätzt“, erzählt Tölle. 1972 unterrichteten die Lehrer bereits 1200 Mädchen und Jungen, die Schule, die dann nach einem Wettbewerb den Namen Rhein-Sieg-Gymnasium erhielt, platzte aus allen Nähten. Das war mit ein Grund, warum sie das Fachraumprinzip nutzte: Die Räume sollten so besser ausgelastet werden. Aufgrund dieser rasanten Entwicklung drängte Breuer schnell auf ein weiteres Gymnasium für die Stadt. Somit kam 1973 das Albert-Einstein-Gymnasium hinzu – das vom RSG direkt fünf Schulklassen übernahm. Ihren Höhepunkt erreichte die Schülerzahl 1976 mit 1350 Schützlingen und 115 Lehrern; seither pendelte sie sich bei rund 950 Schülern ein. Aktuell sind es 925. Insgesamt legten seit Gründung 4481 Mädchen und Jungen erfolgreich das Abitur ab.

1977 traten die Bläck Fööss auf

Zum ersten Abiturjahrgang gehörte Heinz-Peter Schumacher, Ortsvorsteher von Mülldorf. Er blieb ein Jahr länger in der Grundschule, um auf das neue Gymnasium gehen zu können. „Wir hatten eine schöne Schulzeit. Jede Klasse hatte ihre eigenen Typen, und wir hatten gute Lehrer“, sagt er. „Breuer, de Fries und Frau Welzel – das waren unsere Heros“, erzählt der 60-Jährige. Natürlich seien die ersten Schüler irgendwie Versuchskaninchen gewesen, „aber wir haben es nicht so empfunden“. Was ihm in Erinnerung geblieben ist? „Berühmt, berüchtigte“ Schuldiscos, dass die Klassensprecher damals noch die Pause anklingelten oder der Auftritt der Bläck Fööss 1977 in der Dreifachturnhalle. Apropos Turnhalle. Der damalige Stadtdirektor ließ sie quasi gegen die Vorschrift als Dreifachhalle bauen. Denn genehmigt waren nur eine große Halle und eine Gymnastikhalle. Erst drei Tage vor Bauvollendung trudelte 1971 die Genehmigung ein. „Die Halle war damals eine Sensation“, sagt Schumacher.

Auch organisatorisch und didaktisch legte die Schule einiges vor: So führte sie eine Blockstunde von 85 Minuten ein, um mehr Gruppenunterricht zu ermöglichen. „Wir wollten weg von der Lehrerzentrierung“, so Tölle. Dafür hätten sie spezielle Bänke anfertigen lassen, die so tief waren, dass mehrere Schüler daran arbeiten konnten. „Dann brauchten sie keine Tische mehr zu verschieben.“ Und das RSG erstellte einen eigenen Reformplan für die Mittelstufe, der den Zwang zur dritten Fremdsprache abschaffte. „Wir haben gesagt, viele Kinder scheitern an der dritten Fremdsprache“, sagt Tölle. Stattdessen standen auch andere, ungewöhnlichere Fächer zur Wahl: Angewandte Mathematik als Vorläufer der Informatik etwa, später inklusive einem eigenen Rechner. Dem Wang 600 für damals rund 20 000 Deutsche Mark, so Tölle. Oder auch Rechts- und Sozialkunde, Arbeits- und Berufskunde, Technisches Zeichnen. Ein Modell, das später vom Kultusministerium für NRW übernommen wurde. 1973 führte das RSG zudem als eine der ersten Testschulen die reformierte Oberstufe ein.

„Die Schule war am Anfang schon etwas besonderes, da kann man stolz drauf sein“, sagt Tölle, der zudem von vielen Tanzfesten berichtet. „Wir haben viel gefeiert im Kollegium“, erzählt er. Besonders im Kopf geblieben ist ihm auch eine Aktion von Paul-Josef Breuer aus den 70er Jahren. Eines Tages sei der kommunistische Oberschülerverband vorbeigekommen und wollte Propaganda betreiben. Das gefiel dem Schulleiter gar nicht. „Er ist dann zum zentralen Lautsprecher gelaufen und hat über alle Musik laufen lassen“, sagt Tölle und lacht. Die Propaganda hatte sich damit erledigt.

Ehemalige Schülerin wird Sekretärin

In dieser Zeit war auch Claudia Leuwer Schülerin am RSG. Inzwischen ist sie seit 2008 wieder zurück, arbeitet im Sekretariat – und kennt die Schule daher von zwei Seiten. Und wie war es zurückzukehren? „Es war ein ganz komisches Gefühl“, sagt die 54-Jährige, die 16 Jahre zuvor ihr Abitur am RSG gemacht hat. „Auf der anderen Seite habe ich gedacht: Es ist Bestimmung.“ Denn die Stelle war innerhalb weniger Monate gleich zweimal zu vergeben. „Es war auch noch ein Lehrer da, den ich selbst hatte“, erinnert sie sich. Seither habe es noch keinen Tag gegeben, an dem sie nicht gerne zur Schule gefahren sei.

In den vergangenen Jahren stand nun wieder besonders das alte Gebäude im Fokus. 2011 zeigte sich in einer Machbarkeitsstudie zum Rhein-Sieg-Gymnasium: Die Substanz ist marode, die Heizungsrohre sind verrostet, es gibt Mängel im Brandschutz, das Dach ist undicht. An einigen Stellen hat sich die Situation laut RSG schon „erheblich“ verbessert. Das Dach ist saniert worden, der naturwissenschaftliche Trakt ebenfalls. Aber es gibt immer noch Container, und es bleibt noch viel zu tun. Dafür erhofft sich die Stadt mehrere Millionen Euro Fördergeld.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort