Anklageerhebung Blutiger Streit nach Geburtstagsparty in Sankt Augustin

Bonn/Sankt Augustin · Bonner Staatsanwaltschaft klagt 21-jährigen Studenten wegen versuchten Totschlags an. Täter und Opfer wollen sich aufgrund ihres Alkoholgenusses nicht an die Tat erinnern können.

Bei einer Geburtstagsparty im Keller eines Studentenwohnheims in Sankt Augustin muss extrem viel getrunken worden sein: Denn wie es am frühen Morgen des 19. März 2017 wenige Meter von dem Wohnheim entfernt zu einem fast tödlichen Verbrechen kommen konnte, kann sich kaum einer der Partygäste erklären.

Die Bonner Staatsanwaltschaft jedoch hat nach aufwendigen Ermittlungen keinen Zweifel daran, dass ein 21-jähriger Student sich mit einem 26-jährigen Partygast in die Wolle bekommen hat und diesen mit einem „unbekannten Gegenstand“ – einem Messer oder auch einer Glasscherbe – attackiert und damit in Kauf genommen hat, dass dieser bei dem Angriff stirbt. Wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung, aber auch einer Trunkenheitsfahrt hat die Bonner Staatsanwaltschaft jetzt Anklage gegen den 21-Jährigen erhoben, wie Gerichtssprecher Tobias Gülich gestern dem General-Anzeiger bestätigte.

Der blutige Angriff ist nur durch einen Zufall glimpflich ausgegangen: Denn der 21-Jährige hatte den Älteren, den er laut Anklage unter anderem mit einem lebensgefährlichen tiefen Stich in den Hals getroffen hatte, liegen gelassen und war nach Hause gewankt. Anwohner jedoch waren morgens gegen fünf Uhr durch ein Wimmern aus dem Schlaf geweckt worden.

Als sie aus dem Fenster schauten, sahen sie einen jungen Mann in einer Parkbucht, der versuchte, sich aufzurichten, es aber nicht schaffte. Zunächst dachten sie, es sei nur ein Betrunkener, schließlich erkannten sie aber die gefährliche Situation und setzten einen Notruf ab.

Kurz bevor die Polizei am Tatort eintraf, soll der Student laut Anklage wegen seines schlechten Gewissens mit seinem Auto noch mal zum Tatort gefahren sein. Als er jedoch die Polizeistreife und das Blaulicht sah, soll er Gas gegeben haben und geflüchtet sein.

Wenige Meter weiter jedoch endete die Fahrt des stark Betrunkenen jedoch an einem Zigarettenautomaten. Eine Blutprobe ergab einen Atemalkoholwert von 1,3 Promille. Der 26-Jährige konnte durch eine Notoperation in der Bonner Uniklinik gerettet werden.

Der Angeklagte hat sich nach seiner Festnahme auf einen Filmriss berufen; er sei erst nach dem Unfall wieder zur Besinnung gekommen, weil sein linker Fuß geschmerzt habe. Aber auch der 26-Jährige, der ebenfalls gut getrunken hatte, konnte sich an keine Details in der Tatnacht erinnern. Noch nicht einmal daran, dass er während der Party verzweifelt versucht hatte, mit einer jungen Studentin einen Platz zu finden, wo sie ungestört Sex haben konnten, wie Zeugenvernehmungen der Polizei ergeben hatten.

Schließlich war das Paar auf dem Dachgarten des Wohnheims gelandet: Aber auch dort wurden die beiden gestört. Diesmal vom Angeklagten, der das sexuelle Geschehen gefilmt haben soll. Den Ermittlern jedenfalls liegt ein entsprechendes Video vor.

Laut Ermittlungen ist nicht auszuschließen, dass dieses Vorgeschehen auf dem Dachgarten später zum Streit zwischen den Männern geführt haben könnte. Dass der 26-Jährige beispielsweise verlangt hat, dass der kompromittierende Film gelöscht wird.

Schließlich soll der Angeklagte nach der Unfallfahrt in den Zigarettenautomaten gesagt haben: „Oh Gott, habe ich einen umgebracht? Das kann nicht sein. Das wollte ich nicht.“

Der Prozess soll Ende des Jahres vor dem Bonner Schwurgericht eröffnet werden.

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