Städtepartnerschaft mit Szentes Bunte Deckel für soziale Projekte

Sankt Augustin · Sie sammeln Kleider, Schuhe und Plastikdeckel von Getränkekartons und Einweg-Pfandflaschen: Brigitte und Werner Schmidt engagieren sich seit Jahren in Sankt Augustins ungarischer Partnerstadt Szentes.

 Brigitte und Werner Schmidt aus Sankt Augustin sammeln Kleider, Schuhe und Plastikdeckel für die ungarische Partnerstadt Szentes.

Brigitte und Werner Schmidt aus Sankt Augustin sammeln Kleider, Schuhe und Plastikdeckel für die ungarische Partnerstadt Szentes.

Foto: Hannah Schmitt

Für Brigitte Schmidt und ihren Ehemann Werner ist es schon ein gewohnter Anblick. Vor ihrer Haustür in Sankt Augustin finden sie häufiger prallgefüllte Plastiktüten. Darin: Kleider, Schuhe – und seit einiger Zeit manchmal auch Plastikdeckel von Getränkekartons und Einwegflaschen. Alles Spenden von Freunden und Bekannten für Sankt Augustins ungarische Partnerstadt Szentes, die etwa 120 Kilometer südlich von Budapest liegt. Denn das Ehepaar engagiert sich seit Jahren für die knapp 29 000 Einwohner der Kleinstadt.

„Seit zehn Jahren sammeln wir Kleidung und bringen sie zweimal im Jahr in die Familien“, erzählt Brigitte Schmidt (76), die seit zwölf Jahren Vorsitzende der Sankt Augustiner Partnerschaftsvereinigung ist. „Die wirtschaftliche Situation ist in Szentes eine ganz andere“, sagt ihr Ehemann (76). Auch wenn sich in der landschaftlich schönen Region schon einiges getan habe. „Die Menschen leben dort wie wir in den 1950er Jahren. Da merken wir, in welch großzügigen Umständen wir hier leben.“ Deshalb ist es für die beiden klar, dass sie sich einsetzen – mit viel Herzblut sowie allem, was in den Kofferraum ihres Autos passt. Und seit rund zwei Jahren gehören dazu auch jede Menge Plastikdeckel.

Alles beginnt auf dem Schwimmbadgelände in Szentes. Dort entdeckt das Ehepaar damals eine Kiste, die sie nicht zuordnen können. „Unsere Freunde erzählten uns, sie sammeln darin Plastikdeckel für soziale Projekte“, sagt Brigitte Schmidt. Die Deckel, die aus hochwertigem Plastik sind, verkauft die Stadt an ein Unternehmen, das Kunststoff verarbeitet. Die Idee stamme ursprünglich von einer Familie aus Szentes, deren Sohn eine Behinderung habe, sagt die 76-Jährige. Und ergänzt: „Die Stadt hat dann beschlossen, dass es eine gute Sache ist und einen Fonds eingerichtet, in den das Geld fließt. Dann muss nicht erst gesammelt werden, wenn ein Notfall eingetreten ist.“ Brauche jemand Geld, könne er sich an die Stadt wenden.

Den Gedanken fanden Brigitte und Werner Schmidt so gut, dass sie selbst zu sammeln begannen. Deshalb landen inzwischen alle Plastikdeckel von Saft- und Milchkartons oder Einweg-Pfandflaschen in einer Tüte. „Es kostet uns ja nichts, und es tut keinem weh“, sagt die 76-Jährige. Auch die Familie, Freunde, Nachbarn – viele helfen mit. Zuletzt seien Tüten mit einem Volumen von rund 80 Litern nach Szentes gegangen, schätzt Werner Schmidt. Die Familie hat aber auch schon wesentlich größere Spenden organisiert und transportiert: Von alten Heimorgeln, ausrangierten Pflegebetten aus einem Altenheim bis hin zu 46 nicht mehr benötigten Monitoren, mit denen sie zwei Schulen ausstatteten.

In Szentes kennt das Ehepaar sich bestens aus – und ist auch bestens bekannt. 2013 waren Schmidts die ersten Nicht-Ungarn, denen der Bürgermeister von Szentes die höchste Auszeichnung der Stadt verlieh, das Prädikat „Pro Urbe“. Die Medaille ziert seither neben vielen weiteren Erinnerungen aus den Partnerstädten eine Wand in ihrem Haus, an der vorbei es zum großen Lager geht. Darin stapeln sich auf mehreren Quadratmetern – fein säuberlich abgepackt und beschriftet – die Plastiktüten für die nächste Tour nach Ungarn. „Solange wir Spenden bekommen, bringen wir sie auch hin“, sagt Brigitte Schmidt. „Ich könnte mir aber gar nicht mehr vorstellen, nicht mehr hinzufahren. Wir haben dort so viele Freunde.“

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